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vom RESTAURIEREN DER GEMÄLDE
Auszug aus einem Artikel der Monatszeitschrift "Die Christliche Kunst" vom Juni 1924

Herr Pfarrer St. Braunmüller zu Jarzt bei Unterbruck in Oberbayern ließ im Sommer 1919 das Hochaltarblatt der dortigen Kirche restaurieren. Es stammt aus den letzen Jahren des Antonio Zanchi (wohl 1723) und schildert den Abschied Jesu von Maria vor seinem Gange zu Leiden und Tod.

Über die Restaurierung hat der Maler und Gemälde-Restaurator Anton Baur aus München folgenden Bericht verfasst:

"Vor der Inangriffnahme machte der Zustand dieses Bildes den Eindruck großer Verwahrlosung. Beinahe 70 Jahre lang blieb es unberührt, so daß weder der Staub entfernt oder ein Firnis aufgetragen wurde; so ist es auch leicht begreiflich, dass dieses Bild in der an und für sich feuchten Kirche sehr gelitten hat und aussah, als ob ein dichter Schleier oder grauer Nebel darüber läge.

Das untenstehende Bild zeigt, wie ein Stück gereinigt ist und läßt den kraßen Kontrast zwischen gereinigter und ungereinigter Fläche erkennen.
Die Abbildung zeigt aber nicht den wirklichen früheren Zustand - denn bevor ich dieses Stück reinigte, nahm ich fast am ganzen Bild mit Schwamm viel Vogelkot und Staub weg.

Die ungereinigte Fläche ist hier nur zersetzter (vergilbter) Firnis mit eingefressenem Staub. Bevor ein solches Bild gereinigt und der alte Firnis abgenommen wird, muß dasselbe zuerst nach allen Richtungen hin untersucht werden

Ist das Leinen eines alten Bildes so morsch und spröde, daß es sich nicht mehr spannen läßt, so gibt es keinen anderen Ausweg, als das ganze Bild mit einer neuen Leinwand zu verbinden; auch wenn größere Risse oder Löcher vorhanden sind das Leinen aber noch fest und stark genug wäre, daß es gespannt werden könnte, empfiehlt es sich, das ganze Bild auf eine neue Leinwand zu bringen, denn das Überkleben mit Flecken auf der Rückseite ergibt nie eine restlose Renovierung.

Dieses Bild konnte ohne neue Leinwand gespannt werden, nach ca. 30-40 Jahren wird aber durch Abrosten der Nägel der Halt so schwach werden, daß eine neue Leinwand unentbehrlich wird.

Nun das Reinigen und Wiederauffrischen oder Erneuern des alten Lackes oder Firnisses:
Das Reinigen eines alten Bildes kann auf mehrere Arten geschehen. Die Wahl des Verfahrens hängt ganz von dem Charakter der Verdorbenheit ab. Bei diesem Bilde musste der alte Lack vollständig abgenommen werden, weil derselbe durch und durch vergilbt und grau war und sich durch Alkohol oder andere Mittel nicht regenerieren ließ und zwar musste dies auf feuchtem Wege geschehen. Je nach Beschaffenheit eines Kunstwerk kann unter Umständen auf trockenem Weg das Ziel besser erreicht werden. Der geübte Restaurator wird nach kleinen Proben bald sehen, welches Mittel am besten zum Ziele führt, ohne daß es das Original schädigt.

Ganz kraß ist hier der Unterschied: vor dem Reinigen war alles vollständig verblaßt und grau und keine Leuchtkraft der Farben mehr. Im gereinigten Zustand aber die größte Frische und Leuchtkraft der Farben, nur noch spätere Übermalungen stören den Anblick. Die meisten Übermalungen wurden von mir sorgfältig abgenommen, ausgebrochene Farbenteil, gewissenhaft ausgefüllt und die fehlenden Farben wieder genau ergänzt, so daß dem Beschauer das Bild am Schlusse voll Frische, Leuchtkraft und Feierlichkeit entgegentritt.


Das Bild im heutigen Zustand

Mag die Oberfläche eines Gemäldes noch sowenig hoffnungerweckend aussehen, so darf man daran doch nicht verzweifeln. Hinter Schmutz und grauen oder schwarzen Firnisschichten wurde schon manches Meisterwerk aufgedeckt, oft mit geringen Schwierigkeiten. Nur darf kein Quacksalber darüber kommen; aber leider gehen fortwährend zahllose gute Arbeiten durch falsche Behandlung zugrunde. Es genügt nicht einmal, daß der Restaurator ein geschulter Künstler sei, sondern er muß auch theoretisch und praktisch alle Maltechniken beherrschen, über eine Summe spezieller Fachkenntnisse verfügen und eine besondere Liebe für dieses Fach besitzen.

Das bloße Reinigen eines Ölgemäldes pflegt eine harmlose Tätigkeit zu sein, falls das Gemälde unversehrt ist. Gleichwohl sollte man auch diese Arbeit einem Fachkundigen überlassen, da eine ungeschickte Hand durch schädlichen Druck auf die Leinwand, Nässen der Rückseite oder Verwendung von Putzmitteln, welche Firnis und Farbe angreifen, viel verderben kann.

Verhängnisvolle Folgen zöge das unsachgemäße Putzen nach sich, wenn die Farbschicht Risse, Lockerungen und Blasen aufweist. Das Wiederbeleben oder Abnehmen undurchsichtig gewordenen Firnisses ist einzig Sache des erfahrenen Restaurators, desgleichen das Aufziehen einer neuen Leinwand hinter der alten, das Übertragen der Farbschicht von einer verdorbenen Leinwand oder von einem wurmstichigen Holz auf einen frischen Grund und das Ablösen einer Malerei von der Wand.

Am schwierigsten und verantwortungsvollsten wird das Amt des Restaurators, wenn er zum Pinsel greifen soll, um Löcher und Stellen zu ergänzen, an denen sich die Farbe ganz vom Malgrund losgelöst hat. Eine solche Ergänzungsarbeit darf nur vornehmen, wer sich in die Technik und in die innere Welt des Originals hineinzuleben weiß. Bei ganz hervorragenden Meisterwerken und Bildern aus Privatbesitz sollten in der Regel förmliche Übermalungen fehlender Stellen lieber unterbleiben.

Solche Ergänzungen, welche die Schäden verdecken, ja für die Augen der an Kunstfragen nicht näher interessierten Beschauer beseitigen sollen, sind jedoch kaum zu umgehen, wem, das beschädigte Gemälde nicht in erster Linie dem bloßen Kunstgenuß und kunsthistorischen Studium dient, sondern als Andachtsbild die Aufgabe hat, den frommen Sinn des Beschauers au wecken und zu unterstützen. Zeitweilige Prüfung der Malereien durch einen gewissenhaften Restaurator, rechtzeitiges fachmännisches Reinigen der Ölgemälde könnte das Leben der Kunstwerke verlängern und den Genuß an ihnen erhöhen."


Artikel gefunden von Albert Graf jr, Fahrenzhausen