zur Landkreiskarte                    Kirchen in Dachau


Lagerkirchen
auf dem Gelände der heutigen KZ-Gedenkstätte

Ubersicht:
1. Lagerkirche im KZ von 1941-1945 (für KZ-Häftlinge) 2. Lagerkirche 1945-1948 (für Kriegsverbrecher)
3. Lagerkirchen ab 1949 katholisch (für Heimatvertriebene) 3. Lagerkirchen ab 1949 evangelisch (für Heimatvertriebene)
4. Geplante Sühne-Wallfahrtskirche 1945 (nicht verwirklicht)  

 

1. Lagerkirche im KZ von 1941-1945

Im Konzentrationslager Dachau, das von 1933 bis 1945 bestand, gab es natürlich keine richtige Kirche. In den ersten Jahren hielt Pfarrer Pfanzelt von Dachau/St.Jakob dort Sonntags-Gottesdienste. Wegen der Schikanen der Wachleute wagten aber nur wenige Häftlinge, diese hl.Messen zu besuchen. Zudem war die überwiegende Mehrheit der Häftlinge Kommunisten, die ohnehin meist atheistisch eingestellt waren. Die Lagerleitung hatte so einen Grund, weniger Gottesdienste zuzulassen und sie ab 1936 ganz zu verbieten.

Vor Ausbruch des 2.Weltkriegs 1939 gab es im KZ Dachau nur einige Geistliche unter den Häftlingen. Ende 1940 fasste man die in verschiedenen Konzentrationslagern untergebrachten Geistlichen im KZ Dachau zusamment. Dadurch stieg deren Zahl sprunghaft an (insgesamt waren im KZ bis 1945: 447 deutsche und 2273 ausländische Geistliche). 06)
Nach einer Entscheidung der SS-Führung, die wohl auf die Einflussnahme des Vatikans zurückging, sollte den Priestern Gelegenheit gegeben werden, täglich die Messe zu lesen oder zu besuchen. Dazu stünden "die erforderlichen Messgeräte nebst Zubehör zur Verfügung". Zudem erhielten die Geistlichen, die in den ersten 8 Jahren besonders schikaniert worden waren, zumindest für die Jahre 1941 und 1942 eine bessere Behandlung als die übrigen Häftlinge und mussten nur noch leichte Arbeiten verrichten; dies führte zu einer merklichen Verschlechterung im Zusammenleben der Gefangenen. In den letzten Jahren der Naziherrschaft wurden auch die Priester zunehmend schikaniert und in ihrer Gesundheit geschädigt. Nach Aussage des überlebenden Häftlings und späteren Kardinals Adam Kozlowiecki starben im KZ Dachau 1034 Priester (darunter 868 (!) aus Polen).

Errichtung der Lagerkirche
Im Januar 1941 bestimmte die Lagerführung zwei Räume der Stube 1 vom Block 26 (Priesterblock) als Kapelle, ließ die Zwischenwand entfernen und den Raum mit einem Kalkanstrich versehen. Die 16 Fenster wurden vollflächig grün mit roten Kleeblattkreuzen bemalt. Die Wände waren mit lichtgrüner Leimfarbe versehen und mit aufge-malten Kreuzen und Lilien verziert, die Wand hinter dem Altar mit Tapetenmustern drapiert.


Die Kapelle war 20 Meter lang und 8,75 m breit; sie nahm rd. ein Viertel des Blocks 26 ein. Der Raum fasste bis zu 800 Menschen; tatsächlich befanden sich auch schon mehr als 1000 Perso-nen darin. Die Kapelle enthielt keine Säulen oder Stützen. Wand und Decke waren aber durch Leisten gegliedert, die auch als bauliche Verstär-kung dienten.


Kapelle im Priesterblock 26 des Konzentrationslagers
Die Kapelle diente als Vorzeigeobjekt bei offiziellen Besuchen; sie sollte die angeblich gute Behandlung der gefangenen Priester belegen. Allerdings war dieser Raum ausschließlich den internierten Priestern vorbehalten. Den übrigen Häftlingen, auch den Katholiken unter ihnen, war der Zutritt untersagt. Die Bemalung der Fenster sorgte dafür, dass niemand von außen die Messe mitfeiern konnte.

Einweihung
Am 21.Januar 1941 sollte ursprünglich die erste hl.Messe gefeiert werden. Doch die Wachen hatten nicht bedacht, dass man dazu auch Hostien und Wein benötigt. So hielt der Lagerkaplan Paul Prabutzki als "Einweihungsfeier" eine kurze Marienandacht. Die erste hl.Messe fand erst am Tag danach, am Mittwoch, dem 22.1.1941 um 5 Uhr früh statt. Der Zeitzeuge Franz Zeuch erinnerte sich, dass das Wachpersonal dieser Veranstaltung sehr ablehnend gegenüber stand. "Da ging die Tür auf, drei SS-Scharführer traten ein. Einer schritt während des Gottesdienstes mit knallenden Stiefeln, Zigarre rauchend auf und ab, vom Türeingang bis zum Altar. Bei der hl.Wandlung brüllte er im Kommandoton: "Fenster auf". Wir knieten im eisigen Durchzug". Jeder Priester hatte ein Stück Brot mitgebracht, denn der Celebrant hatte bekannt gegeben, dass er das Brot in der Hand der Priester mitkonsekrieren werde. So konnten alle die hl.Kommunion empfangen. Dies wurde auch später so gehalten, denn für ein Kommunionausteilen war die für die Messe zur Verfügung stehende Zeit zu kurz.

Gottesdienste
In der Kapelle feierten die kath.Priesterhäftlinge täglich die hl. Messe (ab 1943 sonntags mehrmals; 1945 waren es 50 Messen in der Woche).
Nach der kath.Sonntagsmesse feierten auch die wenigen evangelischen Pastoren (4 % der Geistlichen waren evangelisch) ihren Gottesdienst. Die Kapelle war somit von Anfang an ökumenisch genutzt.
Bald schlug die Rassenideologie der Nazis auch hier durch: Schon 8 Monate nach Einrichtung der Kapelle, ab Sept.1941, durften nur noch "reichsdeutsche" Geistliche die Kapelle betreten. Die übrigen, in den Blocks 28 und 30 untergebrachten Priester, meist aus Polen stammend, hatten keinen Gottesdienstraum. Block 26 wurde mit einem Drahtverhau umgeben. Und als auffiel, dass sich die polnischen Priester gern zur Stunde der hl.Messe an den rückwärtigen Kapellenfenstern aufhielten, wurden diese Fenster mit weißer Deckfarbe gestrichen. Im Dezember 1942 verlegte die SS die Priester anderer Nationalitäten außer den polnischen und litauischen Geistlichen zu den Deutschen auf Block 26, wo sie wieder die Kapelle besuchen durften.


Es gab im KZ noch weitere Orte, an denen Eucharistie gefeiert wurde. Mit Erlaubnis der Lagerleitung war dies eine Zelle des Kommandanturarrests. Das war ein vom Schutzhaftlager separierter Komplex, auch Bunker genannt, in dem Verhöre, Folterungen und Exekutionen vorgenommen wurden. In diesem Gebäude waren in gesonderten Zellen "Ehrenhäftlinge" untergebracht, prominente Gefangene, denen eine privilegierte Behandlung zukam. Sie trugen Zivilkleidung, der Kopf wurde nicht rasiert, sie bekamen SS-Verpflegung und mussten nicht arbeiten. Zu diesen "Ehrenhäftlingen" gehörten vom 11.Juli 1941 an drei Geistliche, Pastor Niemöller, Domkapitular Neuhäusler und Michael Höck. Sie durften den Tag zusammen verbringen und ab Dezember 1941 in einer Zelle täglich eine hl.Messe feiern. Protestantische Gottesdienste waren erst ab Dez.1944 (alle 4 Wochen) erlaubt. Niemöller wird die Jahre vorher wohl die kath.Messen mitgefeiert oder vielleicht sogar mitgestaltet haben; die Quellen verraten darüber nichts. Die "Kapelle" war eigentlich nur eine kleine Zelle, bestückt mit einem Messkoffer. Im Laufe der Jahre waren dort noch einige andere "Ehrenhäftlinge" jeweils für kürzere Zeit untergebracht. Wenige Wochen vor Kriegsende, im April 1945, wurden die "Ehrenhäftlinge" mitsamt ihrer Kapelle in das ehem.Lagerbordell (Block 31) verlegt. Darüber schrieb Bischof Gabriel Piguet: "Der Block, den wir bewohnten, hatte sündigen Zwecken gedient. Als ich das erfuhr, besprengte ich ihn mit Weihwasser und feierte eine Sühnemesse für die an diesem Ort begangenen Sünden".

Insgeheim aber zelebrierten die Priester an vielen Stellen des Lagers oder in der Plantage heimlich mit einfachsten Mitteln die hl.Messe. So war z.B. auf der hinteren Seite der Baracken 26-30, zum Krematorium hin, eine vom Wachpersonal nicht gut einsehbare Stelle. Hierher kamen die Häftlinge um mit den Priestern im isolierten Priesterblock Kontakt aufzunehmen, ein Beichtgespräch zu vereinbaren, heimlich die Eucharistie zu empfangen, aber auch Nachrichten auszutauschen oder um Brot zu bitten. Die Hostien wurden in das Lager geschmuggelt. Die polnischen Priester benötigten jede Woche etwa 700 Hostien, damit diese während der Arbeit auf der Plantage in der von Rom erlaubten, sehr vereinfachten Weise heimlich zelebrieren konnten. Ermöglicht wurde es durch die Hostienbäckerei der Schulschwestern in Dorfen. Allerdings war die illegale Seelsorge gefährlich. Prälat Kiesel schilderte in einem Interview, dass er wegen unerlaubten Beichthörens von zwei Mithäftlingen Ohrfeigen, Strafkompanie, 25 Stockhiebe und 42 Tage Dunkelbunker erhielt.

Das Betreten der Lagerkirche war außerhalb der Gottesdienstzeiten verboten, doch mit zunehmender Dauer hielten sich immer weniger Priester daran. Das generelle Zutrittsverbot für polnische Priester und für Laien musste von den deutschen Priestern selbst durchgesetzt werden, die sich dadurch sehr unbeliebt machten. Zwietracht unter den Häftlingen zu säen, war Ziel der Nazis.
Der später berühmt gewordene deutsch/französische Historiker Joseph Rovan (seit 1944 im KZ) beklagte, dass die deutschen Priester mit Übereifer das "kleine Dachauer Konkordat", wie er das geteilte Zutrittsrecht nannte, verteidigten und so die eigene Eucharistie wichtiger nahmen als die Anwesenheit der Gläubigen. Zwischen den polnischen und deutschen Priestern soll sich sogar eine Feindschaft entwickelt haben, weil die Deutschen ihren polnischen Kollegen sogar die geweihten Hostien vorenthielten, so Adam Kozlowiecki.
Erst im Sommer 1944, erinnerte sich der Häftling Edmond Michelet, "als unsere französischen Pfarrer anfingen, selbst die Polizeigewalt am Eingang des reservierten Raumes auszuüben, wurde das unerhörte Verbot (für Laien) allmählich ausgehöhlt. Der Eintritt in die Kapelle wurde dann praktisch frei". Im Laufe des Sommers 1944 war es verhältnismäßig leicht geworden, in den Block 26 zu gehen.

Ausstattung der Kapelle
Die Ausstattung der Kapelle erfolgte mit Spenden aus verschiedenen Pfarreien und durch Selbsthilfe der Häftlinge. Das kleine Gotteshaus enthielt zunächst einen, später drei Altäre. Der erste Altar bestand aus einem (durch vier Pflöcke höher gestellten) Tisch aus der ausgeräumten Stube 1 von Block 26. Er stand auf einem 15 cm hohen Tannenholzpodium. Der Altarstein (Portatile) war ein Geschenk des Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz Bertram. Als Altartuch dienten große, mit SS-Stempel versehene Betttücher, eine Schublade als vorläufiger Tabernakel. Das Antependium des Altars durfte zunächst nicht verziert werden. In den letzten Jahren hat man es aber mit auswechselbaren Symbolen -je nach liturgischer Zeit- geschmückt. Die in seidengrauer Farbe gehaltenen Symbole waren von Kaplan Hans Steinbock entworfen worden. Zwei Messkoffer (vom Heeresbischof aus Warschau) ermöglichten es, die wichtigsten liturgischen Vorschriften einzuhalten: ein kleines Kreuz, zwei Kerzenleuchter aus Metall, zwei Messkännchen, drei Gebetstafeln. Das zunächst einzige Messgewand zeigte auf der einen Seite die Farben Weiß und Rot, auf der anderen Violett und Schwarz. Die dazugehörige Stola war nur ein blauer Wollfaden. Ende 1942 trafen weitere Paramente aus dem Kloster Ettal ein, angeblich auf die Initiative der persönlichen Freundin Hitlers, Schwester Pia hin. Schwester Pia, eine Krankenschwester, deren richtiger Name Eleonore Baur lautete, war als einzige Frau Trägerin des Blutordens. Hitler ernannte sie zur Fürsorgeschwester im Range einer SS-Oberführerin. Sie durfte zu jeder Zeit und ohne begleitende Wachen in das KZ Dachau kommen. Das Kreuz des Hochaltars war eine naive, auch im Lager entstandene Skulptur aus Ton (von Joh.Steibock). Als im Februar 1944 aus Münster ein neues Kruzifix, "ein herrliches Kunstwerk von Bildhauer Bäumer, ein Geschenk der Katholischen Aktion, ankam", so Häftling Leon de Coninck in seinen Erinnerungen, nutzte man das erste Kreuz als Prozessionskreuz.


2.Tabernakel
Bald schon bauten die Häftlinge aus einfachen Brettern einen neuen Tabernakel. Im Inneren war der Tabernakel mit Papier und Heftzwecken ausstaffiert. Die Verzierung, zwei anbetende Engel, wurde von einem kunstsinnigen polnischen Geistlichen aus Fischkonservendosen (andere Quelle: Messingblech eines ausgedienten Marmeladeneimers) hergestellt; später ergänzte Salesianerpater Karl Schmidt diesen Schmuck um eine Strahlensonne aus dem gleichen Material. Da war aber schon ein zweiter Tabernakel erstellt worden (siehe Bild links), der nach den Erinnerungen ehem.Häftlinge aus Birnbaumholz bestand (Maße: 40 x 40 cm). Er war von rotbrauner Farbe, fein poliert, mit Einlegearbeit geschmückt und zweitürig. Der Eindruck eines dreistufigen Sockels wurde durch je drei hellere Furnierplättchen erreicht, die in horizontaler Ausrichtung und abgestimmter farblicher Auswahl einen räumlichen Effekt erzielten.
Fehlende Kerzen wurden durch Ölfläschchen mit Dochten ersetzt. Der Häftling Franz Breitenberger fertigte 1943 einen 67 cm hohen Osterleuchter und vier bis sechs Altarleuchter.

zweite Monstranz
Zur Anbetung des Allerheiligsten bastelten sich die Häftlinge mehrere Monstranzen.
Die erste fertigte der Pater Karl Schmidt aus gelblichem Fischdosenblech, das schwarz gestrichen wurde. Die zweite Monstranz bestand aus Ebenholz (andere Quelle: aus einem zerschnittenen Besenstiel) mit einem Strahlenkranz aus dem Boden einer Konservendose. Gefertigt wurde sie in 14-tägiger Arbeit vom polnischen Priester Antoni Latocha; er hatte die Identität von Edmund Mikolajczak angenommen und war stellvertretend für ihn ins KZ Dachau gegangen. Diese zweite Monstranz wird derzeit im Kloster Karmel gezeigt. Allerdings scheint sich dort nur eine Kopie zu befinden: Das Original soll von den polnischen Häftlingen nach dem Krieg nach Czenstochau gebracht worden sein, nachdem sie für Dachau eine Kopie angefertigt haben.
Eine dritte Monstranz fertigte Jósef Staszak aus Sperrholz, Blech, Stahl und Glas. Sie war 41,5 cm groß. Auf der linken Seite der Kapelle stand ein Harmonium, mit dem der Gesang der Häftlinge begleitet werden konnte. Es war eine Leihgabe der Pfarrei St.Jakob in Dachau. Das 104 cm breite und 50 cm tiefe und 129 cm hohe Instrument war in den USA gefertigt worden (Smith American Organ and Piano Co.). Es hatte 12 Register.
An den Wänden der Kapelle hingen Bilder der 14 Kreuzwegstationen; es waren 33 x 25 cm große farbige Drucke der vom Maler Gebhard Fugel (1863-1939) im Jahr 1903 geschaffenen Bilder (weitere Drucke dieser Kreuzwegbilder von Fugel hängen noch heute in Lauterbach bei Altomünster, Oberndorf bei Oberzeitlbach, Schmarnzell, im Kloster Schönbrunn und in der Marienkapelle von Weyhern). Das gut 1 m hohe Predigtpult stand fix auf einem Podium zwischen Fenster und Muttergottesaltar. Es dient zugleich als Büchergestell. Die Sakristei war in der linken hinteren Ecke untergebracht. Es war ein 2,5 x 1,3 m messender Bereich, der durch einen 2 m hohen Bretterverschlag und einen Vorhang als Zugang abgetrennt war. Dort waren in Lagerspinden die verschiedenen Utensilien für den katholischen und evangelischen Gottesdienst, Noten sowie Reinigungsgeräte und -material aufbewahrt. Es "machte den Eindruck einer in Ordnung gehaltenen Rumpelkammer".

Der Häftling Johann Lenz beschreibt in seinen Erinnerungen die weitere Ausstattung: "Rechts vom Altar stand die Kredenz (Anrichte), die 110 x 88 x 80 cm groß war. Ein dreiteiliger Sockel erhob sich auf der Rückseite. Darauf war jeweils ein Herz-Jesu-Bild, ein Josefs-Relief (20 x 40 cm, von Pater Spitzig OSB im Lager geschnitzt) und ein Bruder-Konrad-Bild zu sehen war. Im Juli 1944 kam als Spende sogar eine Reliquie des Heiligen dazu. Schon 1941 stand auf der Kredenz ein Marienbild von Maria Spötl. Deshalb diente sie nicht nur als Ankleidetisch sondern (zumindest in den ersten Jahren) auch als Marienaltar. Rechts neben dem Hochaltar, der halben Südwand entlang und bis zur Fensterhöhe reichend, erstreckte sich ein organisiertes Schuhregal. Bis Ende 1942 durfte man nicht mit den Schuhen die Blockräume betreten, auch die Kapelle nicht, da sie ja stets - besonders der Fußboden- auf Besuchsglanz dastehen musste. ... Hinten in der Mitte des Raumes erhob sich der braune Kachelofen, fest in den Boden gesetzt. Er wurde nur wenig benützt."

Der Kachelofen hatte die Maße 155 x 125 x 72 cm. Der Rauchabzug erfolgte durch den frei stehenden Kamin. Daneben stand die Lagerholzkiste. An der Rückwand der Kapelle hing ein schöner farbiger Druck der sixtinischen Madonna von Raffael (98x71cm) im breiten Rahmen; es war eine Spende des Stadtpfarramtes Dachau.

1943 wanderte der Marienaltar auf die andere Seite, als eine 1,10 m große Madonnenstatue in die Lagerkirche kam. Es handelte sich um die Figur, die unter dem Namen "Unsere liebe Frau von Dachau" noch heute bekannt ist. Sie war vom Breslauer Holzschnitzer E.Hoepker geschnitzt worden und stand in einer Hauskapelle der Salvatorianer in oder bei Breslau. Am 25.April 1943 kam sie in einem Sack, unter einen Lastwagen gebunden, als Geschenk ins Konzentrationslager, in die Priesterbaracke. Die Häftlinge Georg Schelling und Joh.Sonnenschein erinnerten sich an die glücklichen Umstände, die eine Aufstellung der Figur in der Kapelle ermöglicht haben:
  " Als das ungewöhnlich umfangreiche Paket in Dachau angekommen war, wurde es wie andere Pakete auf den Block gebracht und dort vom Blockführer kontrolliert. Es kam nicht immer der gleiche, für den Block zuständige SS-Mann. Als der Blockführer, der an diesem Tage die Paketkontrolle durchzuführen hatte, das große Paket sah, machte er ebenso große Augen und meinte, das werde kaum ein "Freßpaket" sein. Das Paket wurde geöffnet und er besah den Inhalt. Er war nicht ungnädig, bemerkte aber, dass er das Paket nicht freigeben könne, da es ja nicht Lebensmittel oder Wäsche und dergleichen enthalte. Ich machte den Vorschlag, es solle das Paket beiseite gelegt werden, bis die Angelegenheit geklärt sei. Hernach verbrachte ich das Paket in die Kapelle "wegen Platzmangel in der Stube". Der Blockführer, der am anderen Tage kam, wußte offenbar nichts davon und fragte nicht danach. Also wurde die Madonna ausgepackt und aufgestellt. Kein Mensch fragte nachher, woher sie gebracht worden sei. Nach einigen Tagen kam der Lagerführer. – "Wo ist die unerlaubte Paketsendung?" Antwort – "Ihr Inhalt, eine Marienfigur, befindet sich in der Kapelle." Dann er – "Was in der Kapelle steht, ist mir egal." Und die Statue der "Mutter des Erlösers", der "Trösterin der Betrübten", der "immerwährenden Hilfe" war bei uns zur großen Freude aller Geistlichen und vieler Laien. Sie bekam einen Ehrenplatz auf der Evangelienseite nah bei ihrem Sohn im Tabernakel auf dem Altar." (Quelle: IKLK-Rundbrief 2005/2)

Von Häftlingen wurde die Muttergottesfigur später so beschrieben:
  "Es ist Maria, die auf der Flucht nach Ägypten, also in der Verfolgung, in der Verbannung, das göttliche Kind als Inbegriff allen Trostes an das Mutterherz drückt. Zu diesem Marienbild fühlten wir uns immer wieder hingezogen. Dieser mütterlichen Frau konnten wir allen Kummer, unsere leiblich und seelische Not anvertrauen."

Der Benediktinerpater Dr.Schwake, der Schöpfer der Dachau-Messe (Missa antiphonaria, erstmals aufgeführt am 24.9.1944), widmete der Dachauer Madonna für das Fest Mariae Himmelfahrt ein Marienlied ("Regina Pacis: Ave Domina serena") und im Oktober 1944 das Gedicht (Maria Rast):

Du, Maria, gib uns Rast.
Wir sind vom Wandern müde,
tragen schwer des Kreuzes Last.
Wo ist noch Ruh und Friede ?
Sei der Pilgerschaft zur Seit',
daß wir recht geh'n allezeit,
O Maria.
Du, Maria, gib uns Rast.
Wir sind vom Krieg verwundet.
Angst und Trauer uns erfaßt,
ob Leib und Seel'gesundet.
Send herab der Engel Heer
Deinem Volk zu Schutz und Wehr,
O Maria.
Du, Maria, gib uns Rast.
Wenn einst wir sollen scheiden.
Nimm die Seele auf als Gast.
Empor in Himmels Freuden.
Ew'ge Rast in Jesu Reich,
dorthin führ'uns allzugleich,
O Maria.

Das Konzentrationslager war in den letzten Monaten des Bestehens, ab Jan. 1945, mit Häftlingen überfüllt. Waren 1941, bei Errichtung der Kapelle, 5000 Häftlinge eingesperrt, betrug die Zahl 1945 über 30.000, die auf engstem Raum leben mussten. Auch in der Kapelle waren 100 Personen untergebracht. Deshalb teilte man den Raum durch einen großen Vorhang. Die eine Hälfte war für die Kapelle reserviert, die andere Hälfte war während des Tages Arbeitsraum (dort wurden Zeltbahnen genäht) und nachts Schlafplatz für die Priester in Decken auf dem bloßen Fußboden.
In den letzten Wochen des Bestehens des Konzentrationslagers wurden viele Priester entlassen. Nach der Befreiung am 29.April 1945 blieben die restlichen Priester noch zwei Wochen im Lager und zogen dann in ein Jesuitenkolleg in Pullach.

Am 11.9.1955 feierten 130 Priester, die im KZ inhaftiert waren, ihre Befreiung vor 10 Jahren.
In diesem Zusammenhang wurde die Statue der "Lieben Frau von Dachau" in einer feierlichen Prozession vom Pfarrhaus in die Kirche St.Jakob überführt, wo man sie auf dem Seitenaltar aufstellte. Von dort kam die Statue ein Jahrzehnt später für kurze Zeit in die neu errichtete Kirche Heilig-Kreuz und fand schließlich ihren endgültigen Bestimmungsort in der Kirche des Klosters Karmel auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte. Mehr über die Marienfigur können Sie in der Zeitschrift Amperland 2000 Nr.1 erfahren.

Der erste Altar aus der Barackenkirche im KZ war jahrelang in dem zum Kloster Karmel gehörenden ehemaligen Wachturm untergebracht. Um 1970 hat man das Herzstück des Altars in einer Größe von 45 qcm entnommen und als Portatile in den neuen Altar der Klosterkirche Karmel eingearbeitet. Der Altar selbst fand ab 12.Sept.1980 seinen endgültigen Platz im Priesterhaus Berg Moriah.

2. Lagerkirche 1945-1948
    (Internierungslager für Kriegsverbrecher)

Nach der Befreiung des Konzentrationslagers am 30.April 1945 durch die amerikanischen Soldaten, wurde dort ein Gerichtsstandort mit Internierungslager eingerichtet. Dort waren 1322 Nazigrößen und 30.000 SS-Leute inhaftiert.

Ein ehemaliger KZ-Häftling, Pater Leonhard Roth, war der erste Seelsorger, der sich um seine früheren Peiniger kümmerte. Zur Sühne für die Verbrechen des NS-Regimes und zur seelsorgerischen Betreuung der Internierten ließ Pater Roth von den Inhaftierten eine Barackenkirche aus Holz am Appellplatz errichten. Er widmete sie dem Heiligen Kreuz. Das 30 Meter lange, 12 Meter breite und 7 Meter hohe Gotteshaus wurde innerhalb weniger Monate erbaut und am 23.12.1945 von Michael Kardinal Faulhaber in Anwesenheit des amerikanischen Kommandeurs des Lagers Dachau, Colonel Francis F.Faintner, des Chaplain Pfeilschifter und anderer hohen Offizieren eingeweiht. Bei dieser Feier erklang noch Musik aus einem kleinen Harmonium, das die Anstalt Schönbrunn beigesteuert hatte.

Für eine richtige Orgel fehlte das Material. Im Januar sammelte deshalb der wegen der Zugehörigkeit zu einem SS-Musikkorps internierte Paul Spranger Konservendosen und Benzinkanister, um aus dem ausgewalzten Blech Orgelpfeifen anzufertigen. Auch die Amerikaner halfen mit Zinkblechplatten aus.
Der gelernte Orgelbauer Spranger arbeitete auch nach Freispruch und Entlassung als Zivilangestellter der Army weiter an seinem Werk, bis am 27.Oktober 1946 bei einer Abendfeier erstmals Werke von Seb.Bach auf der Orgel erklingen konnten. Den Orgelprospekt bemalte W.Imschweiler 1947. Als die Amerikaner nach dem Ende der Prozesse 1948 die 1.Barackenkirche in Beschlag nahmen und durch einen Stacheldrahtzaun für die Lagerbewohner unzugänglich machten, blieb die Orgel in der Kirche, weil sie "mit Material aus amerikanischen Beständen von amerikanischen Gefangenen gebaut worden" sei. In der nicht mehr gepflegten Kirche verkam die Orgel durch unsachgemäßen Gebrauch.

Mehr über die Blechbüchsenorgel können Sie in der Zeitschrift Amperland 2003 Nr.1 lesen.


Der karg ausgestattete Innenraum in Rechteckform wurde geprägt durch vier große Gemälde an der Wand hinter dem Altar; in der Mitte ein Kruzifix. Der um bis zu drei Stufen erhöhte Altarraum war durch eine Kommunionbank (Speisgitter) vom Kirchenschiff getrennt.
An der rechten Seite befand sich ein kleiner Marienaltar.
Auf den großen Bildern sind die vier Evange-listen mit ihren Symbolen dargestellt.
Von links:
- Matthäus mit einem geflügelten Menschen,
- Markus mit einem geflügelten Löwen,
- Lukas mit einem geflügelten Stier und
- Johannes mit einem Adler.
Die Symbole gehen zurück auf die Offenbarung des Johannes (Kap.4 Vers 7). Dort werden sie als die vier Lebewesen, die rings um Gottes Thron stehen, erwähnt.

Die Lagerkirche war von 1949 bis 1956 von den Amerikanern beschlagnahmt. Ab 1956 bis 1960 diente sie den 1400 Katholiken 22) im Lager als Sonntagskirche.

3. Lagerkirchen 1949-1952/63
     (Flüchtlingslager)

Simultankirche
Am Ende der Dachauer Prozesse gegen die Nazigrößen, im Jahr 1948, wurde das Internierungslager aufgelöst und die 34 Baracken den bayerischen Behörden zur Verwaltung übergeben. In den Baracken brachte man bis zu 2300 Flüchtlinge und Heimatvertriebene unter, die vorher in den Bauernhöfen der Umgebung und im berüchtigten Massenlager Dulag (Durchgangslager) einquartiert waren. Es handelte sich um Personen aus Schlesien, Sudetenland, Ost-und Westpreußen, Pommern, Polen, Jugoslawien, Ungarn und Rumänien. Gut die Hälfte der Bewohner war katholisch, die andere Hälfte evangelisch. Für die seelsorgerische Betreuung dieser Menschen stand aber die 1.Barackenkirche nicht mehr zur Verfügung, weil die Amerikaner sie nicht freigaben.

Deshalb wurde im ehemaligen Häftlingsblock Nr. 27 (29 ?) (während der Zeit der Wohnsiedlung: Nr.32) eine neue, aber viel kleinere Barackenkirche eingerichtet. Es handelte sich um den Block, in dem zur Nazizeit die sog. Strafkompanie untergebracht war. Hier hatten die KZ-Wächter die Häftlinge misshandelt, bevor sie sie hinrichteten.

Pater Roth hatte diesen Raum durch einen Anschlag zum Gedenkraum erhoben.
Auf dem Plakat war zu lesen:
  "Jetzt Sühnekirche!
Dieser Raum war der gefürchteste Ort des Konzentrationslagers. Hier waren die Häftlinge, die sog. Stafkompanie,
3 Wochen bis 7 Monate unter schwerstem Hunger und Misshandlungen, bevor sie vergast, erhängt oder erschossen wurden. Knie nieder Wanderer und bete um ihre Seelenruhe".

Diese Baracke war die Keimzelle der heutigen Gedenkstätte. In den ersten drei Jahren wurde diese zweite Lagerkirche von beiden Konfessionen genutzt.

Katholische Barackenkirche

Während die evangelischen Christen ab 1952 eine eigene Kirche erhielten, blieben die Katholiken auch in den nächsten Jahren noch in diesem kleinen Gotteshaus im Wohnblock 32. Schon 1949 war das Lager kirchenorganisatorisch zur eigenen Kuratie erhoben worden 01). Die -naheliegende- Eingliederung in die Pfarrei St.Jakob scheiterte daran, dass die Flüchtlingssiedlung kommunalpolitisch nicht zur Stadt Dachau gehörte, sondern unmittelbar der Regierung von Oberbayern unterstellt war.

Pater Roth hatte bei der seelsorgerischen Betreuung der bis zu 1.100 Katholiken anfänglich keine hauptberuflichen Helfer. Das Amt des Kirchenpflegers übernahm er selbst ehrenamtlich, "um Auslagen zu sparen".

Die Wände der Kirchenbaracke waren mit Vorhängen und Stofftapeten drapiert. Im Raum befanden sich drei Altäre. Der Hochaltar war durch ein großes Holzkruzifix geschmückt. Davor ein Metalltabernakel mit zwei reliefierten Engeln auf den Türen. Es war der alte Tabernakel aus der Barackenkirche 26.
Vor dem linken Altar befand sich ein Orgel-Portativ (Walcker-Orgel), die vom Organisten Fritz Königer aus Dachau gespielt wurde.

Wie aus einem Brief von Pater Roth hervorgeht, wurden ab 1956 die Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen sowie an besonderen Festtagen in der von den Amerikanern beschlagnahmten größeren Kirche (der ersten Lagerkirche) gefeiert. 1956 wollte die Army diese größere Kirche auch den Katholiken zurückgeben, doch Pater Roth lehnte das Geschenk ab. Am 29.8.1956 schrieb er:
  "...da aber die Amis die Kirche in den letzten 10 Jahren total verwahrlosen liessen, müssten wir etwa 20.000 DM in die Kirche stecken. Das rentiert nicht, nachdem doch das Lager nicht ewig bleiben wird und dann gar keine Gemeinde mehr da ist. So haben wir die Rücknahme der Kirche ausgeschlagen. Wir bleiben hier in der gutbekannten Barackenkirche, die den Leuten so lieb ist. Auch Geschenkangebote muss man, bevor man sie annimmt, überprüfen".

Als 1956 nach Drängen des Comite International de Dachau (C.I.D) die Bayer.Staatsregierung der Beschluss fasste, das ehemalige Konzentrationslager in den Zustand vor 1945 zurückzuversetzen und in eine Gedenkstätte umzuwandeln, wurde das Flüchtlingslager langsam aufgelöst. Die Bewohner zogen im Laufe der nächsten Jahre in den neuen Stadtteil Dachau-Ost um.

Deshalb erwarb im Jahr 1960 das Erzbistum München-Freising das früheren Capitol-Kino an der Sudetenlandstraße 22), schräg gegenüber der heutigen Heiligkreuz-Kirche (derzeit Übungsheim der Knabenkapelle Dachau). Dort richtete der Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Pater Roth, der neue Kurat Josef Lechner (vorher Kaplan in München-Allach) schließlich einen Gottesdienstraum mit 356 Sitzplätzen ein, der bis 1964 bestehen sollte.

Gottesdienste wurden aber auch noch im Lager abgehalten. So lautete damals die Gottesdienstordnung:
  "7.30 Uhr Frühmesse in der Barackenkirche,
   8.30 Uhr Hochamt und 10.00 Uhr Kindermesse in der Kino-Notkirche.
  Wochentags um 6.45 Uhr hl.Messe im täglichen Wechsel zwischen Kino-Notkirche und Barackenkirche".

Die Barackenkirche wurde 1964 abgerissen. Als einziger Gegenstand daraus wurde ein Kreuz in die neue Kirche übernommen, das anlässlich der Volksmission 1953 auf der Lagerstraße aufgestellt und später vor die ehem.Priesterbaracke versetzt worden war. Es stand lange Zeit auf der Nordseite der Heilig-Kreuz-Kirche in der Sudetenlandstraße. Die kleine Walcker-Orgel machte den ersten Umzug 1960 in den Kinosaal noch mit; doch beim zweiten Umzug vom Kinosaal in die heutige Heilig-Kreuz-Kirche wurde sie nach Feldmoching verkauft.



Evangelische Barackenkirche

In den Jahren 1951/52 wurde in der Nähe der heutigen Versöhnungskirche nach Plänen von Prof. Bartning aus Neckarsteinach bei Heidelberg eine eigene Kirche für evangelische Gläubigen errichtet. Die Notkirche war ein Geschenk des Lutherischen Weltbundes und der Evang.Luth.Landeskirche Bayern. Sie stand dort 12 Jahre, bis zum Jahr 1964, bis im neu gebauten Stadtteil Dachau-Ost die heutige Gnadenkirche fertiggestellt war.

Bei der Grundsteinlegung am 1.11.1951 erhielt die Barackenkirche ihren Namen. Dr.Ernst Daum, der erste Pfarrer, sagte in seiner Predigt:
  "Dieser Ort soll eine bleibende Zufluchtsstätte zur Gnade werden. Flüchtlinge wissen, was es heißt, keine Zuflucht zu haben, vor gnadenlosen Peinigern fliehen zu müssen, von gnadenlosen Herren vertrieben zu werden. Flüchtlinge haben darum auch ein besonderes Ohre für da Wort: Bei dem Herrn ist die Gnade. Er, der Gewalt hat über Zeit und Ewigkeit, über Seligkeit und Verdammnis, er wandelt diese Gewalt um in Güte und Gnade. Des zum sichtbaren Ausdruck wächst dieses Gotteshaus aus der Erde. Wie könnten wir ihm einen anderen Namen geben als den Namen "Gnadenkirche".


Evangelische Barackenkirche auf dem ehem.KZ-Gelände
(bis 1962)

Die Kirche wurde nach norwegischen Vorbildern aus Fertigteilen zusammengesetzt. Deshalb konnte sie schon am 23. März 1952 eingeweiht werden.

In einem Zeitungsbericht über die Einweihung heißt es,
  "...die große Festgemeinde (unter ihnen auch Pater Roth) hat sich zunächst in den alten Betsaal begeben, den die staatliche Verwaltung seit Bestehen des Lagers beiden Konfessionen zur Verfügung gestellt hatte. Den letzten Gottesdienst hielt hier der Seelsorger von Dachau-Ost, Pfarrer Dr.Daum. Anschließend bewegte sich ein Festzug mit einem Posaunenchor an der Spitze zur neuen Kirche. Die Weiherede hielt der geistliche Oberhirte Südbayerns, Oberkirchenrat D.Daumiller. Dann erfolgten die Schlüsselübergabe und der Einzug in die Kirche, wo nun der Weiheakt vor sich ging. Zum ersten Mal schlug in Dach-Ost die Glocke an, die aus Großhammer bei Trebnitz in Schlesien stammt. Die erste Predigt in der neuen Kirche wurde vom Vertreter des Welt-Luther-Bundes, Pastor Dr.Dietrich gehalten. An der Stelle, wo der Teufel seine Kapelle gebaut hatte, setze nun Gott seine Kirche".

Das evangelische Glaubensleben blühte. Der Kindergarten der Inneren Mission war mit 50 Buben und Mädchen voll besetzt. Die Abendmahlzahlen erreichten 1955 die einmalige Höhe von 40 % aller Gemeindeglieder.

Als immer mehr Vertriebene und Flüchtlinge aus dem Lager in die neu gebauten Wohnungen in Dachau-Ost umzogen, errichtete man im Jahr 1960 dort erst ein Pfarrhaus mit Betsaal und von 1962-64 eine neue Kirche. Sie war die Nachfolge-Kirche der 3.Barackenkirche und erhielt deshalb auch deren Namen Gnadenkirche.

Am 9. November 1963 fand der letzte Gottesdienst in der Barackenkirche statt. Mit dabei waren der bayerische Landesbischof Hermann Dietzfelbinger und der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ernst Wilm, der von 1942 bis 1945 selbst im Dachauer KZ inhaftiert war. Der Ratspräsident der EKD, Kurt Scharf aus Berlin, verlas in diesem Gottesdienst den Aufruf zur Errichtung einer evangelischen Gedenkstätte in der Nähe der schon bestehenden kath. Todesangst-Christi-Kapelle. Diese Kirche, die Versöhnungskirche, wurde 18 Monate später, am 8.Mai 1965, in Angriff genommen und am 30.April 1967 von Martin Niemöller, der selbst Häftling in Dachau war, eingeweiht.
...mehr über die Versöhnungskirche...

Nach dem letzten Gottesdienst baute man die Barackenkirche im Lager ab und errichtete sie im Münchner Stadtteil Ludwigsfeld wieder, wo sie unweit der Dachauer Straße bis ins 21.Jh stand.

 

4. Geplante Sühne-Wallfahrtskirche

Ende 1945 hatte man sich Gedanken ge-macht, wie an die Naziverbrechen in angemessener Weise erinnert werden soll.
Stadtpfarrer Pfanzelt wollte eine große Sühnekirche errich-ten, eine doppeltür-mige Wallfahrtskirche.
Dafür wurde 1945 ein Planungswettbewerb durchgeführt. Im Dachauer Archiv und im Architektur-museum der TU München sind Pläne davon erhalten. Wer der Architekt war, und welches Ergebnis der Wettbewerb hatte, ist mir nicht bekannt.
weitere Pläne siehe hier...

Hans Schertl


Quellen:
01) Dachauer Nachrichten vom 25.3.1952 (Einweihung ev.Kirche), 12.9.1955 (Madonna), 4.9.1989 (Kuratie),
02) Dachauer Nachrichten vom Anfg.2003 (Blechb.Orgel)
03) Heilig Kreuz Dachau, Pfarrkuratie, 1964
04) Archiv der Pfarrei St.Jakob Dachau Nr. 24-28
05) Schutzhäftling Nr. 22838 KZ Dachau, Freiburger Diözesan Archiv, Dritte Folge, 22.Bd, S. 52, 1970 (unerlaubt.Beichth.)
06) Geistliche in Dachau - www.gedenkstaettenseelsorge.de/erinnern/geistliche.php
07) 25 Jahre Gnadenkirche, 1989
08) Buchmann/Raz, Die Kirche Heilig Kreuz in Dachau
09) Eleonore Philipp, Die vergessene Gnadenmutter, Amperland 2000/1
10) Hans-Günter Richardi, 40 Jahre Gnadenkirche, 2004
11) Eleonore Philipp, Die Blechbüchsenorgel in der Dachauer Lagerkirche Heilig Kreuz, Amperland 2003/1
12) Hans-Karl Seeger, Der Dachau-Altar in der Lagerkapelle des KZs, IKLK, Rundbrief 2005/2, S. 9 (Gottesdienste vor 1941)
13) Hans-Günter Richardi, Gründungsgeschichte der Dachauer Gnadenkirche im Wohnlager Dachau-Ost, 2005
14) Hans-Karl Seeger-Gabriele Latzel, Priester u.Seelsorge im Konzentrationslager, IKLK, Rundbrief 2005/2, S.12 (Ausstattg)
15) Thomas Kempter, Gott feiern in Dachau, Diplomarbeit im Fach Liturgiewissenschaft, 2005 (Behandlg vor 1941, Ehrenhäft.)
16) Franz Pawelka, Puchheim, 2006 (2.Barackenkirche)
17) Rudolf Fischer, Dachau, 2008 (Priesterbaracke)
18) Auf den Spuren der Seligen, www.selige-kzdachau. de, 2013 (reichsdeutsche Priester)
19) Adam Kozlowiecki, Not u.Bedrängnis, Als Jesuit in Auschwitz u.Dach.,2016, Verlag Pustet,ISBN 978-3-7917-2730-1(1034)
20) Eleonore Philipp, Indersdorf (Priesterbaracke, Gnadenmutter)
21)Jakob Wetzel, Dachauer SZ vom 29.8.2016, (
geweihten Hostien)
22)
Kreuzschnabel, Pfarrbrief der Gemeinde HeiligKreuz, Dachau, April 2014


9 Bilder: Rudolf Fischer (7), Pfarrei Hl.Kreuz (1), Pfarrei Gnadenkirche (1).

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

12.2.2022