Wallfahrt
nach Andechs
Die älteste Wallfahrt führte nach Andechs (zum großen
Reliquienschatz, Heiltum genannt, darunter auch den "drei Hosten").
Jedenfalls ist sie schon 1618 in einem Schriftstück der Münchner Hofkammer
beschrieben. Damals wurde sie am 23.August durchgeführt. Veranstalter war
nicht die Pfarrgemeinde, sondern der Martk Dachau. In den Jahren 1632 und 1634,
als Dachau zweimal von den Schweden geplündert wurde, konnten keine Kreuzgänge
oder Wallfahrten durchgeführt werden. Als die Kriegsereignisse um 1635
eine Wallfahrt nach Andechs aus Sicherheitsgründen nicht mehr zuließen,
pilgerten die Dachauer ersatzweise zum Kloster Taxa, zum Gnadenbild Maria Stern.
Gleiches geschah 1649, als in Dachau die Pest grassierte;in den Rechnungsbüchern
heißt es dazu: "wegen sterbender Läuff und uhnvermögenheit
halber" wird nicht auf den heiligen Berg "gewallfahrtet", sondern
zu "Unserer Lieben Frau in das Täxet". Die Wallfahrt nach Andechs
wurde 1636 wieder aufgenommen; von da an fand sie alljährlich in der Kreuzwoche,
um den 3.Mai herum, statt.
Die Kosten für diese Wallfahrt (rd. 8 Gulden) wurde von der Pfarrkirchenstiftung
getragen; nach dem 30jährigen Krieg größtenteils von der Dachauer
Marktkammer. Zu den Kosten gehörte auch die Entlohnung des begleitenden
Pfarrers, meist waren es Kapläne (Gsellpriester), die dafür 2 Gulden
erhielten. 1636 wurden dem begleitenden Pfarrer von Mitterndorf 3 Gulden bezahlt,
"alleweilen alle Sachen gar teuer". Manchmal nahmen die Geistlichen
zu Pferde an der Wallfahrt teil. Im 17.Jh. erhielten die Fahnenträger 30
Kreuzer, der Kruzifixträger 12-45 Kreuzer und der Vorsänger 2 bis
3 Gulden. Außerdem war in manchen Orten, durch die man zog, Ein- und Ausläutgeld
und in Andechs selbst ein Anzündgeld für die Wallfahrtskerze
zu zahlen. Denn es war üblich, eine große, prächtig geschmückte
Votivkerze mitzubringen, die in Andechs im Wachsgewölbe ausgestellt wurde.
Die 1718 vom Dachauer Maler Joh.Georg Hörmann für 7 Gulden im Auftrag
des Marktes Dachau angefertigte Votivkerze ist noch heute in Andechs zu bewundern
(mit der falschen Jahreszahl 1715). Das förderte einen Wettstreit der Wallfahrergruppen
aus größeren Städten um die größte und schönste
Kerze.
Ziel der Wallfahrt nach Andechs war der "Heilthumschatz". Unter diesem Begriff wurden die vielen verschiedenen Reliquien zusammengefasst. Es handelte sich dabei um die Herren-Reliquien, die die Grafen von Andechs (darunter auch der hl.Rasso) von den Kreuzzügen und Wallfahrten aus dem Heiligen Land mitgebracht hatten. Darunter waren Kreuzpartikel, Teile der Dornenkrone Christi, ein Stück vom Tischtuch des Letzten Abendmahles und viele weitere Erinnerungsstücke an das Leben und Leiden Christi. Dazu kamen noch Blut- bzw. Gregoriushostien (Dreihostienmonstranz) sowie das Brautkleid und Brustkreuz der hl.Elisabeth und ein Kopfreliquiar der hl.Hedwig. Auch ein Stück aus dem Gewand des hl.Nikolaus und das Siegeskreuz Karls des Großen gehörten zum Heilthumschatz. Die Reliquien waren in einzelne Monstranzen aufbewahrt, die den Pilgern vom Fenster der heutigen Hedwigskapelle aus einzeln gezeigt wurden (Weisung der Heilthümer). Dazu wurden unterschiedliche Gebete und Litaneien gesprochen und Lieder gesungen, je nachdem, ob es sich um das Reliquiar eines Heiligen oder eine Herrenreliquie handelte.