zur Landkreiskarte                    Kirchen in Dachau


Würmmühl-Kapelle in DACHAU

      
Lage der Kapelle auf der Landkarte ...

-------------------------------------------------------------------------------
alle Kirchen und Kapellen in der Stadt Dachau auf der Landkarte


Beschreibung

Die Kapelle liegt im Gelände der Würm-mühle zwischen Hebertshausen und Dachau-Ost, nicht weit entfernt von der KZ-Gedenkstätte.

An der Stelle der Würmmühle war in antiken Zeiten der Übergang (keine Brücke, sondern eine Furt) der von Salzburg nach Augsburg führenden Römerstraße über die Amper. Eine Kapelle steht an dieser Stelle schon weit über 1200 Jahre.

Urkundlich erstmals erwähnt wurde sie im Jahr 772 mit dem Salvatorpatrozinium (Urkunde Nr. 52 der Freisinger Traditionen).
05)
Am 20.12.772 übertrugen ein gewisser Edler Muniperht und seine Mutter Adalnia eine Kirche am Fluss Würm (Flumine Uuirma) mit umliegendem Grundbesitz dem Bischof von Freising. 06)

Die Kapelle gehört zu den am frühesten erwähnten Gotteshäusern im Landkreis Dachau. Sie ist Eigentum der Würm-Müller, der Fam. Wittmann.

Die Kapelle hatte in den ersten Jahrhunderten ein Salvatorpatrozinium. Später wurde sie zu einer Marienkapelle umgestaltet. Doch das alte Salvatorpatrozinium ist noch vorhanden, auch wenn es zwei Kilometer weiter nach Nordwesten gewandert ist:
Die neue, im Jahr 1961 errichtete Pfarrkirche in Hebertshausen hat es -in deutscher Übersetzung- übernommen: sie ist dem Heiligsten Welterlöser geweiht.

1917 widmeten die Eigentümer die Kapelle in eine Gedenkstätte für den im Ersten Weltkrieg vielfach ausgezeichneten Sohn Martin Wittmann (gef. 1915) um. Die Ausstattung und das Bildprogramm der Marienkapelle blieb aber bestehen.

1693 wurde die Kapelle erweitert oder neu errichtet und bekam einen neuen Altar.
Erbauer der Kapelle war Erasmus Reismüller (1671/72-1727), der Stammherr eines Reismüllergeschlechts, das einige Jahrhunderte auf der Würmmühle saß. Seit 1956 ist in Dachau eine Straße entlang der Würm nach ihm benannt. Im 17. u. 18. Jh gehörte die Würmmühle zum Pfarrsprengel (Pfarrgebiet) der Pfarrei Mitterndorf. 01)


1841 wird die Würmmühle auch im Topographisch-geographisch-statistischen Lexicon vom Königreiche Bayern 02) erwähnt.
Dort heißt es:
    "Würmmühle, Einöde unweit Prittelbach, an der Würm, mit 8 Einwohnern
     und 1 Mahlmühle, im Landgericht Dachau, wovon sie 3/4 Stunden
      entfernt ist. Sie ist nach Mitterndorf gepfarrt."

Stuck und Deckenfreskos dürften um 1800 entstanden sein 04). Jedenfalls sind sie in den Formen dieser Zeit gestaltet.


Stifterwappen

An der Innen-Rückseite der Kapelle ist über dem Fenster das Wappen von Erasmus Reismüller zu sehen (siehe Bild links). Es zeigt inmitten ausladender heraldischer Verzierungen das blau-weiße Wappen mit dem Mühlen-rad. Unter dem Wappen sind die Buchstaben "E" und "R" sowie die Jahreszahl 1705 zu sehen. In diesem Jahr war wohl der Neubau der Kapelle abgeschlossen.

Im Jahr 2020 wurde die Kapelle außen renoviert und in blau-weiß-grauen Farben neu gestrichen. Diese Farbgebung ist nicht neu, sondern greift die Fassung von 1917 wieder auf. Dazu weiß Dr.Hermann vom LA für Denkmalpflege Folgendes zu berichten:
Bei der Umwidmung der Kapelle in ein Kriegerdenkmal für den Müllerssohn Martin Wittmann hat man für die Außenseite der Kapelle eine Fassung entwickelt, die mit großer Sicherheit von den Bändern der Orden herrührt, die Wittmann verliehen wurden (Eisernes Kreuz, Bayerische Tapferkeitsmedaille, Bayerisches Militärverdienstkreuz). Es sind die Farben weiß-blau und feldgrau.
07)

Baubeschreibung


Fenster
Die Kapelle schließt mit drei Seiten eines Achtecks. Die Kapelle ist mit Ziegeln gedeckt. Sie hat keinen Turm oder Dachreiter. Ihre Außenfront ist durch bis auf den Boden reichende Nischen gegliedert. In ihnen befinden sich Fenster, Wandtafeln und Gemälde. Die Fenster haben eine ovale Form, die in der Barockzeit besonders beliebt war.

Über dem Fenster an der Rückseite ist ein Regenschutz für die Besucher angebracht, die in der Kapelle keinen Platz mehr finden und vor dem Fenster draußen stehen müssen. Eine große, rundbogige Türe führt in das Innere.

Fenster Rückseite

 

Innenausstattung

Deckenstuck und Deckengemälde

Die gewölbte Kapellendecke ist mit Stuck verziert, der vor allem die Gemälde umgibt. Die Einfassung der Rundgemälde und die Begrenzung der Felde-rungen über dem Altar besteht aus Blattgirlanden; in den Felderungen sind stilisierte Stuckblumen zu sehen.

Deckenstuck
Hinter dem Altar ist auf blauem Hintergrund eine Herz-Jesu-Stilisierung im Strahlenkranz zu sehen. Das Herz ist von einer Dornenkrone umwunden; aus ihm schlagen Flammen, über denen sich ein Kreuz erhebt.

Gemälde
Die Deckengemälde bestehen aus vier Rundbildern, die ein Rechteckgemälde umgeben.
Zunächst ist man geneigt, die Deckengemälde als Bilderzyklus des Glorreichen Rosenkranzes anzusehen.
Vier Gemälde entsprechen vier Gesätzen aus diesem Rosenkranz. Doch das 5.Bild (Verkündigung) passt nicht dazu.
So stellen die Bilder wohl allgemeine Szenen aus dem Leben von Jesus und Maria dar.
Leider sind die Gemälde nicht mehr gut erhalten.

1. Die Auferstehung Christi
Christus im weißen Gewand steht vor dem geöffneten Grab, die Siegesfahne über den Tod in der linken Hand. Die Rechte hat er segnend erhoben. Zu seinen Füßen liegen die römischen Wach-soldaten.

Auferstehung
 

Verkündigung
3. Die Verkündigung
Der Erzengel Gabriel überbringt Maria die Botschaft Gottes, sie werde einen Sohn empfangen. Vom oberen Bildrand schwebt der Heilige Geist vom Himmel herab.
 
 
 
5. Die Krönung Mariens im Himmel
Im größeren Zentralgemälde ist die Heiligste Drei-faltigkeit zu sehen: Gottvater mit der blauen Erdkugel und Christus halten einen Lorbeerkranz über das Haupt der sitzende Maria. Der Heilige Geist in Gestalt einer weißen Taube sendet Gnadenstrahlen herab.

Krönung Mariens
 
 
 
 
2. Die Himmelfahrt Christi
Christus schwebt mit ausgebrei-teten Armen zum Himmel. Die Wundmale an seinen Händen und Füßen sind gut zu erkennen. Unten stehen die 11 Apostel (ohne Judas) und blicken erstaunt und ängstlich nach oben.

Himmelfahrt Christi
 

Aufnahme Mariens
4. Die Aufnahme Mariens in den Himmel
Maria, in Gewänder mit den tradi-tionellen Marienfarben Rot und Blau gekleidet, schwebt mit aus-gebreiteten Händen und nach oben gerichtetem Blick auf einer Wolke. Sie wird von Engeln nach oben geschoben. Dies ist ein
      Hinweisdarauf, dass Maria -anders als Christus- nicht aus eigener Kraft in den Himmel aufgefahren ist, sondern in den Himmel aufgenommen wurde.


Altar

Altar
Mittelpunkt der Kapelle ist der aus dem Jahr 1693 stammende Barockaltar mit seinem Retabel (Rückwand) aus dunklem Holz. Das mehrfach vorkragende Gebälk wird von vier gewendelten Säulen ge-tragen; sie sind rot-weiß marmo-riert und besitzen vergoldete Kompositkapitelle.
Das Antependium, die Frontseite des Altartisches, ist mit einer ebenfalls rot-weiß marmorierten Felderung mit Kreuz verziert. In gleicher Weise sind auch die Holzblenden gestaltet, die zwischen Altar und Außenwänden angebracht sind. Ein Altarauszug ist nicht vorhanden.

Altarblatt

Das Gemälde im Zentrum des Altars ist das Bild einer mit vielen Blumen geschmückten Lourdes-grotte. Es wurde von Edeltraut Klapproth (1909-2005) aus Karlsfeld gemalt.
mehr über die Künstlerin Klapproth


Wenn Sie den Altar vergrößert sehen wollen: bitte hier klicken

Um den Altar herum sind mehrere gerahmte Bilder und einige Leuchter an der Wand angebracht.


Kruzifix
An der Wand links vom Altar hängt ein Kruzifix. Es ist von einem großen Rosenkranz umgeben.   In die rechte Seitenwand ist ein Epitaph für Martin Wittmann eingelassen.
Text: "Jüngling Martin Wittmann, Würmmüllerssohn, geboren am 23.Sept. 1890......Bei Ausbruch des Weltkrieges am 1.VIII. 1914 zur Fahne gerufen, zog er am 8.VIII. 1914 als Gefr. d. 3.Kp ins Feld. Beteiligte sich an den Kämpfen b. Cirey, Metz, ...Givenchy, wo er am 14. XI. 15, von einer Granate getroffen, fiel. Er ruht im Soldatenfriedhof zu Avion."

Epitaph 1915

Hans Schertl


Quellen:
01) Dr.Eisenmann/Prof.Dr.Hohn, Topo-geographisch-statist.Lexicon vom Königr. Bayern, 1832 S. 1141 (Pfarrei Mitterndf)
02) Topo-geographisch-statistisches Lexicon vom Königreiche Bayern, 1841
03) Dachauer Anzeiger vom 7.6.1956
04) Heimatbuch des Landkreises und der Stadt Dachau, 1971 (Deckenfresken 1800)
05) Wilhelm Störmer, Adelige Eigenkirchen u.Adelsgräber-Denkmalpflegerische Aufg.,1975, ZBLG 38, S.1152 (1.Erwähng)
06) Theodor Bitterauf, Die Traditionen des Hochstifts Freising, Band I, 1905/1967 (52)
07) Dr.Thomas Hermann, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 2021

16 Bilder: Hans Schertl

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

28.4.2022

Wenn Sie den Altar vergrößert sehen wollen: bitte hier klickenWenn Sie den Altar vergrößert sehen wollen: bitte hier klickenWenn Sie den Altar vergrößert sehen wollen: bitte hier klicken Martin Wittmann

Martin Wittmann ist auch in "Bayerns goldenem Ehrenbuch 1914-1918" aufgeführt, das den Inhabern der höchsten bayerischen Kriegsauszeichnungen aus dem Weltkrieg 1914/1918 gewidmet ist:

     
                                                                                      Epitaph in der Kapelle für Martin Wittmann -Text-