Apostelzyklus
in der Klosterkirche ALTOMÜNSTER
Die Ordensregeln
der Birgitten schreiben in Kapitel 18 für den Frauenkonvent im Osten
einen auf einem Stufenpodest stehenden Salvator-Hochaltar fest, der von
zwölf (!) Apostelaltären in zwei Sechsergruppen in Höhe
und Tiefe gestaffelt, flankiert werden. Diese einem gotischen Gewändeportal
vergleichbare Anordnung ist auf die besondere Zahlensymbolik des birgittinischen
Patreskonvents zurückzuführen. 56)
In Altomünster gibt es nicht so viele Altäre; doch ihre Anordnung
entspricht durchaus dem birgittinischen Konzept. Wer im Hauptraum steht,
sieht in der Mitte den oberen Choraltar, flankiert von den beiden oberen
Seitenaltären. Dann -etwas weiter nach außen und nach vorne
gerückt- die beiden Altäre im Beichtraum. Ganz außen und
ganz vorne und im Blickfeld ganz außen die beiden Seitenaltäre
im Hauptraum (siehe Tabelle weiter unten). Norbert Lieb drückt dies
in fachspezifischer Diktion wie folgt aus:
"Im ganzen ist unverkennbar, wie das hieratische System
der ursprünglichen birgittinischen Apostelaltäre in statuarischer
Figuralskulptur bildpräsent wird, in Existenz und Aktion
rhythmisiert zur inneren Verbindung des breitsegmentbogigen,
tiefenraumhaltigen Gesamtarrangements der Altäre."
113)
Auch die
Birgittinische Regel für 12 Apostelaltäre sind in Altomünster
nicht erfüllt. An deren Stelle sind lebensgroße Apostelfiguren
getreten, die in Zweiergruppen links und rechts der Altäre stehen.
Die Anordung der Altäre und der Apostelfiguren können Sie nachfolgender
Tabelle entnehmen:
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Obere
Choraltäre
Petrus-Paulus
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Unterer
Choraltar
Johannes
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Unterer
Choraltar
Jakobus d.Ä.
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Beichtraum
links
Bartholomäus-Thomas
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Beichtraum
rechts
Andreas-Matthäus
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Hauptraum
links
Philippus-Jakobus d.J.
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Hauptraum
rechts
Simon-Thaddäus
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Die Apostelfiguren
wurden um 1770 von Bildhauer
Johann Bapt. Straub
geschnitzt. Sie sind seit
1927/30 farblich
einheitlich in Weiß mit vergoldeten Borten und -soweit vorhanden-
mit vergoldeten Attributen gehalten.
Die Figuren halten ihre Attribute in der Hand. Die Apostel werden hier
in Altomünster, anders als üblich, nur teilweise barfuß
dargestellt. Normalerweise trägt nur der Jakobus d.Ältere wegen
des Bezugs zur Jakobuswallfahrt Wanderschuhe. Hier sind es auch Thaddäus,
Paulus und Philippus; bei Jakobus d.Jüngeren, Johannes, Petrus und
Thomas lugen Zehen aus den Schuhen hervor.
Die Evangelien (z.B. Matt.10,2)
nennen die Namen der Zwölf Apostel zu Lebzeiten Jesu: Petrus, Andreas,
Jakobus d.Ä, Johannes, Jakobus d.J, Philippus, Bartholomäus,
Matthäus, Thomas, Thaddäus, Simon und Judas Ischarioth. Matthias
wurde nach dem Tod von Judas ausgelost (Ap1,15). Dem Paulus wurde die
Apostelwürde ehrenhalber verliehen. Es gibt also eigentlich 13 Apostel,
obwohl üblicherweise in Kirchen nur 12 dargestellt werden. Einer
fehlt also. In Altomünster ist dies Matthias.
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Oberer
Altarraum
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Petrus
(mit zwei Himmelsschlüsseln) steht am Hochaltar. Nach
Matthäus 16,19 sagte Jesus zu Petrus: "Dir will ich die Schlüssel
des Himmelreiches geben. Was du binden wirst auf Erden, wird gebunden
sein im Himmel, und was du lösen wirst auf Erden, wird gelöst
sein im Himmel". Diese Vollmacht wurde in weiterer Folge auf den Kreis
der Jünger und den Klerus übertragen. |
Petrus
und Paulus am oberen Choraltar
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Paulus
(mit Schwert) verfolgte zu-nächst die junge Kirche und war bei
der Steinigung des Stephanus dabei. Vor Damaskus wurde er durch eine
Erscheinung Christi bekehrt. Der Schwerpunkt der Glaubensverkündi-gung
des Paulus ist die Gnade Gottes, die er den Menschen erweist. Nach
der Legende starb Paulus im Jahr 67 als Märtyrer unter Kaiser
Nero durch das Schwert. |
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Chorraum
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Johannes
Chorraum links
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Johannes
(mit einem Kelch aus dem Schlangen züngeln).
Das Attribut Kelch wird der Legende nach eigentlich dem Evangelisten
Johannes zugewiesen. Auf ihn soll ein Giftanschlag verübt worden
sein. Dabei sei das Gift in Form einer Schlange aus dem Kelch gekrochen,
sodass Johannes überlebte. Früher glaubte man, der Evangelist
und der Apostel seien eine Person gewesen.
Deshalb auch das Evangelienbuch in der Hand. |
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Jakobus
d.Ältere (mit Pilgerstab u.Muschelpailletten). Jakobus
war der erste Märtyrer unter der Apos-teln (Ap 12,1-2). Der Legende
nach setzten Anhänger seine Leiche in ein Boot, das im Meer herumtrieb
und in Galizien, im Nordwesten Spaniens strandete. Dort wurde er begraben.
Die Wallfahrt zum Apostelgrab in Santiago de Compostela wurde eine
der größten des Abendlandes. Die Pilger erhielten am Ziel
damals einen Hut, der mit einer Muschel geziert war. |

Jakobus Ä.
Chorraum rechts
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Beichtraum |
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St.Bartholomäus
Beichtraum links
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Bartholomäus
(mit Messer)
Bartholomäus zog nach
dem Tod Jesu als Missionar durch Armenien, Indien und Mesopotamien.
Er wirkte zahlreiche Wunder und heilte Kranke. Das gefiel den heidnischen
Ärzten und Heiler nicht. Bartholomäus wurde zu einem besonders
grausamen Tod verurteilt: zuerst wurde ihm die Haut abgezogen, danach
wurde er gekreuzigt. Deshalb wird er meist mit einem Messer dargestellt.
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Andreas
(mit Andreaskreuz
und langem, zotteligen Bart) war der Bruder des Petrus und wie dieser
von Beruf Fischer (Joh.1, 14). Er wurde von Jesus als erster Jünger
berufen. Andreas missionierte in Griechenland. Er wurde in Patras
vom röm.Statthalter Ägeas an ein X-förmiges Kreuz gebunden
an dem er erst zwei Tage später starb. Während dieser Leidenstage
soll er vom Kreuz herab weiter das Christentum gepredigt haben. |

Andreas
Beichtraum rechts
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St.Thomas
Beichtraum links
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Thomas (mit Spieß).
Thomas, der der Legende nach Zwillingsbruder Jesu sein soll, wurde
berühmt durch seine Zweifel an der Auferstehung Jesus und sein
Verlangen, handgreiflich die Aufer-stehung zu überprüfen:
erst nachdem Jesus ihn aufforderte, seine Wundmale zu berühren,
glaubte er das Unfassbare und bekannte: "Mein Herr und mein Gott!".
Später hat er in Indien missio-niert. In Madras wurde er von
feindlich Gesinnten mit einer Lanze ermordet. Die Thomas-Christen
in Indien sehen ihn als Gründer ihres Bekenntnisses an. |
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Matthäus
mit Evangelienbuch und Hellebarde. Die ersten drei Evangelien erwähnen,
dass er Zöllner in Kapernaum war - also einer der von den Juden
verachteten Steuereintreiber. Markus nennt ihn "Levi, den Sohn des
Alphäus" (Mk 2, 14). Den Namen Matthäus erhielt er von Jesus. Im
Neuen Testament wird nur erwähnt, dass er einer der zwölf Apostel
war (z.B.Lukas 6, 15). Matthäus soll bis zum Jahr 42 das erste Evange-lium
geschrieben haben. Danach zog er nach Parthien um das Evangelium
zu verkünden, wo er am Altar mit dem Schwert oder mit der Hellebarde
erstochen wurde.
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Apostel Matthäus
Beichtraum rechts
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linker
Altar
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Hauptraum
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rechter
Altar
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Jakobus d.J. |
Jakobus
d.Jüngere (mit Walker-stange). In der kirchlichen Tradition
werden die Lebensdaten von zwei Heili-gen mit Namen Jakobus zu einer
Vita vermischt. Jakobus der Jüngere, der Sohn des Alphäus
war Apostel. Über seinen weiteren Werdegang nach Christi Himmelfahrt
ist nichts bekannt. Viel-leicht war das der Grund, ihm das Mar-tyrium
zuzuschreiben, das Jakobus, der "Bruder des Herrn" und spätere
Bischof von Jerusalem erleiden musste. Der wurde im Jahr 62 von der
Mauer Jerusa-lems gestürzt und mit einer Walkerstan-ge (für
die Filz-Herstellung) erschlagen. |
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Judas
Thaddäus (mit einer Keule) ist nicht zu verwechseln mit
Judas, genannt Ischariot, der Jesus verraten hat. Judas Thaddäus
wird im Neuen Testament nur einmal erwähnt (Joh.14, 22) mit der
Frage, warum Jesus seine Abschiedsrede nur den Jüngern und nicht
der ganzen Welt offenbare. Später wirkte Judas in Babylon. Dort
forderte er mit Wundertaten die örtlichen Zauberer heraus, die
Judas mit einer Keule erschlagen ließen. |

Apostel Thaddäus
Hauptraum rechts
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Philippus
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Philippus
(mit einem Kreuzstab). Philippus wurde, ebenso wie das Brüderpaar
Andreas und Petrus, von Jesus in Bethsaida zum Jünger berufen.
Er wird mehrmals in der Bibel erwähnt (bei Brotvermehrung-Joh
6, 5-7 und Abendmahl-Joh 14, 8-9).Nach der Legende predigte Philippus
20 Jahre lang in Skythien. Dort wirkte er Wunder, vertrieb einen Drachen,
erweckte Tote und heilte Kranke. Philippus soll am Kreuz gestorben
sein. Deshalb wird er mit einem Kreuzstab dargestellt. |
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Simon
(mit einer langen Säge).
Simon trägt den Beiname "Zelotes", deutsch "der
Eiferer" - weil er der politisch radikalen Bewegung der Zeloten
angehörte, die gewaltsam die römischen Fremd-herrscher
aus Israel vertreiben wollte. Nach der Legenda Aurea wirkte Simon
in Syrien und Persien und erlitt dort durch Zersägen seines
Körpers den Martertod.
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Apostel Simon
Hauptraum links
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Hans Schertl

Hauptquelle:

2.8.2018
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