Bittgänge und Wallfahrten
der Ampermochinger Pfarrei
Im 18.Jh unternahmen
die Ampermochinger alljährlich mehrere Bittgänge (Creuzgäng)
zu den kleinen Wallfahrtskirchen der Umgebung, nach Straßbach (Ottilia),
Inhausen (Maria), Neufahrn(Wilgefortis), Taxa (Maria Stern) und Mitterndorf
(Maria) sowie nach Pellheim und später auch nach Eching und nach
Inchenhofen.
Hier einige Infos zu den besuchten Wallfahrtsstätten: 10)
Straßbach
Straßbach ist eine Filialkirche des Klosters Indersdorf, wo
besonders die heilige Ottilia verehrt wird, die vor allem wegen Augen-,
Ohren- und Kopfleiden um Hilfe angerufen wurde. Die um 660 geborene
Odilia war eine Tochter des Herzogs Athich aus dem Elsass. Sie gründete
690 das später nach ihr benannte Kloster Odilienberg als Augustiner-Chorfrauenstift
und stand ihm als Äbtissin vor. Die Legende berichtet, dass der
Vater seine blind geborene Tochter Odilia töten lassen wollte,
die Mutter Bethsvinda sie aber retten konnte. Odilia wurde das Augenlicht
wieder geschenkt, als der durch einen Engel zu ihr gewiesene Wanderbischof
Erhard von Regensburg sie taufte. St.Ottilie widmete sich in ihrem
Leben der Fürsorge der Armen und Kranken. Sicher nachweisbar ist in
Straßbach das Siechenhaus seit dem Jahre 1435, wo die Leprakranken
fernab der Ortschaft untergebracht waren. Ottilia ist Patronin der
Blinden und der Winzer (wegen ihrer Heimat Elsass).
Straßbach war auch das Ziel von Bittgängen aus anderen
Pfarreien. So wallfahrteten Ende des 18.Jh die Pfarrgemeinden Ampermoching
(am Tag des heiligen Medardus - 8.Juni), Weichs, Vierkirchen, Röhrmoos,
Hebertshausen, Pellheim, Niederroth, Rumeltshausen, Kreuzholzhausen,
Schwabhausen, Oberroth, Oberbachern (Mittwoch der Pfingstwoche) Arnbach,
Hirtlbach, Westernholzhausen und Indersdorf alljährlich nach
Straßbach. |
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Inhausen
Die
Kirche in Inhausen besitzt das Patrozinium Mariä Himmelfahrt. Man
nimmt an, dass schon beim Bau der Kirche, um 1450, eine Marienwallfahrt bestand. Sicher nachweisbar ist die Wallfahrt ab der zweiten
Hälfte des 17. Jh. Dies bestätigen auch die Kirchenrechnungen ab 1694
bis 1756, wo mit wenigen Ausnahmen Wallfahrten verzeichnet sind. So
schrieb 1660 der Haimhauser Pfarrer Johann Krauthofer (1656-1666)
an das Fürstbischöfliche Ordinariat in Freising, dass sich auf dem
Choraltar zu Inhausen eine Liebfrauenstatue befinde, die schon seit
etlichen Jahren von Personen hohen und niederen Stands aus der näheren
und weiteren Umgebung als wundertätiges Bild [miraculos bilt] verehrt"
werde.
Zu diesem Personenkreis habe auch der verstorbene (Haimhauser) Graf
Johann Albrecht gehört, zu dessen Andenken der Sohn Franz Albrecht
zu den neuen Altären 600 Gulden gestiftet habe. Bei einem florierenden
Wallfahrtsbetrieb wäre die Wortwahl bei der Schilderung erheblich
euphorischer ausgefallen.
Immerhin hat die Wallfahrt 1637/38, mitten im Dreißigjährigen Krieg,
66 Gulden im Jahr an Spenden (Opferstockgefälle) eingebracht. Dies
war ein recht ansehnlicher Betrag.
Im Jahr 1712 verlieh Papst Clemens XI. der Kirche in Inhausen zum
Fest Mariä Himmelfahrt einen vollkommenen Ablass für die Dauer von
7 Jahren, der die Wallfahrt zumindest am 15.August stärkte.
Mitte des 19.Jh. dürfte die Wallfahrt nicht mehr existent gewesen
sein, weil man das Gnadenbild durch eine neue Figur im Stil des Historismus
ersetzt und das alte Gnadenbild nicht aufgehoben hat. Es gilt als
verschollen. |
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Neufahrn
Eine weitere Wallfahrt führte -ebenfalls schon vor dem 30jährigen
Krieg- nach Neufahrn bei Freising zur hl.Wilgefortis (St.Kümmernis),
jeweils am Pfingstdienstag über Ottershausen und Inhausen.
St.Kümmernis war eine fiktive Heilige, die ihre Existenz einer
Verwechslung verdankte. Man glaubte in einem Bildnis des gekreuzigten
Christus mit Tunika eine andere Heilige zu erkennen.
Die Besonderheit von Wilgefortis war der Bart, der ihr der Legende
nach gewachsen sein soll, damit sie für Männer nicht mehr
attraktiv war. Als Wilgefortis wurde sie 1583/86 ins Martyrologium
Romanum aufgenommen, inzwischen aber wieder gelöscht. St. Kümmernis
wurde von Frauen und Männern angerufen: in Liebesangelegenheiten,
bei Beziehungs-problemen, Familienzwist, Sorgen um Fruchtbarkeit in
Haus und Hof oder bei Krankheiten (spezifisch Frauenkrankheiten).
Von Männern wurde sie zusätzlich bei Kriegsgefahr und Gefangenschaft
um Fürbitte gebeten. Die ersten Nachweise stammen aus den Jahren
1626-29. In den Kriegs- und Pestjahren 1632, 1634 und 1649 fiel die
Wallfahrt aus. In allen übrigen fast 150 Jahren bis 1786 aber
gingen die Dachauer nach Neufahrn, das aber von der Besucherzahl nur
ein kleiner Wallfahrtsort war. Im 18.Jh. kamen immerhin 60 Bittprozessionen
im Jahr dorthin. |

St.Wilgefortis
bzw. St.Kümmernis am Kreuz |
Kloster
Taxa
Als
die Kriegsereignisse um 1635 eine Wallfahrt nach Andechs aus Sicherheitsgründen
nicht mehr zuließen, pilgerten die Dachauer ersatzweise zum
Kloster Taxa, zum Gnadenbild Maria Stern. Gleiches geschah 1649, als
in Dachau die Pest grassierte;in den Rechnungsbüchern heißt
es dazu: "wegen sterbender Läuff und uhnvermögenheit
halber" wird nicht auf den heiligen Berg "gewallfahrtet",
sondern zu "Unserer Lieben Frau in das Täxet". 1683,
im Jahr der Türkenbelagerung von Wien, unternahmen sie "wegen
Abwendung der Vichsucht" erneut einen Kreuzgang nach Taxa.
Ab 1695 wurde daraus eine jährliche Wallfahrt, jeweils um den
10.Juli herum. Grund war
die Bitte zur Erhaltung der Feldfrüchte, Roß und Vieh.
Nur 1698 (aus mir unbekannten Gründen) und 1704 (wegen des Spanischen
Erbfolgekriegs) fiel sie aus. Die Wallfahrt bestand bis zum Abriss
des Klosters Taxa im Jahr 1803. |
Kloster Taxa
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Die Wallfahrt zum Kloster Taxa war
in erster Linie eine Marienwallfahrt. Doch in der Klosterkirche befand sich
auch eine Kreuzreliquie, die viele Pilger anzog. Die Kirche hatte sogar
beide Patrozinien: der Altarraum war St.Maria, das Kirchenschiff dem hl.Kreuz
geweiht. Hauptanziehungspunkt war aber die Muttergottesfigur mit Kind, die
von einer sternförmigen Aureole umgeben war. Die Wallfahrt war ja entstanden,
weil 1618 ein Hühnerei mit dem Relief eines Strahlenkranzes gefunden
worden war. Zudem glaubte man, darin auch noch einen Frauenkopf zu erkennen.
Im 18.Jh wallfahrteten bis zu 60.000 Pilger alljährlich nach Taxa.
Es war damals -noch vor Altötting- die größte Marienwallfahrt
Bayerns. Die meisten kamen wegen akuter oder überstandener Krankheiten,
Gefahren und Schäden aller Art. Viehseuchen sind seltener verzeichnet;
zweimal ist von einer Hühnerkrankheit die Rede. "Die Wallfahrt in Taxa,
so schrieb Hans Grassl, war über den Petersberg und Altomünster
hinaus das eigentliche geistliche Zentrum des Dachauer Hinterlands, wirklich
der Ort, an dem sich das bäuerliche und monastische Leben (Mönchsleben)
am innigsten berührten". Die
wohl dreischiffige Kirche mit ihren 13 Altären, war größer
als die Kirche im Kloster Indersdorf.
Mitterndorf
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Die
Wallfahrt nach Mitterndorf war eine Marienwallfahrt.
Gnadenfigur war eine Muttergottesfigur, die heute an der Stelle des
linken Seienaltars steht. Die Holzplastik aus der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts zeigt Maria thronend, mit einer Krone auf dem Haupt,
als "zweite Eva''. Mit dem rechten Arm trägt sie das Jesuskind, das
in seiner rechten Hand eine Traube hält, während es mit der linken
Hand nach dem auf den Sündenfall im Paradies bezogenen Apfel greift,
den ihm seine Mutter zeigt. Die Geste symbolisiert seine Bereitschaft
zum Erlösungswerk. Die Muttergottes von Mitterndorf war in den Jahren
1626, 1636 und 1648, also während des Dreißigjährigen Krieges, das
Ziel von Kreuzgängen der Marktgemeinde Dachau und von Ampermoching. |
Inchenhofen
135)
Der
erste Kreuzgang der Dachauer nach Inchenhofen wurde erst spät,
1753, durchgeführt, und zwar aufgrund eines Gelöbnisses
der Dachauer Bürgergemeinde anlässlich einer grassierenden
Viehseuche. Man zog mit einer großen Wachskerze im Wert von
6 Gulden zu St.Leonhard. Im weiteren zeitlichen Verlauf Inchenhofen
nur bei entsprechenden Anlässen abgehalten. 1753 war dies eine
grassierende Viehseuche, 1766 "eine leidige Seuche unter dem
Hornvieh", 1780 die Tierseuche "gelber Schelm" unter
Rössern und Hornvieh in den Nachbargemeinden. Der Kreuzgang
sollte ein Übergreifen der Seuche auf Dachau verhindern. Damals
wurde auch vereinbart, dass die Wallfahrt künftig in dreijährigem
Turnus stattfinden sollte. In den Jahren dazwischen wollte man nach
Sigmertshausen und Webling gehen. Das wurde nur noch kurze Zeit
verwirklicht. Nach 1804 ist kein Kreuzgang nach Inchenhofen mehr
bekannt.
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Hinweis:
Die Wallfahrt zum hl. Leonhard in Inchenhofen gilt als älteste
und wichtigste Leonhards-Wallfahrt in Deutschland. Der Aufschwung
begann, als 1283 das Kloster Fürstenfeld die bis dahin
noch unbedeutende Wallfahrt in der kleinen Kapelle übernahm.
Es verhalf ihr binnen weniger Jahrzehnte zu höchster Blüte.
Die Wallfahrt selbst geht auf ein Wunder zurück: 1256 sollen
Soldaten Votivgaben in der St.Leonhardskapelle gestohlen haben
und daraufhin schwachsinnig geworden sein. St.Leonhard war bis
dahin ein nur an wenigen Stellen verehrter französischer
Heiliger, der als Patron der Gefangenen und der (damals ebenfalls
angeketteten) Geisteskranken um Hilfe angerufen wurde. Seine
große Bedeutung als Bauernheiliger erhielt er erst im
16.Jh., als die Ketten, mit denen er abgebildet war, als Viehketten
missdeutet/umgedeutet wurden. Diese Patronatserweiterung gab
der Wallfahrt in Inchenhofen noch einen großen Schub.
Bis 1803 unternahmen 167 Pfarreien eine alljährliche Wallfahrt
nach Inchenhofen. Heute kommen aus etwa 60 Orten die Wallfahrergruppen,
meist zu Fuß, nach "Leachad" , wie Inhenhofen auch
genannt wird. Dabei ist nach wie vor der größte Wallfahrtstag
des ganzen Jahres der Pfingstmontag, an dem zugleich das Hauptfest
der 1659 vom Papst Alexander VII. genehmigten Erzbruderschaft
des hl. Leonhard gefeiert wird. |
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Votivgabe
aus Sulzemoos
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