Wallfahrtskapelle
St.Maria in GEISELWIES
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Kurzbeschreibung
Die Kapelle in Geißelwies
zählt zu den beliebtesten und meistbesuchten Andachts- und
Wallfahrtsstätten im Dachauer Land. Es liegt am Schnittpunkt
der Wege zwischen Sixtnitgern, Langengern und Sittenbach auf einer
großen Waldlichtung.
Ob Geiselwies,
wie es sein Name nahelegt, früher tatsächlich eine Wallfahrt
zum gegeißelten Heiland war, ist umstritten. Der Name kann
auch vom Flurnamen "Gaisiwiz" = Wiese des Georg Seitzen aus St.Johann
abgeleitet sein. Diesem Bauern gehörte damals das Gelände.
Geiselwies war
früher eine Bründlwallfahrt, doch die Quelle ist inzwischen
zugeschüttet. Seit 250 Jahren ist es -auch wegen seiner abgeschiedenen
Lage- einer der beliebtesten Marienwallfahrtsorte des Landkreises.
Das heutige Kapellengebäude stammt aus der Zeit um 1750.
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Die offene Kapelle ist von einem Blechdach überdeckt und mit einem
kleinem Dachreiter mit Pyramidenspitze gekrönt.
Im Umgang hängen viele Votivbilder, die von der Beliebtheit des Wallfahrtsortes
künden. Dabei sind die wertvollsten Bilder sichergestellt.
Hinter der Kapelle stehen noch einige der früher zahlreichen Totenbretter.
Inneneinrichtung
Der Altarraum ist durch ein
auf einer halbhohen Mauer sitzendes Ziergitter völlig vom Andachtsraum
getrennt.
Hinter dem Gitter befindet
sich eine Muttergottes-statue,
die moderne Kopie eines gotischen Mutter-gottesbildes. Viele Votivkerzen
und Rosenkränze schmücken den halbrunden Raum.
Im Andachtsraum stehen 6 Kirchenbänke.
An den Wänden hängen gedruckte Kreuzwegbilder, ein Kruzifix
und mehrere Heiligenbilder.
Links und rechts des Gitters
sind zwei Wandfresken
zu sehen, die Passionsszenen mit Bezug zur Kapelle darstellen:
Jesus wird gegeißelt (Geißelwies) und
Jesus begegnet auf dem Kreuzweg seiner Mutter
(Marienkapelle).
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Vergrößerung
von 5 Details (Marienfigur, Bilder, Kerzen, Votivbild) per Mouseklick
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Die Kapelle steht im Eigentum der Gemeinde
Odelzhausen. Bis 2016 glaubte man, sie sei ein kirchliches Gebäude,
das zur Kirchenstiftung Sittenbach gehört. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse
kamen bei den Vorbereitungen für eine Renovierung von Votivtafeln zutage.
Nun liegt die Baulast bei der Gemeinde. Die Kirchenstiftung Sittenbach hat
aber zugesichert, sich an den Kosten der anstehenden Renovierung zu beteiligen.
Auch die Pflege der Kapelle wird wohl weiterhin die Pfarrei erledigen.
05),
06)
Ausführliche
Beschreibung
mit ikonographischen
und kunsthistorischen Hinweisen
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Zu den beliebtesten
und meistbesuchten Andachts- und Wallfahrtsstätten im Dachauer
Land zählt die zwischen Sittenbach und Sixtnitgern auf einer
Waldlichtung gelegene Marienkapelle in der Geiselwies.
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Hinweis:
Einer Wallfahrt liegt die Überlegung zugrunde, dass an
einem bestimmten Ort Gott mit seinen Gnadenkräften dem
hilfsbedürftigen Menschen besonders nahe steht. Schon die
Christen der ersten Jahrhunderte begannen, das durch die irdische
Pilgerschaft Jesu für sie heilige Land von überall
her zu erwandern.
Das früheste Wallfahrtsziel war das Heilige Grab, das damals
als "Mittelpunkt der Erde" angesehen wurde. Dazu kamen bald
die Gräber der Märtyrer und Heiligen, über die
man Kapellen errichtete. |
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Ob der Name auf eine
frühere Wallfahrt zum gegeißelten Heiland zurückzuführen
ist oder vom Flurnamen "Gaisiwiz" = Wiese des Georg Seitzen abgeleitet
wurde, ist umstritten. Die fast überlebensgroße Statue
des gegeißelten Heilandes, die vielleicht hier einmal stand
und dem zu Ehren diese Waldkapelle errichtet worden sein könnte,
befindet sich heute in der Privatkirche zu St. Johann bei Sixtnitgern.
Diese Unterbringung ist umso verständlicher, als es von der "Gaiselwiz"
bereits 1626 heißt, dass sie dem "Georgen jetzige Seitzen, Pauern
zu St. Johann" gehöre; der Besitzer dieser St. Johann-Kapelle ist
der Bauer Huber, ein Nachfahre des Georg Seitz.
Das eigentliche Heiligtum
von Geiselwies ist jetzt aber die Muttergottesstatue
auf dem Altar.
Nach Abbildungen auf einer Reihe anderer Votivbilder, welche die
stehende Muttergottes ohne Kultkleidung zeigen, dürfen wir
annehmen, dass es sich bei dem ursprünglichen Gnadenbild der
Geiselwieskapelle um eine mehr oder minder freie Nachbildung der
Maria von Altötting handelte, die aus nicht bekannten Gründen
vor längerer Zeit entfernt und zunächst durch eine geschnitzte,
von zwei Engeln flankierte Muttergottesstatue aus der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts ersetzt wurde. An
ihre Stelle trat nach der letzten Kapellenrenovierung die jetzt
dort stehende, moderne Kopie eines gotischen Muttergottesbildes
mit Strahlenkranz.
Eine Muttergotteswallfahrt
ist schon sehr früh anzusetzen. Bereits um die Mitte des 18.
Jh, also um 175o, ist die erste Wall-fahrtsmadonna von Pfaffenhofen
an der Glonn hierher "transferiert" worden. Es war eine tönerne,
angeblich in einem Baum gefundene Madonnenstatue gewesen. Einen
größeren Aufschwung fand diese Gnadenstätte, so
weit abgelegen und mitten in einem großen Wald, erst nach
der Säkularisation im Jahre 18o3, als die Wallfahrt "Maria
Stern zu Taxa" restlos dem Erdboden gleichgemacht wurde.
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Der
Kapellenbau
Der nach vorne offene
Bau mit kleinem Dachreiter und überdachtem Umgang dürfte in
seiner heutigen Form zum Beginn der Marienwallfahrt um die Mitte des 18.
Jh. errichtet worden sein und zwar auf gemeindlichen Grund. Deshalb steht
die Kapelle im Eigentum der Gemeinde Odelzhausen, die damit auch Baulastträger
ist 05).
Die
nach vorne offene Kapelle ist von einem Blechdach überdeckt und mit
einem kleinen Dachreiter mit Pyramidenspitze gekrönt.
Totenbretter
Bis
in die 1960er Jahre war die Kapelle von einer dichten Thujenhecke
umgeben, unter der vierzehn Totenbretter
aufgestellt waren. Zwei dieser Bretter sind im Umgang noch zu sehen.
Totenbretter
wurden früher -mit einem weißen Tuch bedeckt- zur Aufbahrung
der Verstorbenen verwendet. Man hat sie bemalt und mit dem Namen
des Toten versehen. Nach dem Volksglauben konnte der Verstorbene
seine Ruhe im Jenseits erst finden, wenn das Totenbrett vermodert
war. Deshalb haben sich nur wenige Bretter erhalten.
Eines der erhaltenen Bretter wurde für die 1833 im Alter von
42 Jahren gestorbene Katharina Sedlmayr, der "gewesten Bartlbeirin
von Roßbach" gezimmert. Der Spruch darauf lautet:
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Gatte
und Kinder, nur nicht weinen
Wenn Ich von euch geschieden bin
Wahrlich so vor Gotterscheinen
Werden unser Geist und Sinn
Keiner ohne Unterschied
Wie so lang und fern auch ist der Tag
Wo Gott ist zu unserm Auferstehn
Und wir einander Wiedersehn". |
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Totenbretter
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Votivbilder
Im Umgang um die Kapelle hängen
viele Votivbilder. Leider mussten aus Sicherheitsgründen die schönsten
und wertvollsten der Tafeln abgenommen werden; dadurch hat die Andachtsstätte
etwas von ihrem früheren Reiz eingebüßt. Die noch verbliebenen
Bilder und Bretter lassen die frühere Farbenpracht aber zumindest
erahnen. Auch wenn die derzeitigen Bilder künstlerisch und vom Erhaltungszustand
nicht sehr hoch einzuschätzen sind, geben sie und vor allem die darauf
stehenden Texte doch ein beredtes Zeugnis von den Problemen des Alltags
ihrer jeweiligen Zeit und dem unerschütterlichen Vertrauen auf die
Fürsprache Mariens.
Votivbilder
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Hinweis: Das
Präfix "Votiv" kommt aus dem Lateinischen "ex voto" und bedeutet:
"zum Gelöbnis". Die Aufschrift "ex voto" war bereits in altrömischer
Zeit auf Opfergaben gebräuch-lich. Die Sitte setzte sich dann bei
den christlichen Votiv-gaben fort.
Diese
Votivgaben werden zum Dank für den himmlischen Beistand eines Heiligen
bei der Heilung einer Krankheit oder der Lösung eines schwierigen
Problems an einem Wallfahrts-ort ausgestellt.
Meist hatten sich der Kranke oder seine Familie vorher am Wallfahrtsort
an die Heiligen gewandt, denen die Kirche geweiht ist; hier an St.Maria,
der weitaus bedeutendsten unter den himmlischen
Helfern.
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Die Vielzahl der in
den letzten Jahren von den Gläubigen geopferten Kerzen in allen Größen
und Ausführungen, die Rosenkränze, Bilder und Devotionalien
zeugen von der Beliebtheit und dem regen Besuch der Andachtsstätte,
der nicht zuletzt durch die dort abgehaltenen Mai- und Marienandachten
gefördert wird.
Das älteste Votivbild
aus 1779
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Ältestes
Zeugnis für das Bestehen der Wallfahrt ist die ca. 20 x 15
cm große, über dem Bogen der Altarnische eingemauerte
Solnhofener Platte mit der Inschrift:
"Zu
dieser Gnaden Mutter hat sich verlobt ein verheurathe Weibs-Pers:
vonAltomünster
in einer schweren Krankheit.
Gott sey Dank und Maria [für Verleihung]
baldiger Gesundheit. A. W.
EX VOTO 1797".
Die Platte zeigt
im Flachrelief die auf einem Sockel stehende Muttergottes mit dem
Jesuskind auf dem linken Arm. Beide sind mit reichverzierten, kegelförmigen
Kultmänteln bekleidet und tragen Kronen. 1797 herrschte im
Frühjahr lange eine zu nasse Witterung, dann kam eine große
Hitze, die die Wiesen ausdörrte.
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Die
Votivbilder (Votivtafeln) sind in der Regel dreifach gegliedert:
- unten teilt eine Schrift den Anlass
mit
- darüber kniet der Bittsteller,
- im oberen Teil des Bildes, im
Himmel thronen der angerufene
Heilige oder die göttl.Personen und
nehmen den Dank entgegen
Ähnliche Muttergottesdarstellungen
wie auf der ältesten Votivtafel finden wir auf den meisten
Votiv-tafeln, wobei allerdings Maria das Kind häufig auf dem
rechten Arm trägt und in der linken Hand ein Zepter hält;
so wie auf der nebenstehenden Votivtafel von 1875.
Text auf nebenstehender Votivtafel:
Eine gewisse Person verlobte sich hierher und hat auffallende
Hilfe erhalten. Tausend Dank.
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Inneneinrichtung
Der Altarraum ist durch ein auf einer halbhohen
Mauer sitzendes Gitter völlig vom Andachtsraum getrennt.
Hinter
dem Gitter befindet sich eine Muttergottes-statue
aus dem 20.Jh, die moderne Kopie eines gotischen Muttergottesbildes.
Die von einem Strahlenkranz umgebene Muttergottes ist in das traditionelle
rot-blau-goldene Gewand gekleidet. Das Haupt wird von einer hohen
gotischen Krone geziert. Maria trägt das Jesuskind auf dem linken
Arm.
Schön zu sehen ist der sog. gotische Schwung", eine S-Krümmung
des Körpers. Seit dem 13. Jh. sind bei vielen gotischen Figuren
die waagerechten Achsen (Becken, Schultern) gleichsinnig verschoben.
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Gnadenbild
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Der Kopf ist der erhöhten
Schulter zugeneigt. So ergibt sich eine S-Krümmung, die die
steigende Körper-bewegung im Sinne des gotischen, auf die Vertikale
gerichteten Willens betont.
Viele Votivkerzen
und Rosenkränze schmücken die Wand in dem halbrunden
Raum. |
Votivkerzen
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Im Andachtsraum stehen 6 Kirchenbänke.
An den Wänden hängen gedruckte Kreuzwegbilder, ein Kruzifix
und mehrere Heiligenbilder. Im späten Mittelalter hielt man dann
Kreuzwegandachten als Ersatz für die Pilgerfahrt ins Heilige Land.
Wenn Sie mehr über die Entstehung der Kreuzwegstationen und seiner
Darstellungen in Kirchen des Landkreises erfahren wollen, klicken
Sie hier...
Jesus wird gegeißelt
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Links und rechts
des Gitters sind zwei Wandfresken
zu sehen, die Passionsszenen mit Bezug zur Kapelle darstellen:
Jesus wird gegeißelt (Geißelwies) und
Jesus begegnet auf dem Kreuzweg seiner Mutter (Marienkapelle). |
Jesus begegnet seiner Mutter
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Quellen:
01) Wallfahrt im Dachauer Land, Bd 7 der Kulturgeschichte
des Dachauer Landes, 1991
02) "Die Geiselwieskapelle" von Alois Angerpointner,
Amperland 1981/4
03) Lydia Thiel in Chronik der Gemeinde Petershausen,
Band 2, Geschichte und Kultur, 2000
04) Rudolf Goerge, Wäxerne Mändl und gemalte
Ex Votos, Fink, Freisinger Stadtmagazin, 2015/2 (Votivgaben)
05) Horst Kramer, Die Kapelle Geiselwies
gehört Odelzhausen, Dachauer SZ vom 10.4.2017
06) Claudia Schuri, Über Nacht
zum Kapellenbesitzer, Dachauer Nachrichten vom 15./16./17.4.2017
13 Bilder: Horst Lachmann (1), Hans Schertl (12)
12.3.2018
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