zur
Landkreiskarte zurück
zur Hauptseite
Eleonore
Philipp,
Niederroth
Feldkreuz
auf dem Gelände des ehem. Liebhofes,
Dachau
(heute: Gelände der kath. Kirche Heilig Kreuz, Dachau)
Rothkrans
Door J. [1]
"Dachau – Helen Hemel"
"Wir kamen unterwegs an einem Feldkreuz mit Marienbild [2] vorbei. Es sah verwahrlost aus. Im Vorbeigehen grüßte ich immer. Es fiel mir auf, daß nur ich das machte. Schnell war der SS-ler bei mir. Er hat die Straftat gesehen. 'Wen grüßt Du?', war seine Frage. 'Jesus, meinen Herrn und Meister', sagte ich. Mittags musste ich mich an der großen Pforte melden. Zur Strafe stand ich die ganze Woche über Mittag während der Essenszeit dort. Wochenlang hat er mich gequält, indem er mir immer wieder mit einem Stöckchen Striemen ins Gesicht schlug oder von hinten auf meine Schuhe trat oder immer wieder den Hund auf mich hetzte. Später erfuhr ich, daß zuvor schon mal ein Theologiestudent versuchte, dieses Feldkreuz, das sehr wackelig war, mit ein paar Hölzchen zu befestigen. Das war noch schlimmer, und dafür hat er wirklich büßen müssen. Aber am Ende hat er doch mit Hilfe eines SS-Mannes, der noch ein bißchen Glauben in sich trug, das Feldkreuz reparieren dürfen. (…) Jedes Mal, wenn ich vorbeikam, habe ich meinen Meister innerlich still, aber mit viel Liebe gegrüßt. Daran konnte sogar die SS mich nicht hindern, und immer betete ich am Marienbildchen den herrlichen Lobgesang von St. Bernhardinus ‚Salve Regina', der wirklich treffend passte für unsere Lagerhaft, die wir seufzend und weinend durchlebten." |
Anmerkung:
Der holländische Dachau-Häftling Nico Rost schreibt in sein in Dachau geführtes
Tagesbuch am 29. Dezember 1944: "Pater (sic!. Kaplan) Rootkrans aus Südlimburg,
der tagtäglich die Flecktyphuspatienten im Revier besucht und der sein letztes
Stückchen Brot weggibt, ist für mich ein halber Heiliger."
(Das Buch von Nico Rost erschien 1946 im Verlag Volk und Welt unter dem Titel
"Goethe in Dachau")
*
Wilm
Dr. Ernst [3]
"So sind wir nun Botschafter…"
Luther-Verlag, Witten/Ruhr 1953, S. 126 f:
Pastor Ernst Wilm, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen (1948-1969), erinnert in seinen als Buch erschienenen Predigten und Andachten an die im KZ Dachau verbrachten Jahre. |
"Im
Sommer 1942, dem schlimmsten Sommer meines Lebens, waren wir in einem Arbeitskommando
von etwa 400 Häftlingen, das auf einem Hof
[4]
der außerhalb des Lagers lag, zu arbeiten hatte. Diesen Hof hatte die
SS gekauft. Wir mussten auf den großen Feldern in der heißen Sonne vom frühen
Morgen bis zum späten Abend knieend jäten, graben usw. Eine müde Schar waren
wir, wenn wir hinauswanderten und noch müder, wenn wir wieder zurückwanderten.
Es ist kaum ein Mittag oder Abend vergangen, an dem wir nicht einen oder zwei
unserer Kameraden auf den Schultern mitschleppen mussten, weil sie zusammengebrochen
waren. Viele sind von dem Appelllplatz, wo wir sie hinlegen mussten, nicht wieder
aufgestanden.
Wenn wir nun diesen Weg in all der Müdigkeit und Armseligkeit – links und rechts
neben uns die Posten mit ihren geladenen Gewehren und den auf den Menschen dressierten
Hunden – marschierten, dann kamen wir – und das war das Ergreifende! – jedes Mal
an einem Bild des gekreuzigten Heilands vorbei. Ein Stück weit führte unser
Weg nämlich durch privates Land hindurch, wo einer der Bauern an der Ecke eines
Feldes ein Marterbild des Gekreuzigten aufgestellt hatte. Wenn wir vorbeikamen,
dann nahmen die katholischen Brüder, die deutschen und die polnischen Geistlichen,
ihre Mütze ab. Das war eigentlich etwas Unerhörtes; sonst wurde die Mütze nur
vor der SS abgenommen. Auf das Kommando 'Mützen ab!'musste der ganz Trupp schlagartig
die Mütze abreißen, bis es wieder hieß: 'Mützen auf!'Das, was mich nun so eigenartig
dabei berührt hat und mir bis heute unvergeßlich geblieben ist, war die Tatsache,
daß bis auf eine einzige Ausnahme die Wachposten dazu niemals etwas gesagt haben.
Nur einmal hat einer gebrüllt: "Ihr seid wohl verrückt geworden!'Aber dabei
haben sie es auch bewenden lassen. –
Ich bin ein guter evangelischer Pastor, aber ich habe damals auch die Mütze
abgenommen. Wenn ihr mich fragt: 'Wie konntest du das tun?'– dann könnte ich
es euch schwerlich erklären. Aber dieses Bild des Heilands, mitten in der Wüste,
mitten in einer Welt des Hungers und Elends, der Kälte und der Unbarmherzigkeit
– das war uns so sehr ein Gruß aus der Heimat des Herzens, daß wir nicht so
einfach daran vorübergehen konnten. Es war eine Erquickung, daß in Dachau Er,
der Herr Christus, in Seinem Bild uns grüßte. Und es war ja nicht nur das Bild,
sondern wir wußten etwas von Seiner Gegenwart."
Fußnoten: