SICKERTSHOFEN
- die Fresken
Albrecht Kölberlin,
München
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Die an Innen-Süd-
und Nordseite der Kirche erkennbare Malerei besteht
aus mehreren Schichten:
Die erste Malschicht,
reine Fresko-Technik, ist vermutlich im ganzen Innenraum
vorhanden. Hinweise darauf liefern mehrere Untersuchungs-stellen.
Auch die darüber liegende zweite Malschicht
in Kalk-Fresko-Technik (Malerei in nasse Kalk-Sand-Schlämme)
dürfte den gesamten Innenraum überziehen.
Sie ist im gegenwärtigen Zustand an der Nordseite
unter der Kalkgrundierung der dritten Schicht
mit bloßem Auge erkennbar. Freigelegt wurden von
dieser Schicht bisher aus Kostengründen nur kleine
Flächen. Sie stellen im linken Feld das Abendmahl
und im rechten Feld eine Szene mit Christus am Ölberg
dar.
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Vermutlich ist aber
die gesamte Passion dargestellt, in eingegrenzten Feldern,
über den ganzen Innenraum verteilt. Beschreibung der
freigelegten Flächen siehe unten. Die dritte Malschicht
wurde in schlecht haftender Seccotechnik
aufgebracht. Hier machen sich bereits die verschiedenen Spannungen
mehrmaliger Tünchungen bemerkbar. An der Südseite
(Darstellung einer Bäuerin, s. Bild rechts) und an der
Nordseite sind sehr kleine Stellen dieser Malschicht freigelegt.
Während im Mittelalter
die Gegenwart Christi noch durch Heiligenschein und goldenem
Hintergrund zum Ausdruck kommt, fehlen auf diesen (wohl um
1500 schon unter dem Einfluss der Renaissance entstanden)
Fresken diese Kennzeichen. Das Interesse gilt bereits dem
naturalistischen Erfassen des Menschen. Auffällig ist
die Berücksichtigung der biblischen Berichte und das
souveräne Umgehen mit diesem Material.
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Fresko an der Südseite
Darstellung einer Bäuerin
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Thema sind zwei zentrale biblische
Geschichten:
- Die Stiftung des Hl. Mahles mit
erläuternden biblischen seelsorgerlichen Begleitumständen (Abendmahl)
und
- der Kampf in Gethsemane.
Abendmahl
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Die Person Jesu beim
Abendmahl ist nur durch den Blick herausgehoben, der den Betrachter
an jedem Platz trifft. |
Jesus
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Alle anderen Personen
meiden mit ihrem Blick den Betrachter und beschäftigen sich miteinander
oder blicken auf die Speisen.
Die Jüngergruppe zur
Rechten Jesu ist, nach ihren Handbewegungen zu urteilen, noch mit
dem Abendessen beschäftigt.
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Obwohl die biblischen Berichte vom
Essen des Paschalammes reden, ist der Tisch anders gedeckt: Zwei Fische
und ungesäuertes Brot. Von einem der Fische ist nur noch die Gräte
vorhanden. Damit wird das Ende des Mahles angezeigt. Dass hier Fische
auf dem Tisch liegen, zeigt deutlich, dass nicht die Abbildung des historischen
Abendmahles beabsichtigt ist, sondern die eucharistische Speisung der
Gläubigen durch Christi Fleisch und Blut im Vordergrund steht.
In den ersten Jahrhunderten des Christentums waren die Prototypen für
die eucharistische Speisung der Fisch und die Brote, wie sie sich in den
biblischen Erzählungen von der wunderbaren Speisung der Fünftausend (Joh.
6 u. Matth. 14,) und der Speisung der Jünger nach der Auferstehung am
Ufer des Sees Genezareth (Joh. 21) zeigen. Deshalb hat man auf schon auf
frühchristlichen Abendmahlsdarstellungen das historisch korrekte Paschalamm
durch den Fisch ersetzt. Dies hat sich bis heute fortgesetzt.
Nach dem Mahl schließt sich
das Gespräch mit Judas dem Verräter an. (Matt. 26, 21-25 und
Joh. 13, 21-26). Dieser Zeitpunkt wird im Fresko festgehalten. Er ist
der Wortwechsel, der zwischen Jesus und den beiden Jüngern zu seiner
Rechten angedeutet wird. Danach müsste es sich bei ihnen um Johannes
und Petrus handeln. Von den elf noch vorhandenen Jüngern steht die
Gruppe von fünf Jüngern links von Jesus unter dem sie erregenden
Thema: "Herr wer ist's ?" (Matth. 26, 22). Die zweite und dritte Jüngergestalt
zur Linken Jesu gibt mit ihrer Fingersprache deutlichen Ausdruck dieser
Frage.
Der 12. Jünger -Judas Ischarioth -gehört nach der 1. Fassung
des Abendmahlfreskos zur Jüngerschar. Sein Platz ist unterhalb des
Kelches. Die Hand unterhalb der beiden Fische gehört zu der verschwundenen
Gestalt. Es ist anzunehmen, sowohl im Abend-mahlsbericht wie der Gesamtkonzeption,
dass hier Judas seinen Platz hatte. Die 2.spätere Überarbeitung
hat die Judasgestalt entfernt.
Apostel Johannes
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Einen auffallenden
Platz nimmt beim Abendmahl sowohl in der Bibel als auch im Fresko
der Jünger Johannes ein (Joh. 13, 23-26). Er liegt bei der Tischrunde
an der rechten Seite Jesu und genießt sein besonderes Vertrauen.
Das Fresko bringt zum Ausdruck: Johannes hat jünglingshafte Gesichtszüge
und ist in antwortlose Nachdenklichkeit versunken.
Rechts von Johannes sitzt vermutlich Petrus (Joh. 13, 24). |
In
die Bildende Kunst fand das letzte Abendmahl erst im 5./6. Jh. Eingang. Ursprünglich wurde Jesus
an der linken Ecke der Tafel sitzend wiedergegeben, ab dem 11. Jh. meist
in der Mitte thronend, flankiert von seinen Jüngern, wie hier in
Sickertshofen.
Ölbergszene:
Die Gesichtszüge von
Petrus sind auch bei der Jüngergestalt auf dem Gethsemane-Fresko
wiederzuerkennen. Gerade der erste der Apostel versagt, als der
Herr ihn im schwersten Kampf vor Leiden und Tod um seine Nähe
und Fürbitte bittet. Er schläft, nachdem er einige Stunden
vorher das Sühneopfer Jesu im Hl. Mahl erhalten hat (Math.
26, 37, 40).
Dahinter steht die Frage:
Welche Jüngergemeinde ist würdig, Leib und Blut Christi
zu empfangen ? 11 oder 12 Jünger ?
Mit Judas und Petrus oder ohne sie ?
Mittelalterliche Predigt und
Sakramentsempfang bestimmen die Fresken. Die überwiegend analphabetische
Hörergemeinde bedarf der Veranschau-lichung: Die Erlösung
von den Sünden ist umfassend. Sein Angebot gilt allen. Der
Engel stärkt Jesus in Gethsemane mit dem Kelch, stärkt
ihn zum Kreuzesleiden. Im Gethsemane-Fresko hält Gott Hostie
und Kelch für ihn bereit. So wird der Gemeinde Erlösung
aus letzter und tiefster Not ihrer Sünde in den Fresken verkündet:
Sie haben Christus vor Augen. Die unwürdige Jüngerschar
empfängt Rettung in dem was Christus für sie tut und opfert.
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Ölbergszene
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Quellen:
Albrecht Kölberlin, München
Putz/Niederle, Kirchen und Kapellen im Gemeindebereich Schwabhausen, 1988
Heinrich und Margarethe Schmidt, die vergessene Bildersprache christlicher
Kunst, 2007 (Joh.6)
6 Bilder: Hans Schertl (2001-2003)
6.3.2022
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