Klausenkapelle
St.Maria in HAIMHAUSEN
Die Kapelle ist unmittelbar an die
Schlossklause angebaut
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Kurzbeschreibung
Die Klausenkapelle zu Ehren
der Muttergottes gehört zum Schlossbereich in Haimhausen. Unmittelbar
hinter dem Einfahrtstor zum Schlosspark in Haimhausen steht sie
hinter Bäumen und Büschen versteckt, hinter dem Restaurant
"Schlossklause".
Wahrscheinlich wurde sie kurz
um 1695 vom Hofmarksherrn Franz Ferdinand Reichsgraf von
und zu Haimhausen (1687 - 1724) erbaut.
Der Bayerische Kartograph
Michael Wening hat sie in seinem Kupferstichwerk über
das Rentamt München von 1701 in einem der Haimhausener
Schloss-Stiche dargestellt. Das Mauerwerk ist in den Formen
des Barockstils errichtet.
Die Kapelle lag 1701
im Obst- und Baumgarten des Schlosses, der von einer kunstvoll
beschnittenen, kreisförmigen Hecke umfriedet war. Dort
wurden auch Fasane und Rebhühner gehalten. Über
viele Jahre hinweg bewohnten Klausner (= Schlosskaplan)
die Gebäude hinter der Kapelle.
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arme Seele vor Rindenwand
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Die Kapelle besitzt
ein Zeltdach mit achteckiger Laterne, deren Öffnung oberhalb des
runden Deckenbildes liegt. Über dem Eingang ist in einer Kartusche
die Jahreszahl 1701 zu lesen.
Innenausstattung
Die
Inneneinrichtung wurde fast ausschließlich unter Verwendung von
Baumrinde, Schuppen von Tannenzapfen, Muscheln, Perlen und Kieselsteinen
äußerst originell gestaltet. Dies hat dem kleinen Gotteshauses
den volkstümlichen Namen "Butzküahkapelln" (Butzküah
= Tannenzapfen) eingebracht.
Sie entspricht der barocken Neigung zur optisch und haptisch anziehend
gestalteten Oberfläche.
12)
Ihr Schöpfer war der dort als
Klausner lebende Norbert Scheidler (gest.1792). Da der Klausner aber in
der Zeit von 1722 bis 1792 lebte, bedeutet dies, dass die jetzige Ausstattung
erst mehrere Jahrzehnte nach dem Kapellenbau entstanden ist.
Die Klause soll der Muttergottes
von Loreto geweiht sein. Das Marienbild ist aber nach neueren
Erkenntnissen eine Kopie des Gnadenbildes von Neukirchen beim Heiligen
Blut in der Oberpfalz. Es steht in einem reich verzierten Rokokoschrein
aus der Zeit des Grafen Karl (1724-1775). Darüber schwebt in
den von Engelsköpfen belebten Wolken der gekrönte Namenszug
Mariens.
Flankiert wird der Schrein
von Gestalten der Heiligen Franziskus und Antonius.
Den Körben, die sie auf ihren Köpfen tragen, entsprießen
aus Muscheln geformte Blumen. Ihre Kutten sind aus Tannenzapfenschuppen
gebildet. Beide Heiligen, die sich persönlich kannten, gehörten
dem Orden der Minoriten (Franziskaner) an, der von Franziskus gegründet
worden war. Dieser Orden zeichnet sich durch persönliche Armut
aus. Dies zeigt sich auch am Gewand: die Kutte der Franziskaner
ist braun; diese Farbe steht traditionell für Demut und Bescheidenheit.
Der Gürtel, den Mönche und Nonnen als Zeichen geschlechtlicher
Enthaltsamkeit tragen, ist bei den Minoriten ein Strick.
Unter dem Marienbildnis liegen
zwei grob geschnitzte hölzerne Hände, die sicherlich als
Votivgaben in die Kapelle gebracht wurden.
Selbst das Deckengemälde wird umrahmt von kunstvoll
gestalteten Ornamenten aus Baumrinde, Schuppen von Tannenzapfen,
Muscheln und Kieselsteinen.
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Der Altar mit der Muttergottesstatue im Schrein
links und rechts St.Franziskus und St.Antonius mit Körben
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Die Kapelle steht unter Denkmalschutz.
Sie ist in der Liste der Baudenkmäler in Haimhausen als:
" Loretokapelle, sog. Klausen- oder Butzküahkapelle achtseitiger
Zentralbau mit Dachreiter, um 1695; südlich anschließend ehemalige Klause,
erdgeschossig mit Schopfwalmdach, gleichzeitig, um 1860 zur Gaststätte
umgebaut" aufgeführt. 13)
.
Ausführliche
Beschreibung
mit ikonographischen und kunsthistorischen Hinweisen
Unmittelbar hinter
dem Einfahrtstor zum Schlosspark in Haimhausen steht die ehemalige
"Klause", in der jetzt ein Restaurant untergebracht ist.
Die an die Schlossklause angebaute, der Muttergottes geweihte Kapelle
mit achteckigem Grundriss und kleinem Kuppelturm, ist im Sommer kaum
zu finden, so sehr ist sie von Büschen und Bäumen umwachsen.
Im nebenstehenden Bild ist das Kapellentürmchen links über
den Dachgauben zu erkennen. |
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Michael Wening hat die Kapelle und die Klause in seinem Kupferstichwerk
über das Rentamt München von 1701 dargestellt.
Kapelle
im Stich von Wening 1701
Erläuterung Nr. 2 (siehe Dach) bedeutet:
"2. Die Schöne und Wolgeziehrte Capellen und Clausen,
so mit Zimmern, Kuchel, Keller und Garttl versehen ist"
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Wahrscheinlich wurden sie
um 1695 vom Hofmarksherrn Franz Ferdinand Reichsgraf von
und zu Haimhausen (1687-1724) erbaut. Jedenfalls bemühte sich
der Graf um "Haltung eines bestendigen Schloss Caplan"
für seine 1695 erbaute und 1697 mit dem Jus celebrandi (der
Erlaubnis zum Zelebrieren von hl.Messen) ausgestattete Schlosskapelle.
Er fand auch einen Geistlichen. In der Instructio vom 14.4.1700
können wir eine Art Arbeitsvertrag sehen: Der Schlosskaplan
erhielt für seine Verrichtungen neben Kost, Trunk, Holz und
Licht auch eine Barentlohnung in Höhe von 75 Gulden im Jahr.
Er wohnte mietfrei in der Klause neben der Kapelle, in einer "aignen
Wohnung sambt seinem Diener oder Mösner".
Wenings Beschreibung der
Kapelle war in eine allgemeine Lobpreisung Haimhausens verpackt:
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"Schließlich
und kurtz zu sagen, ist dises Haimbhausen ein so Edles gesundes
Lustorth, daß die Natur und Kunst nicht allein zu einer
guten Würthschafft, gut Luft und genug Wasser verschaffet,
sondern auch die Menschen sich mit allerhand groß und
kleiner Jagdbarkeit auch stattlichen Fischereyen erquicken können
wie dann das schöne Kunst gebaute Vogl- und Fasanen-Hauß
nebst schönen Alleen. Bluem Kräutl und grossen eingemaurten
Baumgarten, darinn ein schöne und mit einer Capell wol
gebaute Clausen ist. Die Schöne und Wolgeziehrte Capellen
und Clausen, so mit Zimmern, Kuchel, Keller, und Garttl versehen
ist." |
Die Kapelle lag 1701 im Obst-
und Baumgarten des Schlosses, der von einer kunstvoll beschnittenen,
kreisförmigen Hecke umfriedet war. Dort wurden auch Fasane
und Rebhühner gehalten.
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Beschreibung 1900
In den Jahren 1900 und 1901 verfasste der Haimhausener Kaplan Hugo Straßer
unter dem Titel "Nova et vetera de parochia Haimbhusiaria" (=Neues
und Altes aus der Pfarrei Haimhausen) eine umfangreiche Pfarrbeschreibung.
Im Abschnitt Nebenkirchen ist auch die Klausenkapelle aufgeführt.
Kapelle
einem weiteren Stich von Wening 1701
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"Die Klause
stande ehedem mit dem Schloße in engster Verbindung; sie mag
sogar noch vor der Schloßkapelle gebaut worden sein. Aus den
Matrikeln geht hervor, daß Cooperator Mädl dort einige
Zeit celebriert (hat) und gestorben ist.
Ägidius Mädl.. in adeificio ad arcem.. pertinenti, Clausen
.... mortem invenit 23.Jan. 1794 (efr. pag 40). Hirz weiß noch
zu berichten, daß in verflossenen Jahrhundert (18.Jh) in der
Klause ein Eremit wohnte, er kleidete sich in eine schwarze Kutte,
verpflegte sich selbst, hielt Schule, gab den Leuten in ihren Nöthen
Rat und für ihre Kranken auch Medikamente, er hat die Klause
mit Holzzieraten versehen.
Das Totenbuch schreibt: 1.Juni mortus et 3.Juni sepultus Haimhusii
Frater Norbertus Scheidler, eremita hic bei 70 annorum, ex affective
paralitica. 1792.
Im Kirchlein, welches jetzt für die Herrschaft als Leichenhaus
benützt wird, ist ein Altar, welchen besagter Eremit geschnitzt
hat; zu beiden Seiten hat er als Consolen 2 Franziskanerstatuen aufgestellt,
der Kutte er mit den Schuppen der Tannenzapfen gebildet hat; neben
dem Altar hat er noch alle Wände die Decken mit Zieraten von
Holz und Rinden und Moosen ausgetäfelt; das Ganze ist eine originelle
Arbeit und nicht uninteressant zu sehen. Messe wird jetzt in dem Kirchlein
nicht mehr gelesen." |
Baubeschreibung
Die Klausenkapelle hat das
ursprüngliche Aussehen verhältnismäßig gut
bewahrt. Die Kanten des Achteckes sind lisenenartig verziert. Über
dem kräftigen Gesims
erhebt sich die Laternenkuppel mit ihrer im Landkreis einzigartigen
Gestalt. Das Dach und namentlich die Kuppelverkleidung wurden natürlich
im Laufe der Zeit mehrmals erneuert, ebenso das an eine Scheune
erinnernde Doppeltor. Über dem Eingang befindet sich eine Kartusche
mit der Jahreszahl "1701". Vielleicht ist dies das Jahr
der offiziellen Weihe.
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Kapelle
mit Schlossklause (jetzt Wirtschaft) 2019
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Innenausstattung
Decke
An der 5,50 m hohen
Kapellendecke befindet sich ein Gemälde,
das dem Gläubigen einen Blick in den Himmel ermöglicht.
Es zeigt die Taube des Heiligen Geistes, umgeben von Engeln mit rosa
Flügeln. Hintergrund ist der hellblaue Himmel mit gelblichen
Wolken. Umrahmt wird auch dieses Deckenbild von kunstvoll gestalteten
Ornamenten aus Baumrinde, Schuppen von Tannenzapfen, Muscheln und
Kieselsteinen. 09)
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Deckengemälde
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Hinweis: Die Gestalt der
Taube für die künstlerische Darstellung des Heiligen Geistes
gründet sich auf den Bericht der Taufe Jesu im Neuen Testament.
Danach kam "der Heilige Geist sichtbar auf ihn herab, wie eine
Taube" (Lk., 3,22). Das Konzil von Nicäa im Jahr 325 hatte
diese Darstellung empfohlen. |
Durch
die Verwendung dieser unbearbeiteten natürlichen Materialien holte
der Erbauer die Natur in den Sakralraum.
Sigrid Gensichen schreibt dazu:
"Das künstliche Blumengerank aus Muscheln
und Zapfen schenkte den Besuchern einen kleinen Vorschein zum Paradies.
Die Baumrinde aber erinnerte mit ihrer
haptischen Rauheit und Härte spielerisch an die mühselige Realität
eremitischer
Wohnverhältnisse, wo der Einsiedler
auf das angewiesen wr, was er 'in den Wildnüssen finden / und durch
eignen Fleiß zur
Auszierung seiner sonst greulichen Wohnung
zusammen setzen kann." 12)
Wände
Auch die Seitenwände
der Kapelle sind wie alle Architekturformen, die den Raum abteilen
(auch Sockel, Pilaster und das Kranzgesims), aus Muscheln und Steinen
gebildet. |
Seitenwand
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Diese Art der Grottendekoration
war in früherer Zeit eine beliebte Verbindung von Natur und Kunst,
wie wir sie auch in der Magdalenenklause in Nymphenburg und in den
meisten barocken Schlossanlagen finden können. |
Wand-Detail
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Ihr Schöpfer war der
dort als Klausner lebende Norbert Scheidler. Wie Kooperator
Hugo Strasser in seiner handschriftlichen Chronik Haimhausens (1900/01)
ausführt, "kleidete sich Norbert Scheidler in eine schwarze
Kutte, verpflegte sich selbst, hielt Schule, gab den Leuten in ihren
Nöten Rat und für ihre Kranken auch Medikamente". Er verstarb
am 1. Juni 1792 im Alter von 70 Jahren an den Folgen eines Schlagflusses
(=Schlaganfall). Der Eintrag im Totenbuch lautet: "1
juni mortus et 3.Juni sepultus Haimhusii Frater Norbertus Scheidler,
eremita hic bei 70 annorum, ex affective paralitica".
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Wand-Detail
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Nach anderer Überlieferung sollen zwei
Eremiten in der Klause gelebt und die Kapelle ausgestaltet haben. Vielleicht
war der zweite der am 23. Januar 1794 verstorbene Ägidius Mädl,
von dem bekannt ist, dass er einige Zeit in der Kapelle die Messe las.
Altar
Blickpunkt der
Kapelle ist natürlich der Rokokoaltar.
Sein Retabel besteht aus Holz. Es hat die Form eines großen,
geöffneten Mantels. Dieser umgibt den vor-gesetzten Mittelteil,
der wie ein großes, silbernes Rokokoreliquiar mit Rocaillenschmuck
(in Pyramiden-form auf Füßen stehend) gestaltet ist. |
Altar
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Im Zentrum dieses
"Reliquiars" befindet sich eine Nische mit der Muttergottesfigur
hinter Glas. Umrahmt wird alles von einem Strahlenkranz. Gegenstand
der Andacht in der Klausenkapelle war die im Rokokoschrein auf dem
Altar stehende Muttergottesfigur mit dem Jesuskind auf dem
Arm. Beide Figuren tragen auf dem Haupt eine Krone. |
Lange Zeit glaubte man aufgrund
früherer Beschrei-bungen, die Statue sei eine Nachbildung des
"schwarzen" Gnadenbildes von Maria-Loreto.
Nachforschungen haben aber ergeben, dass es sich
um eine Kopie des Gnadenbildes
von Neukirchen beim Heilig-Blut nahe der deutsch-tschechischen
Grenze handelt, die auch in Böhmen hochverehrt wurde.
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Muttergottes
Neunkirchen/Hl.Blut
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Die Haimhausener Grafenfamilie
Viehpeckh hatte wegen ihrer Besitzungen in Böhmen enge Beziehungen
zu dieser Gegend.
Die Besonderheit der Figur ist das Schwert, das im Haupt Mariens
steckt und das den Kopf der Figur in zwei Teile spaltet. Dieses
Schwert ist das Relikt des Attentats eines Hussitten, das sich um
1450 ereignet hatte und durch das die Gnadenfigur zerstört
werden sollte.
Mehr über das
Gnadenbild v. Neukirchen finden Sie hier..
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Am Sockel der Figur ist folgende Inschrift
zu lesen: P:LAMBERT - MONAC: CAPVC - 1700 OKTOB - F.SEB ALD.
Dies bedeutet, dass die Figur im Oktober 1700 geschnitzt wurde. Sie ist
damit nach heutigen Erkenntnissen die erste Kopie des Gnadenbildes von Neukirchen
Heilig-Blut.
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Flaschen-
kreuzigungsgruppe
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In der Nische stehen zu Füßen
der Muttergottesfigur zwei Flaschen. In ihnen sind, als modellhafte
Dar-stellungen, eine Kreuzigungsszene
und eine Figur der Altöttinger Madonna
gebastelt (sog. Geduldflaschen).
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Madonna
in der Flasche
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Über der Marienfigur ist aus Baumrinde eine Inschriftenkartusche
gebildet. Darin sind die Worte "Mater admirabilis" (wunderbare
Mutter) gebildet. Der Text ist der lauretanischen Litanei entnommen.
Über der Kartusche schwebt in den von Engelsköpfen belebten
Wolken der gekrönte Namenszug Mariens. |
Inschriftenkartusche
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Hinweis: Die Kartusche
hat -wie fast alle Kartuschen in Kirchen- eine unregelmäßig
Form; sie hat sich aus einer Schnur entwickelt, die ursprünglich
um Inschriften, Wappen und Namen geschlungen wurde. Deshalb sind die
meisten Einrahmungen von Kartuschen nicht rechteckig, sondern kurvig.
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St.Franziskus
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Flankiert wird die Marienfigur
von Figuren der Heiligen Franziskus
von Assisi und Antonius
von Padua. Sie sind als Hermen gestaltet; das sind atlasähnliche
Halbfiguren vor Pfeilern
oder Pilastern: Im Gegensatz zum Atlas haben sie aber keine Tragefunktion.
Um die Lenden ist ein mit einem Rosenkranz behangener Gürtel
gebunden. Ihre Kutten sind aus Tannenzapfenschuppen gebildet und
den Körben, die sie auf ihren Köpfen tragen, entsprießen
aus Muscheln geformte Blumen. Auf diese Art hat der Künstler
die Heiligenfiguren dem Raum angeglichen.
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St.Antonius
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Klausner Scheidler, so berichten die
Dachauer Nachrichten 1983, hat zunächst Konsolen aus Holz geschnitzt,
dann mit Rinde überzogen und diese muschelartig verziert. Auf die Konsole
setzte er eine Halbfigur des Heiligen und bekleidet sie ebenfalls mit einem
aus Rinde gefertigten und recht rau behandelten Habit. Um die Lenden knüpfte
er aus Stoff den mit einem Rosenkranz behangenen Gürtel. Auf den Kopf
setzte er einen Korb mit künstlichen Blumen. Auf diese Art wollte er
die Heiligenfiguren etwas mehr dem Raum angleichen. 06)
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Hinweis:
Antonius lebte im 13.Jh und war ein begnadeter Redner, der
sich gegen die damaligen Häretiker
(Katharer, Albigenser und Waldenser) wandte. Seine Fastenpredigten
in Padua 1231 hatten einen sensationellen Erfolg, denn die ganze Region
schien danach wie umgewandelt: Schulden wurden erlassen, zerstrittene
Familien versöhnten sich, Diebe gaben das gestohlene Gut zurück,
unrechtmäßige und überhöhte Zinsen wurden den
Schuldnern zurückerstattet. Bis heute gilt in Italien ein damals
erlassenes Gesetz, dass niemand mit seinem Leben und seiner Freiheit
für eine Schuld haften solle, sondern nur mit seinem Eigentum.
Antonius wird als Hilfe zum Wiederauffinden verlorener Gegenstände
angerufen und gilt deshalb als "Patron der Schlamperer".
Dies geht auf zwei Legenden zurück: Als ihm ein Manuskript gestohlen
worden war, betete er so lange, bis der Dieb damit zurückkehrte.
Schöner ist die zweite Legende, nach der er einem Geizhals half
sein Herz zu suchen und es in einer Geldtruhe fand. Die Darstellung
mit dem Jesuskind auf seinem Arm ist bei uns erst seit dem 17.Jh verbreitet;
sie verweist auf eine seiner Visionen, die er beim Bibellesen hatte.
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Gemälde
im Rindenrahmen
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Auf dem Altartisch stehen
zwei Gemälde
in schon etwas löchrigen Rinden-Rahmen. Sie zeigen Jesus an
der Geißelsäule und die trauernde Muttergottes,
die zusammen mit Johannes (?) der Geißelung zuschauen muss.
Die beiden Bilder dürften eine Einheit bilden; verbindendes
Element in beiden Gemälden ist die Marmorsäule.
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Gemälde
im Rindenrahmen
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Hinter dem Altar
liegt der ehemalige Zugang zur Kapelle von der Klause her.
Vor
dem Altar ist in den Fußboden ein großes Epitaph
eingelassen. Es enthält mindestens drei Wappen, aber keinen Text.
Das große mittlere Wappen zeigt als einzige Darstellung einen
nach rechts stolzierenden Hahn. |
Epitaph
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Ewig-Licht-Ampel
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Über
dem Epitaph hängt eine Ewig-Licht-Ampel.
Auch sie ist -wie der größte Teil der übrigen Einrichtung-
aus Tannenzapfen, Rindenteilen, Muscheln und Perlen hergestellt. Ob
darin tatsächlich eine Ewig-Licht-Lampe gebrannt hat, ist eher
unwahrscheinlich. |
Eine weitere Bodenplatte erinnert
an den ehem. Schlossherrn. Der Text lautet: "Hier ruhte bis zur Überführung
in das Mausoleum (sog.Rockerl) vom März 1904 bis 8.November
1905 Eduard James Haniel von Haimhausen".
Votivgaben
Votivgaben
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Noch erhalten sind auch zwei
grob geschnitzte hölzerne Hände, die sicherlich als Votivgaben
in die Kapelle gebracht wurden. Nach einer volkstümlicher Überlieferung
soll es sich um Nachbildungen der Hände der Klausner handeln,
die sie nach vollendeter Ausstattung der Kapelle opferten; nach
einer weiteren Version soll ein früherer Kaplan der Kapelle
ein Adeliger gewesen sein, "dessen Hände mit Blutschuld befleckt
waren''.
Er habe deshalb gelobt, "die Kapelle mit diesen Händen zur
Ehre Gottes und Marias auszuschmücken und zur Erinnerung daran
zwei hölzerne Hände zu stiften".
Auch die beiden Messer, mit denen die Schnitzereien angeblich ausgeführt
wurden, sind noch vorhanden.
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Hans Schertl
Quellen:
01)
Michael Wening,
"Historico-topographica descriptio Bavariae", Band 1, 1701
02) Hugo
Straßer, "Nova et vetera de parochia Haimbhusiaria", 1901
03) Dr.
M. Hartig,
Die Kirchen des Dekanats Dachau, 1938
04) Robert
Böck, StA München, K 596-Hofmark Haimhausen (Kapellenbau
u.Kaplan)
05) Heimatbuch
des Landkreises und der Stadt Dachau, 1971
06)
Dachauer Nachrichten
vom 24.08.1983
07) Markus
Bogner, Chronik von Haimhausen, 1991
08) Robert
Böck, Wallfahrt im Dachauer Land, Bd 7 der Kulturgeschichte des Dachauer
Landes, 1991
09)
Bauer/Rupprecht,
Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, 1996
10) Robert
Plötz, Unsere Wallfahrtsstätten, 2001 (Madonnenstatue)
11) Johann
Schnell, Die Schlossklause mit Kapelle, 2007
12)
Sigrid Gensichen, Auratisierte
Materie, in: Die Eremitage von Schloss Favorite Rastatt, 2018
13)
Liste der_Baudenkmäler
in Haimhausen, Nr. D-1-74-121-7
14)
Dr.Georg Werner, Eremiten im barocken Bayern, Dissertationsschrift S.113,
2017 (ISBN 978-3-8309-3632-9)
23 Bilder: Johann Schnell (1), Ortsarchiv Haimhausen (1), Hans
Schertl (20)
11.5.2021
Die
Wallfahrt Neukirchen beim Heiligen Blut
Neukirchen
beim Heiligen Blut liegt in der Nähe von Furth im Wald an der der
Grenze zur Tschechei.
Am Anfang der Wallfahrt in stand ein Hostienwunder:
Ein Bauernsknecht, der am
Samstagabend zu viel getrunken hatte, ging bei der Sonntagsmesse zur Kommunion
und musste sich auf dem Heimweg übergeben. Die Hostie blieb auf einem
Eichstock liegen. Der für Neukirchen zuständige Pfarrer von
Eschlkamm brachte sie gereinigt wieder in die Kirche zurück; doch
am nächsten Tag lag die Hostie wieder auf dem Eichstock. Daraufhin
baute man dort eine kleine Kapelle zur Heiligsten Dreifaltigkeit.
Das Marien-Gnadenbild
befand sich ursprünglich in der Kirche des Dörfchens Laucim
bei Klatau in Tschechien (25 km von Neukirchen entfernt). Es stand im
Ruf der Wundertätigkeit. Als nach dem ersten Prager Fenstersturz
1419 die Reformbewegung der Hussiten die religiöse und weltliche
Macht übernahmen, fürchteten die Katholiken um die Sicherheit
des Gnadenbildes und brachten es nach Neukirchen. Hier wurde sie in der
Feldkapelle zur Heiligsten Dreifaltigkeit aufgestellt und geriet als Gnadenbild
wohl in Vergessenheit.
Um 1450 geschah das Wunder, das die bis heute währende Marienwallfahrt
begründete:
Der Chronist Fortunat Hueber berichtete in drastischen Worten von einem
"gottlosen Menschen,
- seiner Nation ein Böhamb,
- seines Irrthumbs ein Hussit,
- seiner Sitten ein Barbar und
- seiner Aigenschaft ein Bößwicht",
der an der Kapelle vorbeiritt und die Marienstatue entdeckte. Beim ihrem
Anblick "fangt er an, von innerlichem Gift auffzublasen, aus den
Augen zu funcken, die Stirn einzuziehen, alle Glider zum Laster loßzulassen,
vor Zorn und Unwillen sich auffzubäumen und mit vermainten Eyfer
geschwind ein bestürztes Übel anzustifften".
Der Übeltäter warf die Statue in einen nahegelegenen Brunnen.
Doch sie kehrte jedes Mal wieder auf ihren Platz zurück. Da zückte
der Mann seinen Säbel, hieb auf die Statue ein und spaltete "das
Haupt bis in die Stirn". Aus der Wunde floss rosenfarbiges Blut,
worüber der Frevler so stark erschrak, dass er fliehen wollte. Doch
sein Pferd blieb wie angewurzelt stehen und war nicht fortzubewegen. Da
bekehrte sich der Hussit und verkündete der herbeiströmenden
Bevölkerung, was geschehen war. Die neue Wallfahrt zum Muttergottes
mit dem gespaltenen Haupt war geboren. Die Zeit war günstig. Die
Marienverehrung erreichte damals, im Jahrhundert vor der Reformation,
einen ersten Höhepunkt (mit manchen Übertreibungen).
Nach der Reformation
war Neukirchen zwar als Teil des Pflegamts Kötzting katholisch geblieben,
die ganze Umgebung aber, die Oberpfalz und Böhmen, war vom Calvinismus
geprägt, der für Marienwallfahrten überhaupt nichts übrig
hatte. Da griff die Politik ein: die bayerischen Herzöge bauten die
Wallfahrt aus mit dem Ziel der "Rückführung protestantischer
Landschaften zur wahren Kirche". Die Kapelle wurde zur Kirche erweitert.
Daneben hat man Kloster gebaut. Im Jahr 1671 kamen fast 70.000 Pilger,
ein Drittel aus Böhmen. In der Zeit der Aufklärung ging die
Wallfahrt zurück, doch sie hat die Jahrhunderte bis heute überdauert.
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Eremiten
im barocken Bayern
Auszug aus
der Dissertationsschrift (S. 113) von Dr.Dr.Georg Werner, 2017
14)
"Bis
heute verhältnismäßig gut erhalten blieb die um 1695 errichtete Eremitage
im Garten des Schlosses Haimhausen an der Amper. Zwei 1701 gestochene
Kupferstiche von Michael Wening zeigen die damalige Lage der Loretokapelle
mit der südlich anschließenden Klause: Durch einen Flussarm der
Amper vom Schloss getrennt und eingefriedet durch eine niedrig gestutzte
Hecke lag sie im Obst- und Baumgarten des Herrschaftssitzes.
In Wenings Beschreibung von 1701 wird seine Begeisterung für die (geschaffene)
Natur deutlich:
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"Schließlich
und kurtz zu sagen, ist dises Haimbhausen ein so Edles gesundes Lustorth,
daß die Natur und Kunst nicht allein zu einer guten Würthschafft,
gut Lufft und genug Wasser verschaffet, sondern auch die Menschen
sich mit allerhand groß und kleiner Jagdbarkeit auch stattlichen Fischereyen
erquicken können, wie dann das schöne Kunst gebaute Vogl- und Fasanen-Hauß,
nebst schönen Alleen. Bluem Kräutl und grossen eingemaurten Baumgarten
(darinn ein schöne und mit einer Capell wol gebaute Clausen ist) sonderbar
zu sehen." |
Bis heute erhalten ist der Innenraum der Kapelle, die der Eremit
Fr. Norbert Scheidler (1722-1792) Mitte des 18.Jh. gestaltete und mit
Baumrinden, Schuppen von Tannenzapfen, Muscheln, Perlen und Kieselsteinen
dekorierte flankieren Figuren des Heiligen Franziskus und des Franziskanermönches
Antonius den Altarschrein mit der Figur der verehrten Muttergottes, die
das Jesuskind auf dem Arm hält. Die Kutten der beiden Mönche sind aus
Tannenzapfenschuppen und die Blumen in den Körben aus Muscheln geformt.
Ein
Ornament, ebenfalls aus Naturmaterialien, umrahmt das Deckengemälde mit
der Heiliggeisttaube und den Engeln. Muscheln und Steine verzieren darüber
hinaus weitere bauliche Elemente des Kirchenraumes, wie es während der
Barockzeit in der höfischen Grottenarchitektur modern war. Die vor allem
in höfischen Kreisen beliebte Grottendekoration verband Natur und Kunst
zur künstlichen Wildnis. Hier in der Ruhe und Einsamkeit hoffte man, Gott
zu finden.
Der Erbauer der Klausenkapelle, Frater Norbert, betreute auch die Schlosskapelle,
hielt Schulunterricht, beriet Kranke und gab Medikamente. Für seinen Unterhalt
sorgte die Schlossherrschaft. Sechs Jahre nach seinem Tod gab es keine
Eremitenschule und wahrscheinlich auch keinen Einsiedler mehr. In der
ehemaligen Klause wird heute üppiger aufgetischt. Ein Lokal nützt derzeit
die zum Restaurant umgebauten Räume."
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