Bittgänge
Pfarrer Froschmaier verfasste 1771 ein "Diarium Funktionum Ecclesiasticarum",
also ein Buch über Ereignisse im Kirchenjahr, in dem u.a. auch die
Bittgänge und Wallfahrten verzeichnet sind:
zur Wallfahrtskirche Einsbach
Am 20.Januar, dem Sebastianitag,
gingen die Bergkirchner nach Einsbach zur Wallfahrtskirche, wo neben dem
Hl.Blut auch der Pestpatron St.Sebastian besonders verehrt wurde. Auch
am Schauerfreitag (= Tag nach Christi Himmelfahrt) war wieder Einsbach
das Ziel.
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Die
Schauerprozession ist ein Bitt- oder Flurumgang mit dem Allerheiligsten
in der Monstranz. Je nach Tradition wird an ein bis vier Stellen
halt gemacht. Die Schauerprozession ist somit eine einfachere Form
der Fronleichnamsprozession. Es werden keine geschmückten Altäre
aufgebaut, sondern der Altar wird in der Prozession mitgetragen.
Sie führt auch ganz gezielt aus den Dörfern hinaus zu
den Feldern. Um diese Zeit sind die Saaten ausgebracht und nun bittet
die Bevölkerung um das Geschenk des Wachstums und der Bewahrung
vor Unwettern, die gerade im Frühjahr die jungen Pflanzen gefährden.
Seine Ursprünge hat die Schauerprozession in der Schaudevotion
des Spätmittelalters (daher der Name). Durch das öffentliche
Zeigen bzw. Schauen versuchten die Gläubigen seit dem 13. Jahrhundert
eine besondere Nähe zu Christus in der Andacht zu gewinnen.
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nach Deutenhausen
Am Blasiustag (3.Febr) wurde in Deutenhausen das Fest des hl.Blasius als
angeblich zweiter Patron der Kirche feierlich begangen (eine uralte Blasiusfigur
steht dort als Assistenzfigur auf dem Hochaltar). Die Bergkirchner nahmen
am Fest teil.
In Deutenhausen selbst fand am Dreifaltigkeitssonntag der Felderumgang
statt.
nach Puchschlagen
Am 26.März, am Fest des hl.Kastulus, gingen die Biberecker, einem
uralten Gelübde folgend, in Begleitung des Kooperators nach Puchschlagen;
dort ist St.Kastulus Kirchenpatron.
nach Kreuzholzhausen
Am hl.Kreuztag (3.Mai) sowie am Mittwoch vor Christi Himmelfahrt und am
Markustag (25.April) ging die ganze Pfarrei nach Kreuzholzhausen.
nach Andechs,
auf den hl.Berg 29)
Am Dienstag vor Christi Himmelfahrt wallfahrtete man - seit 1630-
auf den hl.Berg zu Andechs. (Dabei wurde in "Brugg übernachtet
und alldort bereits dem guten Bier allzu sehr gehuldigt".
In den Kirchenrechnungen von 1640 -also mitten im 30jährigen Krieg-
ist zu den Bittgängen vermerkt:
"Alß mann mit dem Creiz auf den
heil.Perg und St.Benno nacher
Minchen gangen, hat man von ein und außleitung des Creizs denn
Fahnnentragern und vorsingern in allem außgeben 3 fl. 40. Dem Meßner,welcher
ds ganze Jahr in der Kürchen und andern
Creizgengen vorsingen mueß auf versuechen und widerrueffen Jerlich
1 fl. "
Die Wallfahrt am Dienstag vor Christi Himmelfahrt nach Andechs gab es
auch noch 1877. Jedenfalls hat der Amperbote vom 16.Mai 1877 vermeldet:
" Bei dem am Dienstag, dem 8.Mai, von Bergkirchen nach dem heil.Berg
Andechs abgegangenen Wallfahrtszug haben sich, trotz der schlechten Witterung
und der von einiger Seite entgegengesetzten Hindernisse (?) circa 196
Personen beteiligt".
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Ziel der Wallfahrt
nach Andechs war der "Heilthumschatz". Unter diesem Begriff
wurden die vielen verschiedenen Reliquien zusammengefasst. Es handelte
sich dabei um die Herren-Reliquien, die die Grafen von Andechs (darunter
auch der hl.Rasso) von den Kreuzzügen und Wallfahrten aus dem
Heiligen Land mitgebracht hatten. Darunter waren Kreuzpartikel, Teile
der Dornenkrone Christi, ein Stück vom Tischtuch des Letzten
Abendmahles und viele weitere Erinnerungsstücke an das Leben
und Leiden Christi. Dazu kamen noch Blut- bzw. Gregoriushostien (Dreihostienmonstranz)
sowie das Brautkleid und Brustkreuz der hl.Elisabeth und ein Kopfreliquiar
der hl.Hedwig. Auch ein Stück aus dem Gewand des hl.Nikolaus
und das Siegeskreuz Karls des Großen gehörten zum Heilthumschatz.
Die Reliquien waren in einzelne Monstranzen aufbewahrt, die den Pilgern
vom Fenster der heutigen Hedwigskapelle aus einzeln gezeigt wurden
(Weisung der Heilthümer). Dazu wurden unterschiedliche Gebete
und Litaneien gesprochen und Lieder gesungen, je nachdem, ob es sich
um das Reliquiar eines Heiligen oder eine Herrenreliquie handelte.
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Frau Inge
Bortenschlager hat in ihren Erinnerungen weitere Details über die
Wallfahrt veröffentlicht. So brach ein Teil der Bergkirchner Wallfahrer
schon am Dienstag Mittag auf, mit Rucksack und Brotzeit bepackt, um am
Abend in Andechs im Heustadel zu übernachten. Dann konnte man einigermaßen
erholt an der Christi-Himmelfahrts-Festmesse am nächsten Tag teilnehmen,
vorausgesetzt, der obligatorische Besuch im Bräustüberl hat
nicht allzulange gedauert. Ein anderer Teil begann die Wallfahrt erst
um Mitternacht und erreichte die Festmesse wohl etwas abgekämpft.
Nach dem Gottesdienst verzehrten die Wallfahrer das Mitgebrachte und zogen
bald wieder heim, um am Abend zur Stallarbeit zurück zu sein.
nach Geiselbullach
Am Fest des hl.Johannes Nepomuk (20.März) zog man in einer Prozession
nach Geiselbullach.
München
Am Pfingstsonntag und Pfingstmontag ging man nach München zum hl.Benno,
der in der Frauenkirche verehrt wurde.
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Die
Verehrung des hl.Benno in Bayern entstand erst im 16.Jh im Zusammenhang
mit der Reformation. St.Benno, der von 1066 bis 1106 in Meißen als
Bischof gewirkt hatte, wurde am 16.Juni 1524 zur Ehre der Altäre gehoben.
Luther verurteilte diese Heiligsprechung in seiner Schrift "Wider
den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden"
aufs Schärfste. Als Sachsen 1539 protestantisch wurde, öffnete man
das Grabmal Bennos und warf seine Gebeine in die Elbe. Allerdings
behauptete der letzte Bischof von Meißen, der später übrigens selbst
die evangelischen Konfession annahm, vorher die Gebeine aus dem Sarg
entfernt und die Sekundärreliquien, das Messgewand, Mitra und Bischofsstab
in Sicherheit gebracht zu haben. Sie wurden 1576 (wohl gegen einen
ansehnlichen Betrag) zusammen mit einem Wunder-Verzeichnis dem bayerischen
Herzog Albrecht V. überlassen. 1580 setzte man die Gebeine in der Münchner Liebfrauenkirche bei, wo sie nun das Ziel vieler Wallfahrer
aus dem bayerischen Land waren. Maßgeblich dafür waren sicher seine
Patronate für München und Altbaiern sowie seine Funktion als Wetterheiliger.
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nach Mitterndorf
Am Donnerstag nach Pfingsten war Mitterndorf das Ziel des
Bittgangs.
nach Straßbach
Am Mittwoch in der Pfingstwoche zogen die Oberbachener nach Straßbach
zur hl.Ottilie/Odilia.
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Odilia war eine
Tochter des Herzogs Athich aus dem Elsass. Sie gründete 690 das später
nach ihr benannte Kloster Odilienberg als Augustiner-Chorfrauenstift
und stand ihm als Äbtissin vor. Die Legende berichtet, dass ihr Vater
seine blind geborene Tochter Odilia töten lassen wollte, die Mutter
Bethsvinda sie aber retten konnte. Odilia wurde das Augenlicht wieder
geschenkt, als der durch einen Engel zu ihr gewiesene Wanderbischof
Erhard von Regensburg sie taufte. St.Ottilie ist Patronin der Blinden
und der Winzer (wegen ihrer Heimat Elsass). Sie wurde vor allem wegen
Augen-, Ohren- und Kopfleiden um Hilfe angerufen.
Straßbach war auch das Ziel von Bittgängen aus anderen
Pfarreien. So wallfahrteten Ende des 18.Jh die Pfarrgemeinden Ampermoching,
Weichs, Vierkirchen, Röhrmoos, Hebertshausen, Pellheim, Niederroth,
Rumeltshausen, Kreuzholzhausen, Schwabhausen, Oberroth, Arnbach, Hirtlbach,
Westernholzhausen und Indersdorf alljährlich nach Straßbach. |
nach Lauterbach
Am 26.Juni, dem Fest der Heiligen Johannes und Paulus, war Bittgang nach
Lauterbach.
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Johannes und Paulus,
nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen Aposteln, waren Brüder,
die hohe Beamten-stellungen am Hofe Kaiser Konstantins inne hatten.
Unter Kaiser Julian, dem Abtrünnigen (361-363), der das Rad der Zeit
zurückdrehen wollte und das kurz vorher anerkannte Christentum wieder
bekämpfte, wurden sie im Jahr 362 enthauptet. Der Gedenktag der Heiligen
zur Zeit der Sommersonnwende machte die beiden zu Wetterpatronen;
schon 1150 werden sie in der Chronik der deutschen Kaiser als solche
erwähnt. Bauern erbitten von Johannes und Paulus das gewünschte Wetter,
in ihrem Namen werden "Wetterkerzen" geweiht, sie sind Patrone von
Bittprozessionen für gutes Wetter und helfen bei Gewitter, Blitz,
Hagel und Pest. Weil sie historisch nicht nachweisbar sind, wurden
Paulus und Johannes bei der Reform aus dem römischen Kalender gestrichen,
im Martyrologium von 2001/2004 sind sie wieder enthalten. |
Feldgeding
Am 26.Juli, am St.Annafest, zog die Pfarrgemeinde nach Feldgeding,
wo St.Anna eine der Kirchenpatrone ist. Einer alten Überlieferung
zufolge ruhte an diesem Tag alle Feldarbeit auf Grundstücken jenseits
der Maisach.
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