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Pfarrvisitation in MITTERNDORF 1560
Bericht
über die Visitation im Jahr
1560
- in heutigem Deutsch -
[in eckigen Klammern Originaltext-Auszüge]
Der Bericht
über die Visitation der "Pfarr Beata Virgo in Mitterndorff" hat
folgenden Inhalt:
Pfarrer:
Pfarrer ist seit 14 Jahren Augustinus Gebhart. Er stammt aus Polling und wurde
nach einem Studium an verschiedenen Trivialschulen
vor 36 Jahren in Augsburg ordiniert. Die Primiz feierte er in seinem Heimatort
Polling. Vor seiner Pfarrstelle in Mitterndorf war er als Frühmesser in
der Pfarrei Dachau tätig. Die Formata, die Weiheurkunde, konnte er nicht
vorweisen, weil sie ihm von Landsknechten in Dachau abgenommen worden sei. Auf
die Stelle in Mitterndorf ist er als Nachfolger von Sebastian Schwelmayr gekommen.
Der lässt sich seinen Rücktritt mit 20 Gulden jährlich bezahlen.
Die erste Zeit war Gebhart Pfarrvikar, d.h. Stellevertreter des offiziellen
Pfarrherrn Stockhamer. Der habe alles Einkommen der Pfarrei eingefordert und
seinem Vertreter nur 60 Gulden belassen. Nach dessen Tod ["seid er aber
umbkommen"], wurde die Pfarrei von
Herzog Albrecht dem jetzigen
Pfarrer Gebhart übertragen.
Gebhart predigt alle Feiertage, nicht aber -wie dies in anderen Pfarreien üblich
ist- an Nachmittagen. Seine Ideen und Vorlagen entnimmt er Büchern katholischer
Autoren. Auch in seiner sonstigen Arbeit hält er sich an die katholische
Lehre. Über die Messe und die anderen Vorschriften antwortete er bei der
Befragung durch die Visitatoren aufrichtig. Die kirchlichen Zeremonien vollzieht
er wie früher ["Ceremonias ecclesiae hellt er wie vor allter"];
dies gilt auch für die Anrufung der Heiligen. Er lehrt dies alles auch
dem Pfarrvolk. Er glaubt an die 7 Sakramente (dies war ein Indikator für
die katholische Ausrichtung, weil Luther nur 2 Sakramente anerkannte) und
kann auf Fragen über jedes einzelne Sakrament gut antworten. Über
die Firmung hat er nicht eigens gepredigt, frage aber in der Beichte, seine
Pfarrkinder danach. In seiner Pfarrei sei bisher nicht gefirmt worden. Die Beichte
nimmt er in der Kirche ab ["hert in der kirchen peicht"]. Er selbst
beichtet so oft, wie er einen anderen Priester trifft ["Peicht selbs, so
offt er ain priester haben kann"]. Über die Letzte Ölung (=heute
Krankensalbung) habe er gepredigt, die Leute nehmen das Sakrament aber nicht
an ["wellens aber zum thail nit nemen"]. Er könne sie nicht zwingen
["khünd niemandt nötten"].
Sein Privatleben gestaltet er verantwortungsvoll ["de vita verantwurt er
alle articl wol"]. Nur dass er eine Köchin habe, stört das Bild
etwas. Doch die ist ca. 60 Jahre alt. "Sie verhalten sich beide unergerlich
"(unärgerlich"), heißt es, und der Kirchenpfleger
rühmt den Pfarrer sogar wegen seines erbaren und guten Lebenswandels ["Pfarrer
sey aines erbern gueten wandels"].
Pfarrei: Das Präsentationsrecht für
Mitterndorf (Recht, die Pfarrherren zu bestimmen) liegt nach Angaben
der Kirchenverwalter beim bayerischen Herzog ["nach antzaig der khirchpröbst
verleicht der hertzog die pfarr"]. In der Pfarrei leben 250 Communicanten
(= Gläubige älter als 10 Jahre), die alle katholisch geblieben
sind. Sie geben Opfergaben freigebig und bezahlen auch den Zehent ["Pfarrleuth
halten sich mit opfer und zehent wol"]. Am Kirchtag (Kirchweihfest) macht
man eine Spende ["gibt man ain spent"]. Der Pfarrer beschwert andererseits
auch niemand mit dem Selgerät. Probleme gebe es nur mit Hans Schabl aus
Günding, der von seiner Frau verlassen wurde, weil er nicht beichten will
["wöll nit peichten, darumb das im sein weib entloffen"]. Einen
Kaplan gab es in Mitterndorf auch früher nicht. Der Pfarrer muss 5 Filialkirchen
mitbetreuen. Das Einkommen des Pfarrers beträgt ca. 100 Gulden. Von den
Pfarrgründen ist nichts verkauft. Die Kirchenrechnung erstellt das Gericht
in Dachau. Der Pfarrhof wird gerade restauriert ["hat ain ubel erpauten
pfarrhof, ist aber im werkh, denselben zu bessern"]. Das Mesnerhaus war
dagegen in gutem Bauzustand ["hat ain guet erbaut mesenhauß"].
Kirche: Auch die Kirche besitzt ein eigenes Einkommen (neben dem der
Pfarrei). Es beträgt an Getreide und Geld insgesamt 35 Gulden. Dazu
kommen aus den Jahrtagsstiftungen noch 3 Gulden. Die Ausgaben für Kerzenwachs
und Öl belaufen sich auf 10 Gulden ["Ausgab uber wachs und öl
beileuffig 10 fl. "]. In der Kirche stehen 3 schöne Altäre ["drey
altär zimblich wol mit aller zier versehen"]. Über das Aussehen
des Innenraums gibt es unterschiedliche Ansichten: Der Kirchenpfleger gibt an,
sie sei mit Bildern, Gemälden und Stühlen wohl vershen ["kirch
sey mit pildern, gemäld und stuel wol versehen"]; dagegen hat der
Visitator nach der Inaugenscheinnahme notiert: "das gotshauß ist
arm und mit altartafln, stueln, fanen und glockhen schlecht versehen".
Das Sakramentshaus ist mit einem Ewigen Licht versehen (dies war ein Indikator
für katholische Kirchen). Das Allerheiligste und die heiligen Öle
werden liturgisch unrein behandelt. Das Taufwasser wird in einer Flasche aufbewahrt
["Bapstismus ist in aim fleschel"]. An liturgischen Gerätschaften
befinden sich in der Kirche: 3 vergoldete Kelche aus Silber, darunter ein zerbrochener
["ain zerprochen"], eine "schlechte" Monstranz, 3 Messbücher,
ein zerrissenes Liturgiebuch, ein Kantorenbuch und 6 Messgewänder guter
und schlechterer Qualität ["6 meßgwender guet und beß"].
Der Pfarrer hält jeweils 4 Sonntagsgottesdienst in Mitterndorf, danach
einen in Günding. Auch die Singmessen und Jahrtage werden "vleissig
verricht". Mit dem Selgerät, der anläßlich einer Beerdigung
geforderten Geldzahlung, die im Ergebnis der Seele des Verstorbenen zugutekommen
soll, "helt ers nach vermögen der personen", stuft also die Forderung
je nach Größe des Bauernhofs des Verstorbenen ab.
Eine Aufstellung über die Größe der Pfarreien im Dachauer Land im Jahr 1560 finden Sie hier...
Quellen:
Anton Landersdorfer, Das Bistum Freising
in der bayerischen Visitation des Jahres 1560, 1986
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31.12.2008