Marienkapelle
in GAGGERS
Odelzhausen,
Gaggers Str. 2
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Beschreibung
Gaggers
ist die höchstgelegene Ortschaft der Gemeinde Odelz-hausen (523
m). Der Ort und seine Umgebung sind alter Siedlungs-raum.
Im
Jahr 1751 wurden hier 1366 goldene Regen-bogenschüsselchen
(Münzen) aus keltischer Zeit (2.Jh vor Chr.) gefunden.
Sie waren wohl in Manching geprägt worden. Leider sind
nur noch 11 Münzen erhalten, die heute in der staatlichen
Münzsammlung aufbewahrt werden; die übrigen wurden
1753 im Rahmen der Prägung von Golddukaten eingeschmolzen.
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Keltische
Münzen
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Ausgegraben
hatten die Münzen Bewohner der Umgebung. Die bayerische Obrigkeit,
die den Schatz für sich beanspruchte, erkann-te die kunsthistorische
Bedeutung der Münzen nicht und war nur an ihrem Materialwert
interessiert. Sie hat "mit allen Mitteln der Wahr-heitsfindung"
die Stücke von der Bevölkerung herausgepresst. So wurde
auch z.B. Pfarrer Rottmanner wegen angeblicher Unterschla-gung zwei
Monate ins Gefängnis gesperrt.
Der
Name Regenbogenschüsselchen leitet sich von der Sage ab, nach
der an beiden Enden des Regenbogens Goldschätze liegen, die
das Licht in Form eines Regenbogens zueinander reflektieren.
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1760 gehörte ein
Anwesen (Kistler 1/16) dem Kloster Altomünster, die übrigen
Anwesen zum Landgericht Aichach. 10)
1820 lebten in Gaggers 55 Einwohner (Katholiken) in 10 Häusern. 01)
Kapelle
Die Kapelle
steht inmitten des Dorfes an der Straße nach Sittenbach, im Schatten
einer mächtigen, fast 200 Jahre alten Linde.
Sie wurde im Jahr 1857 erbaut und ersetzte eine hölzerne Vorgängerkapelle.
Der durch gelb gestrichene Lisenen
gegliederte Bau besitzt ein ziegelgedecktes Satteldach. Der Altarraum
ist nicht ausgeschie-den. Der Kapellenraum wird durch vier rundbogige
Fenster erhellt. Über dem Eingang sitzt ein kleiner Turm, ein Dachreiter,
mit kupfernem Spitzhelm. An der Frontseite befindet sich neben dem Portal
ein Durchblick. Darüber eine Figurennische und ein Rundfenster.
Beschreibung
1895
Figuren in der Kapelle von
Gaggers sind auch im Verzeichnis der Kunstdenkmale des Königreichs
Bayern erwähnt, dessen Dachauer Teil 1888 von Prof. Gustav von Bezold
und Dr. Georg Hager bearbeitet und 1895 von Betzold und Dr. Riehl im Auftrag
des Königl.Bayer. Innenministeriums herausgegeben wurde. Dort heißt
es:
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"Kirche |
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Auf
dem Altar zwei Engel. Bemalte Holzfiguren um 1500, sie schweben beide
in knieender Stellung; des einen Gewand flattert nach links., des
andern nach rechts. H. 31 und 28 cm. |
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An
der Wand rechts vom Altar Pieta. Maria sitzt auf gothisch profilirter
Bank und hält den Kopf des nach links liegenden Christus mit der Rechten,
mit der Linken hält sie ihren Mantel um dessen Leib und fasst denselben
unter der rechten Achselhöhle. Um 1500. Holz. H. 48 cm. (jetzt
in Sittenbach)
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An
der linken Wand bemalte Holzfigur des S. Martin; er hält mit
der Rechten ein Buch, mit der Linken den Bischofsstab; neben seinem
linken Fuss eine Gans. H. 85 cm. Um 1500.
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Im Jahr 2000 wurde die Kapelle außen,
im Jahr 2004 auch im Inneren renoviert.
Früher, auf jeden Fall noch
im Jahr 1895, befand sich in der Kapelle die Figur einer Pieta
aus der Zeit um 1530, die nunmehr in der linken Seitenkapelle der Pfarrkirche
in Sittenbach zu sehen ist.
Innenausstattung
Der kleine Altar mit Säulchen,
Sprenggiebel
und einer goldumrahmten Altarnische stammt aus der Barockzeit.
Madonna
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In
der Altarnische sitzt auf einem hölzernen Thron die Figur
einer mit rotem Brokatstoff bekleideten Madonna
mit Kind, die auf das Marienpatronat der Kapelle hinweist. Maria
und das Kind sind mit den königlichen Insignien Kronen,
Zepter und Reichsapfel dargestellt. |
Hinweis:
Der Apfel hat in der christlichen Kunst neben dem "Paradiesapfel"
noch eine weitere Bedeutung: Er steht für den Kosmos und -seit
die Kugelform der Erde durch die Kirche anerkannt ist- als Symbol
der Erde. In der Hand von Jesus ist er das Zeichen der weltlichen
Herrschaft. Deshalb hielt auch der deutsche Kaiser bei offiziellen
Anlässen den mit einem Kreuz geschmückten Reichsapfel in
der Hand - und zwar ebenfalls in der Linken, so wie die Jesusfigur
hier in Gaggers. 8)
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Klicken Sie auf die Figuren:
Sie erhalten dann größere Bilder
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Unter dem etwas nach vorn springenden
Nischenboden am Altar
hängen vergoldete Quasten. Vor den Säulchen sind zwei Leuchterenglein
mit Kerzen angebracht.
Assistenzfiguren
Als Assistenzfiguren dienen zwei kleine Figürchen:
- eine Nachbildung der Altöttinger Madonna (links) und
- eine Figur des hl. Josef mit einer langen Säge, die ihn
als Zimmermann ausweist. Der Pflegevater Jesu hält auch eine Lilie
in
der Hand, die an die Keuschheit der Josefsehe erinnert.
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Hinweis: Das aus
Lindenholz geschnitzte Gnadenbild von Altötting ist wohl
um 1330 am Oberrhein entstanden und kam um 1360 als Geschenk des Zisterzienserkloster
Raitenhaslach nach Altötting. Die Figur war ursprünglich
wohl rosa bemalt. Wahrscheinlich ist die schwarze Farbe im Laufe der
Jahrhunderte durch Nachdunklung des Holzes und durch den Kerzenrauch
in der engen Kapelle entstanden. Manche Historiker glauben auch, dass sie bewusst gefärbt wurde und verweisen auf das Hohe Lied
des Salomons aus dem Alten Testament: "Schwarz bin ich, doch
schön". Schwarze Madonnen galten im späten Mittelalter
als besonders wundertätig. Dies mag seinen Grund auch darin haben,
dass die schwarzen Madonnen besonders alt sind und ihnen deshalb eine
größere Anzahl von Erhörungen zugeschrieben werden
kann. |
Altartisch
Auf dem Altartisch
steht -jedenfalls in der Passions-zeit- ein Glasschrein mit einer
Figur des Christus auf der
Rast. Der von vielen Wunden gezeichnete Jesus sitzt auf einem
Felsen. Das Kreuz liegt zu seinen Füßen auf der Erde. Er
stützt sein Kinn auf den linken Arm. |
Christus auf der Rast
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Figuren von "Christus
auf der Rast" sind nicht selten in den Kirchen des Landkreises Dachau.
Ähnliche Figuren stehen auch in Asbach, Bergkirchen, Biberbach,
Haimhausen, Kleininzemoos, Kollbach, Oberumbach, Röhrmoos, Rumeltshausen,
Schönbrunn, Unterumbach, Tandern, Wiedenzhausen und Westerholzhausen. |
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Die Darstellung Christus auf der Rast geht zurück auf die heimlichen
Leiden Christi. Das sind Schilderungen und bildliche Darstellungen
von Martern Christi vor seiner Kreuzigung, die nicht in den Evangelien
erwähnt werden. Sie entsprangen der Passionsmystik des Mittelalters
und wurden in der Barockzeit von den Jesuiten und Franziskanern
für Zwecke der Gegenreformation wieder belebt. Zu diesen heimlichen
Leiden gehören Darstellungen von Christus im Kerker, von Maria
mit ihrem toten Sohn Jesus auf dem Schoß (Vesperbilder) und
Christus auf der Rast. Letztere stellen Jesus dar, der nach dem
Kreuzweg, kurz vor seiner Kreuzigung auf einem Stein oder dem Kreuz
sitzt, seinen Ellbogen an den Schenkeln aufstützt und das Kinn
bzw. eine Wange mit einer Hand hält. Eine uralte Geste der
Klage und Trauer. Diese Art der Gestaltung heißt im Volksmund
manchmal auch "Zahnweh-Herrgott".
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Auf beiden Seiten des Altars sind
schöne Wandlaternen angebracht.
Links vorne hängt ein Kruzifix
mit einer darunter stehenden Madonnenfigur (mater dolorosa). Der lange senkrechte
Kreuzbalken weist es als Vortragekreuz aus.
Wandbemalung
Hinter dem Kruzifix wurden kleine Teile der Wand-bemalung
unter vielen Tüncheschichten freigelegt. |
Wandbemalung
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Sie zeigen, wie farbig
die Kapelle früher ausgemalt war. Für eine weitere Freilegung
fehlt derzeit das Geld. |
Figuren
St.Martin
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Auf der linken Seite steht
eine farbenprächtige Figur des hl.Martin
im Bischofsornat. In den Händen hält er die Bibel und
den Bischofsstab. Zu seinen Füßen sitzt eine Gans. Die
Figur ist auch im Verzeichnis der Kunstdenkmale des Königreichs
Bayern von 1895 enthalten. Dort heißt es:
"An
der linken Wand bemalte Holzfigur des S. Martin; er hält mit der
Rechten ein Buch, mit der Linken den Bischofsstab; neben seinem
linken Fuss eine Gans. H. 85 cm. Um 1500. "
Hinweis: St.Martin ist eine
historische Person. Er wurde gegen seinen Willen 371 auf Drängen
des Volkes zum Bischof von Tours ernannt. Die Legende berichtet,
er habe sich in einem Stall versteckt, um der Wahl zu entgehen,
doch hätten ihn die Gänse durch ihr Schnattern verraten.
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Die
große Sebastiansfigur
an der rechten Wand wurde noch im 18.Jh. geschnitzt. Sebastian ist
an den Marterbaum gefesselt und von mehreren Pfeilen durchbohrt.
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Hinweis:
Sebastian soll nach der Legende im 3.Jh.ein Offizier der kaiserlichen
Garde gewesen sein. Auf Befehl des Kaisers Diokletian wurde
er wegen seines Glaubens mit Pfeilen durchschossen. Er erholte
sich aber durch die Pflege von St.Irene, der Witwe des Märtyrers
Kastulus, bekannte sich erneut zu seinem Glauben und wurde daraufhin
mit Keulen erschlagen.
Teile der Reliquien Sebastians sind angeblich im ehemaligen
Kloster Ebersberg in Oberbayern zu finden. Auf seine Anrufung
hin, soll eine Pestepidemie abgewendet worden sein. Der heilige
Sebastian wird deshalb als Pestpatron und -der Pfeile wegen-
als Patron der Schützenbruderschaften verehrt. |
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St.Sebastian
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An
der rechten Wand hängt ein Bild des Jesuskindes
im vergoldeten Rahmen. Das Kind scheint mit ausgebreiteten Armen auf
den Besucher zuzuschweben. |
Jesuskind
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Denkmal
Die Kapelle gehört
zu den Baudenkmälern der Gemeinde Odelzhausen
11)
.
In der Denkmalliste ist sie unter der AktenNummer D-1-74-135-114; Gaggers
Straße; Rechteckbau mit Giebelreiter, 1857"
aufgeführt.
Hans Schertl
Quellen:
01)
Tabellarische Beschreibung des
Bisthums Freysing nach Ordnung der Decanate-Deutinger, 1820, S.18
02)
Bezold/Riel,
Kunstdenkmale des Königreichs Bayern, 1895
03)
Wolfgang
Altmann, Neue archäologische Funde der Kelten und Römer im Dachauer
Land, Amperland 1992/1
04)
Dachauer
Nachrichten vom 14.7.2004 u. 22.7.2004
05) Dachauer
SZ vom 14.15.8.2004
06) Fam.Arzberger,
Gaggers, 2006
07) http://www.archaeologie-dachau.de/webseiten/logo.php
(Zugriff 2015)
08)
Eckhard
Bieger, Das
Bilderlexikon der christlichen Symbole, 2008
09)
Tilman
Mittelstrass, Turmkirche, Burgturm, Schlosskapelle in Altbayern, Amperland
2011/3,4 (Regenbogen)
10)
Hiereth,
Sebastian: Die Landgerichte Friedberg und Mering, Historischer Atlas von
Bayern, Stand 1760
11)
Liste der Baudenkmäler
in der Gemeinde Odelzhausen, Internetzugriff 2023
10 Bilder: Hans Schertl
26.4.2022
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