Kirchen und Kapellen im Landkreis Dachau            Kirchen i.d. Gem.Petershausen



Josefskapelle in ZIEGELBERG

KelchbecherTurm 32 m hochChor-spätgotischzur Kirchentür
Über dem Westgiebel ein kurzer Dachreiter
Lage auf der Landkarte...


Beschreibung

Der Bau einer Kapelle in Ziegelberg bei Petershausen war bereits im Jahr 1732 geplant 07), konnte aber durch den Tod des damaligen Initiators, des Zieglers Josef Bastian, nicht mehr verwirklicht werden.

Die heutige (20 qm große) Josefs-Kapelle in Ziegelberg wurde 1998 als ökumenischer Bau vom "Verein zur Errichtung und Erhaltung einer Kapelle in Ziegelberg" mit viel Eigenleistung auf dem Grund des Vereins (287 qm, gestiftet von Vitalis Held) errichtet.
Baubeginn: 4.6.1997 - Fertigstellung: Frühj.1998

Die Hauptverantwortlichen für die Planung und Durchführung waren die Familien:
- Amorth, (verantwortlich für Planung, künstlerische   und kreative Gestaltung),
- Ellenrieder (Architekt),
- Zipser, (Organisator),
- Held (Grundstückseigentümer).
Aber auch die übrigen 30 Mitglieder des Vereins leisteten durch persönlichen Einsatz einen großen Beitrag zum Gelingen des Projekts.

Die Materialkosten des Baus wurden ausschließlich aus Spendenmitteln finanziert. Schulden wurden nicht gemacht. Der Baufortschritt war ein Spiegel der Spendeneingänge.

Der Bau besteht aus Ziegelmauerwerk mit freitragendem Dachstuhl und einem rückwärtigen Glockenhaus. Von echter Handwerkskunst zeugen Details am Bau, wie zum Beispiel die Schreiner- und Kunstschmiedearbeiten, die Verlegetechnik der Bodenplatten und der vierfach auf eine Mittelsäule abgestützte Sichtdachstuhl.

Der aufgesetzte Turm ist in Leichtbauweise errichtet. Im ihm hängt eine Glocke, die von Meister Gugg aus Straubing gegossen wurde. Sie läutet jeden Samstag den Feierabend ein. Sie ertönt auch, wenn ein Ziegelberger Bürger verstorben ist.

Morgensonne und indirektes Abendlicht zaubern durch das bleiverglaste Giebelfenster aus mundgeblasenem, buntem Antikglas eine besondere Atmosphäre in den Raum.


Fenster auf der Rückseite der Kapelle

"Die äußere geradlinige, maskuline Architektur der Gegenwart vereinigt sich im Inneren mit den femininen Gestaltungselementen der Rundbögen bei Nischen und Fenstern", schreibt der Architekt.

linker Seitenaltar - zur Vergrößerung bitte klickenMartinsfigur auf dem Altar zur Vergrößerung bitte klicken

Das Herzstück im Kirchenraum ist eine von dem Petershausener Künstler Josef Moosreiner (gestorben 5. Juli 1967) vor etwa 80 Jahren geschnitzte und schon verloren geglaubte Christusfigur am Kreuz. Sie ist rd. einen Meter hoch. Es ist die einzige Skulptur des Künstlers.
Als man sie am Haus des Moosreiners auffand, war sie durch Witterungseinflüsse stark angegriffen. Eine um-fangreiche Restaurierung (Kopf und Beine mussten völlig neu geschnitzt werden) durch den Bildhauer Anton Amorth machte es möglich, die schlichte Figur für die Nachwelt zu erhalten.
Der Kreuzesstamm ist aus einer 2,50 Meter hohen, natürlich belassenen Kiefer gefertigt. Er weist -wie der Corpus Christi und die Kreuzwegbilder- auf das Bestreben der Künstler hin, Altes aufzugreifen und neue Betrachtungen einzubringen.
Diesen Kriterien sollen auch die Figuren des hl. Josef und des hl. Martin ent-sprechen, die in Nischen neben dem Kreuz an der Frontseite der Kapelle stehen.

St.Josef, der Patron der Kapelle, wird mit Hobel und Winkel dargestellt, den Symbolen der Zimmerleute und der Handwerker allgemein. Patron der Arbeiter wurde Josef aber erst 1955. Früher wurde er als Schutzpatron der Sterbenden verehrt. Keinem anderen Heiligen (Maria ausgenommen) wurden im 20.Jh mehr katholische Kirchen geweiht. Sein Gedenktag, der 19. März war bis 1969 ein Feiertag.
St.Martin schneidet mit dem Schwert seinen Mantel in zwei Teile und schenkt einen davon einem vor ihm knienden Bettler. Damit wird die bekannteste Legende von St. Martin dargestellt, die alljährlich auch Thema des Martinszugs ist. Nach dieser Legende begegnete Martin hoch zu Ross am Stadttor von Amiens einem frierenden Bettler. Ihm schenkte er die mit dem Schwert geteilte Hälfte seines Mantels; in der folgenden Nacht erschien ihm dann Christus mit dem Mantelstück bekleidet: er war es, der Martin als Bettler prüfte. St.Martin wurde gegen seinen Willen 372 auf Drängen des Volkes Bischof von Tours. Er übte das Amt bis zu seinem Tod 25 Jahre später aus. Gedenktag: 11.November
Unter dem Kruzifix sehen Sie auf dem Gesamtbild links oben zwei Säulen, die durch eine Kette verbunden sind. Sie sind Symbol für die ökumenische Ausrichtung der Kapelle. Inzwischen sind die Säulen durch eine Holzplatte verbunden, die dem Konstrukt den Anschein eines kleinen, schmalen Altars gibt. Die Kette verbindet nun nicht mehr nur zwei Teile, sondern alle im Altar vereinten christlichen Religionen.
Der Künstler Michael Winter aus Saxau bei Jetzendorf hat die Kette aus einem Stück Holz geschnitzt.


Altar


Kreuzwegbilder von Cilia Amorth

Die Darstellungen der 14 Stationen des Leidensweges Christi an den Seitenwänden stammen von der Petershausener Malerin (und Autorin) Cilia Amorth.

Die Künstlerin hatte 1986 als Kunstreferentin des Kulturförderkreises Petershausen die alljährliche Herbstausstellung initiiert. 2008 schuf sie das Altarbild für die Höckhof-Kapelle.

Die einzelnen Bilder können Sie sich hier anschauen...


Am 5. Juli 1998 wurde die Kapelle im Rahmen eine ökumenischen Feier durch den katholischen Pfarrer Michael Boja und den evangelischen Pastor Hans-Joachim Scharrer eingeweiht. Dabei wurde sie dem Schutze des hl.Josef anvertraut, dem Patron der Familie und der Handwerker.
Bericht über die Einweihungsfeier...

Zwölf Jahre nach der Einweihung, 2010, erhielten die Fassade und die Dachrinne einen neuen Anstrich.
2014 kam eine Außenrenovierung dazu.

Nutzung der Kapelle:
 - 15-Uhr-Läuten am Samstag
 - Von Mai bis Oktober regelmäßiger Rosenkranz am 1. Sonntag eines Monats nachmittags um 14:00 Uhr
 - Jährliche Adventfeiern
 - Martinsumzüge (z.Zt. nicht mehr)
 - Jährlicher Gottesdienst für Wanderer (aus Feldmoching) Hochzeiten Taufen Jubiläen.

 

Kreuzwegbilder
Als Kreuzweg werden die aufeinanderfolgen-den bildlichen oder plastischen Darstellungen bezeichnet, die meist aus vierzehn Stationen der Leidensgeschichte Jesu, angefangen von der Verurteilung durch Pilatus bis hin zur Grablegung, bestehen. Seinen Ursprung hat der Kreuzweg im Brauch der Pilger, bei Wallfahrten nach Jerusalem den Leidensweg Jesu auf der "Via Dolorosa" nachzugehen.
Im späten Mittelalter wurde die Kreuzver-ehrung insbesondere durch den hl.Franziskus von Assisi gefördert, der durch die Stimme des Gekreuzigten vom Kreuz in St.Damiano zu einem christlichen Leben bekehrt wurde. Seit dieser Zeit wurden Kreuzwegandachten als Ersatz für die Pilgerfahrt ins Heilige Land abgehalten. Die Stationen bildeten dafür die Leidensstätten Jesu nach. Auf diese Weise konnte der letzte Weg Jesu vor Ort nachgegangen und sein Leiden anschaulicher betrachtet werden. Kreuzwegdarstellungen
in Deutschland entstanden erstmals in und bei Klosterkirchen, auf Anhöhen und bei Wallfahrtsorten, insbesondere in der Nähe von Franziskanerklöstern. Mit der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert hielten sie als Kreuzwegbilder Einzug in die Innenräume der Pfarrkirchen und verbreiteten sich zunehmend. Papst Clemens XII. erkannte im Jahr 1731 mit seinem Breve "Unterweisungen über die Art, wie man den Kreuzweg abhalten soll" diese Form des Kreuzwegs als kanonisch an und bedachte ihn mit großzügigen Ablässen.
1. Station
Jesus wird von Pilatus zum
Tode verurteilt
2. Station
Jesus nimmt
das Kreuz
auf seine Schultern
3. Station
Jesus fällt
zum ersten Mal
unter dem Kreuze
4. Station
Jesus begegnet
seiner
Mutter Maria
5. Station
Simon v.Cyrene
hilft Jesus
d. Kreuz tragen
6. Station
Veronika reicht
Jesus das
Schweißtuch dar
7. Station
Jesus fällt
zum zweiten Mal
unter dem Kreuze
8. Station
Jesus tröstet
die weinenden
Frauen
9. Station
Jesus fällt
zum dritten Mal
unter dem Kreuze
10. Station
Jesus wird seiner
Kleider beraubt
11. Station
Jesus wird ans
Kreuz geschlagen
12. Station
Jesus
stirbt am Kreuz
13. Station
Jesus wird
vom Kreuz
abgenommen
14. Station
Jesus wird
ins Grab gelegt


Wenn Sie sich eine Zusammenstellung von Kreuzwegbildern aus den Kirchen des Dachauer Landes ansehen und mehr über die Geschichte des Kreuzwegs erfahren möchten, klicken Sie hier...

 

Bericht über die Einweihungsfeier

Die Ziegelberger feierten die Einweihung der St. Josef-Kapelle, die Mitglieder und Helfer des Vereins "Zur Errichtung und Erhaltung einer Kapelle", in gemeinschaftlicher Arbeit, ausschließlich durch Spenden finanziert, innerhalb eines Jahres errichteten.

Petrus allerdings meinte es nicht so gut mit den zahlreichen Gläubigen, die sich bei der Kapelle versammelt hatten. Der Himmel öffnete sämtliche Schleusen und es schüttete in Strömen Sozusagen in letzter Sekunde organisierten die Mitglieder große Schirme, sodass zumindest die "Aktiven" einigermaßen im Trockenen stehen konnten.

Der Entscheidung des Vereins folgend, die Kapelle Ökumenisch segnen zu lassen -sie ist das dritte christliche Bauwerk in Bayern, das Ökumenisch genutzt wird- weihten der katholische Pfarrer Michael Boja und der evangelische Pfarrer Hans-Joachim Scharrer das Kirchlein. Als "einmaliges Ereignis", bezeichnete Pfarrer Boja, "was hier von Bürgern für Bürger geschaffen worden ist. Die Ziegelberger Kapelle sei ein Gotteshaus für alle", egal welcher Konfession sie angehörten. Beide Pfarrer brachten zum Ausdruck, dass "erarbeitete und tätige Ökumene aus dem Volk Bestand hat".

Dirigiert von Kathrin Czemy stimmte die Blaskapelle Petershausen in den geistlichen Teil der Feier ein; dazu sang ein gemischter Chor unter der Leitung von Maria Schließer, der sich für dieses Fest formiert hatte Das "Ziegelberger Einweihungslied" (Komposition und Text Alexander Amorth), fasste die Motivation zum Bau der Kapelle in Worte.

Mit Fahnenabordnungen waren auch der Petershauser Krieger- und Soldatenverein, der Schützenverein und der Trachtenverein Petershausen vertreten Petershausens Bürgermeister Ludwig Götz erinnerte an die Veränderungen, die in Ziegelberg in jüngster Zeit stattgefunden hätten. "Ziegelberg war mit Planungen überzogen", sagte er. Planungen für Straßen- und Kanalbau, einen Bolz- und Kinderspielplatz und eine neue Wohnsiedlung. Eine Kapelle sei bei diesen Planungen nicht vorgesehen gewesen. Diese sei in Eigenregie von Petershausener und Ziegelberger Bürgern entstanden, hob Götz lobend das Engagement des Vereins hervor. "Nur allzu gerne ruft man heutzutage nach Staat und Kirche, bevor man selbst Hand anlegt", meinte er.

Der Vorsitzende des "Vereins zur Errichtung und Erhaltung einer Kapelle in Ziegelberg", Ewald Zipser, dankte allen Handwerkern, Künstlern und Privatpersonen, die durch ihre Mithilfe oder durch ihre Spenden den Bau erst möglich gemacht hätten.
Vollständige Ansprache .....

Nach dem Gottesdienst zogen die Teilnehmer in einem Festzug unter musikalischer Begleitung der Blaskapelle Petershausen zum Hof von Vitalis Held, der auch das Grundstück, auf dem die Kapelle steht, gestiftet hatte. Dort wurde dann, von einigen Unermüdlichen gar bis tief in die Nacht, ein zwar verregnetes, aber dennoch gelungenes Fest gefeiert.

Begrüßungsrede

anlässlich der Einweihungsfeier der St.Josef Kapelle in Ziegelberg am 05.07.98
von Ewald Zipser, 1. Vorsitzender des Vereins zur Errichtung und Erhaltung einer Kapelle in Ziegelberg

Grüß Gott und herzlich willkommen, Herr Pfarrer Boja - Herr Pfarrer Scharrer - Hr. Bürgermeister Götz - liebe Vereinsabordnungen - liebe Freunde und Gönner, meine Damen und Herren.

Heute hat uns ein besonderes Ereignis zusammengeführt. Ein Gedanke, der vor gut 265 Jahren seinen Ursprung hatte, ist Wirklichkeit geworden - und unsere Generation durfte diese Verwirklichung in die Hand nehmen. Unsere Generation muss ich genauer definieren, denn es waren zwei junge Männer, Vitalis Held und Andreas Amorth, die vor 2 Jahren den Stein ins Rollen gebracht und -vorbei an nüchternem Zweckmäßigkeitsdenken- bei der Fam. Held um ein Grundstück zur Errichtung einer Kapelle nachfragten.

Der Wunsch nach einem kleinen Gotteshaus für Ziegelberg war zu dieser Zeit schon bei mehreren Leuten gereift, sodass wir uns zum "Verein zur Errichtung und Erhaltung einer Kapelle in Ziegelberg" zusammenschlossen, dem bald darauf dieses Grundstück hier von der Fam. Held übereignet wurde. Hilfe und Unterstützung für unser Vorhaben fanden wir beim Architekten, bei vielen Handwerkern bzw. Handwerksbetrieben von Petershausen, bei Künstlern aus Nah und Fern, den großzügigen Geld-und Sachspendern und nicht zuletzt bei den vielen fleißigen Händen, die zum Gelingen dieses Baues und auch des heutigen Festes beitrugen.

"Passt denn eigentlich ein Kapellenneubau ins 20. Jahrhundert "Wir haben doch schon genug Kirchen, da bleibt nur Arbeit für die Nachkommen Diese und ähnliche Worte musste wir uns beim "Klinkenputzen" -Sie dürfen es auch betteln nennen- des Öfteren anhören. Diese Skeptiker kann ich beruhigen. Hat sich doch unser Verein neben der Errichtung gerade auch die Erhaltung aufs Banner geschrieben, die aus Mitgliedsbeiträgen künftig finanziert werden soll. Im Übrigen glauben wir fest daran, dass es auch in kommenden Generationen immer wieder Menschen geben wird, die -ohne die Frage nach dem eigenen Vorteil- einen Obolus spenden, oder ihre Arbeitskraft zur Ehre Gottes und zur Freude ihrer Mitmenschen einsetzen werden.

Freude und Zuversicht erlebten wir auch oft während der Bauphase und wir erkannten, dass verschiedene Meinungen in einer Sache, eine gemeinsame Zukunft nicht in Frage stellen. In diesem Sinne ist es unser Wunsch, dass alle Gläubigen -ob evangelisch oder katholisch- beide Konfessionen waren ausgewogen unter den Helfern vertreten - in dieser Kapelle einen Ort der Ruhe und des Friedens finden.

Mögen Sie, Herr Pfarrer Boja und Sie Herr Pfarrer Scharrer für dieses Anliegen um den Segen Gottes bitten und die Kapelle dem Schutze des "Heiligen Josef" anvertrauen. Ich danke Ihnen nochmals für Ihr Kommen und für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Quellen:
Bernhard Lohr, Eine ökumenische Kapelle für Ziegelberg, Dachauer SZ vom 16./17.5.1998
Dachauer Nachrichten 2001 und Anlage Petershausen Juni 2009 u. 2014/10 (Renovierung 2010)
Dachauer SZ 2001
Kapelle St.Josef Ziegelberg, Flyer des Vereins zur Errichtung & Erhaltung einer Kapelle in Ziegelberg, 2008
Horst Lachmann beim Emmausgang der KLB Dachau am 6.4.2015
Cilli Amorth, 2017 (Michael Winter)
07) Digitales Archiv des Erzbistums Mch u.Freising; Signatur: AA001/3, PfarrA16594 (Planung 1732 )

23 Bilder: Horst Lachmann (7), Hans Schertl (16)

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

27.3.2023