Landkreiskarte                   Kirchen in Dachau


Neuapostolische Kirche in DACHAU

KelchbecherTurm 32 m hochChor-spätgotischzur Kirchentür 



Adresse: 85221 Dachau, Herzog-Albrecht-Str.10
Lage der Kirche auf der Landkarte ...
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alle Kirchen und Kapellen in der Stadt Dachau auf der Landkarte


Beschreibung

Geschichte

Seit 1952 gibt es in Dachau eine Neuapostolische Kirchengemeinde mit eigenem Kirchenbuch. Vorher besuchten die neu-apostolischen Christen aus Dachau die Gottes-dienste in Allach.

Die ersten Jahre wurden Gottesdienste in einer Wohnung, später in einem angemieteten Raum der Gaststätte Fischer und ab 1956 in einer hölzernen Notkirche, einer früheren Wehrmachtsbaracke mit 58 Plätzen, gefeiert.

1967 errichtete man einen eige-nen Kirchenbau (350 Plätze) in der Herzog-Albrecht-Str.10, der 2007 durch ein neues Gotteshaus mit Gemeindezentrum an derselben Stelle ersetzt wurde.

Modell des Neubaus
Die Kosten von 1,4 Mio Euro wurden durch Spenden aufgebracht.


Notkirche 1956-67
(Vergrößerung durch Mouseklick)

Die ersten Mitglieder in Dachau und Umgebung gab es in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Nach dem 2.Weltkrieg kamen durch Flucht und Vertreibung weitere neuapostolische Christen hierher. Heute werden 200 Mitglieder seelsorge-risch betreut. Vorsteher der Gemeinde ist der Evangelist Erhardt Wieschhues, der von vier Priestern und acht Diakonen unterstützt wird. Der große Gemeindechor und das Gemeindeorchester unterstützen die musikalische Gestaltung der Gottesdienste, musizieren aber auch bei anderen kirchlichen Anlässen.

Notkirche 1956-67

Die Neuapostolische Kirche ist in Bayern seit 1906 als christliche Kirche und Körperschaft des öffentlichen Rechts staatlich anerkannt. Sie erhebt keine Kirchensteuern, sondern finanziert sich aus Spenden.


B
aubeschreibung

Architekt der neuen, 2007 errichteten Kirche war Hans-Günther Zimmermann aus Donauwörth, der in seinem Entwurf eine Betonung der individuellen Eigenständigkeit, aber auch eine Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Kirchenbau sieht. Wenn sie mehr über die Architektur der Kirche aus der Sicht des Architekten erfahren möchten, klicken Sie hier....

Ansicht von Westen

Die neue Kirche besitzt eine außergewöhnliche Form, die von Betrachtern als Burg, als Arche Noah oder als Schiff gedeutet wird. Die Form korrespondiert mit dem Glauben: Die Lehre Jesu und die Verbindung mit Jesus gleicht für den neuapostolischen Christen einer Burg oder einem Schiff in unruhiger See.


Ansicht von Osten


Der Gebäudekomplex enthält neben dem eigentlichen Kirchenraum auch einen teilbaren Saal, zwei Mehrzweckräume und zwei Lichthöfe.

Das Kirchenschiff besteht aus mehrfach gekrümmten Raumschalen aus Holz mit einer Außenhaut aus Schieferschindeln. Wie auf nebenstehendem Grundriss zu sehen ist, schneidet es in das rechteckige Nebenraum-gebäude ein.

Mobile Trennwände ermöglichen es, bei Bedarf das Foyer, den westlichen und den mittleren Mehrzweckraum als erweiterte Kirchenräume zu nutzen.


Grundriss

Der Baukörper für die Nebenräume besteht aus verputztem Beton und ist in einem Rot-Farbton bemalt.
Hier sind die Sakristei und die Räume für Eltern-Kind-Gruppen und für Religionsunterricht untergebracht.

 

Innenausstattung
Mittelpunkt ist der Altar aus schwarzem Naturstein, der mit einem Oval aus Nussbaumholz verkleidet ist.


Links hinter dem Altar hängt ein großes poliertes Edelstahlkreuz.

Das schmale Buntglasfenster, das dem Gebäude von außen eine prägende Note verleiht, ist auch für den Innenraum ein wichtiges Gestaltungsobjekt.

Das Kirchenschiff bietet je nach Bestuhlung bis zu 120 Gläubigen Platz. Dazu kommen rd. 60 Plätze in den Erweitungsräumen.


schräge Wände
Die ocker bemalten Wände lehnen sich in der Vertikalen schräg nach außen.
Die Fenster wirken wie aus dem Baukörper herausgeschnitten. Sie verstärken nach Ansicht des Archi-tekten dadurch die Plastizität des Gebäudes.

  Marienfigurlinker SeitenaltarHeimkehreraltarOrgel - Vergrößerung durch MouseklickFenster - Vergrößerung durch Mouseklick


Die Kirchenraumbeleuchtung besteht aus "Mikado-artigen Lichtlinien", die an der Decke angebracht sind.

Orgel 04),05)
Rechts vorne steht frei im Raum die Orgel aus hellem Birkenholz. Sie besitzt ein Manual und 6 Register. "Als rechteckiger Quader setzt das Instrument einen innenarchitektonischen Kontrast zu den gebogenen und asymmetrischen Wänden des Kirchenraumes", ist auf der Internetseite der Kirchengemeinde 05) zu lesen.
Disposition:

Manual (C-g'''): Gedackt 8', Quintade 8'(nur im oberen Teil des Manuals), Prinzipal 4', Oktave 2', Mixtur
Pedal    (C-f '): Subbass 16'
Koppel: I-P

Die insgesamt 365 Pfeifen ( davon 42 in Holz und 323 aus Metall) erklingen in der ganzen Breite menschlichen Hörvermögens: Die tiefste Pfeife mit einer Länge aus 2,50 Metern ertönt bei 32 Herz, die höchste Pfeife mit einer Länge von nur 9 Millimetern bei 18.000 Herz. Der Prospekt wird von den 37 Metallpfeifen des Prinzipal-Registers gebildet. Die beiden Seitenwände bestehen aus den Holzpfeifen des Pedalregisters Subbass 16'.

Die Orgel wurde von der Orgelbaufirma Jehmlich in Dresden als gebaut. Klanglich ist sie an die Barockorgeln des berühmten sächsischen Orgelbauers Gottfried Silbermann (1683-1753) angelehnt: Diese besitzen nach Aussage von Horst Jehmlich einen "silberhellen Glanz, ohne dass zu viel Schärfe in der Obertönigkeit wirkt". Das Instrument wurde zusammen mit dem Kirchenneubau geplant und am 14. Oktober 2007 eingeweiht.


Das Kirchengebäude ist mit moderner Technik ausgestattet, die es erlaubt, besondere Gottesdienste innerhalb Europas per Satellit in Bild und Ton in Dachau mitzuerleben. Diese Technik war seit 1992 auch schon in der früheren Kirche vorhanden.

Hans Schertl


Quellen:
01)
Dachauer SZ vom 16.12.2002  
02) Dachauer Nachrichten vom 4.8.1993, vom 5.10.2007 und vom 10.10.2007
03) Festschrift der neuapostolischen Kirche Dachau, 2007
04) Jürgen Schuster, Dachau (Orgel)
05)
Internetseite der Neuapostolische Kirche Region München (Orgel)

10 Bilder: Otto Holub (2), Jürgen Schuster (2), Hans Schertl (6)

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

4.2.2025

Zur Architektur der neuen Dachauer Kirche
Dipl.Ing. Architekt Hans-Günther Zimmermann

... Auszug ....
Die Gestaltung folgt konsequent den städtebaulichen Anforderungen, den funktionellen Erfordernissen und differenzierten Nutzungsinhalten. So ist die spannungsreich geschwungene Form des Kirchenschiffs im Grund- und Aufriss einerseits signifikanter Akzent als Solitär mit expressiver Außenwirkung im Straßenraum und andererseits in der Innenraumwirkung Ruhe und Geborgenheit ausstrahlende Großform mit Symbolcharakter. Eine die Besonderheit der Form unterstützende Fensterkonzeption mit Fensterausschnitt, Fenstererker und Fensterturm (mit Glasmalerei) gliedert und steigert zugleich die plastische Wirkung des Kirchenschiffs. Dagegen kontrastiert der geradlinige, kantige und klar sachliche Baukörper für die Nebenfunktionen und steigert somit die Gestalt und die Bedeutung des Kirchenschiffs.

Auf ein Minimum reduzierte, schlitzartige Öffnungen und Fenster in horizontaler und vertikaler Anordnung unterstreichen die introvertierte Haltung des Gebäudes und seiner Funktion als Gotteshaus, öffnet sich aber gleichzeitig mit dem großzügigen, komplett verglasten Eingang nach außen.

Den Gestaltungsprinzipien folgend wurde die Wahl der Konstruktion, der Materialien, der Oberflächentexturen und die Gestaltung der Innenausbauten getroffen. Die mehrfach gekrümmten Raumschalen des Kirchenschiffes wurden in Holz realisiert mit einer werthaltigen grau-changierenden Schieferschindelbekleidung als Außenhaut bis ins Foyer hineingezogen - und einer elegant wirkenden, weißen Gipskartonverkleidung im Innenraum. Die sachlich kühle Ausstrahlung zusammen mit dem Fußbodenfliesenbelag in Anthrazit, dem fast schwarzen Natursteingrundkörpers des Altars und des polierten Edelstahlkreuzes kontrastiert mit der edlen, warmen Wirkung des Nussbaumholzes von Altar und Stühlen. Die frei im Raum stehende Orgel in hellem Holz orientiert sich in ihrer kompakten Gestaltung, der Disposition und Intonation am Vorbild einer historischen "SilbermannOrgel". Die ebenso frei im Raum hängenden, mikadoartigen Lichtlinien der Kirchenraumbeleuchtung steigern die weiche Raumstruktur.

Der kantige, klare Baukörper für die Nebenräume ist in Beton ausgeführt und verputzt. Der eigenwillige Außenanstrich in einem modifizierten Rotfarbton bezieht eine eindeutige Position zur amorphen Umgebung und setzt sich zusammen mit dem Grau des Kirchenschiffes als bewusster Gegensatz zur Umgebungsbebauung ab und erreicht so seine Eigenständigkeit - auch im Sinne seiner Nutzung. Der graue Farbton der Wand- und Deckenflächen von Eingangsbereich, Fenster und Innenhofschlitzen markiert die Körperhaftigkeit. Die Öffnungen wirken somit wie aus dem Baukörper herausgeschnitten und verstärken seine Plastizität. Die Innengestaltung des Foyers und der Nebenräume entwickelt sich aus den Parametern des Kirchenschiffes von Fußboden, Decke, Wand und Einrichtungen, wobei hier Variationen von Grautönen und Oberflächen aus Schichtstoffplatten die Nutzungsunterschiede und die Raumsituation differenziert interpretieren.

Die neue Kirche in Dachau orientiert sich nicht an Vorbildern oder Bestehendem, sondern sucht mit einem teilweise gewiss provozierenden Gestaltungsansatz eine individuelle Eigenständigkeit und eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Kirchenbau von heute.

aus Festschrift der neuapostolischen Kirche Dachau, 2007