Kapelle
St.Leonhard im Moos
85757
Karlsfeld, Waldschwaigweg 4
Lage auf der Karte
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Beschreibung
Die
Kapelle St.Leonhard im Moos steht im Zentrum des Karlsfelder Ortsteils
Waldschwaige zwischen dem Gasthof und dem Maibaum, etwa 380 Meter
östlich des Waldschwaigsees.
Das
kleine Gotteshaus wurde 1985/86 auf dem Grund der Familie
Christl (den ehem.Wirten) von den Mitgliedern des Vereins der "Waldschwaigler"
in Eigenleistung erstellt. Den Dachstuhl fertigte kostenlos Sepp
Spiegl. Initiator und treibende Kraft des Kapellenbaus war Sigi
Weinzierl. Die Grundsteinlegung fand am 1.Mai 1985, das Richtfest
im Juli 1985 und Einweihung am 4.Mai 1986 statt.
Die Idee einer Feldkapelle für die Mösler entwickelte
sich am Stamm-tisch des Gasthofs Christl (heute "Waldschwaigstüberl").
Getreu dem Motto der Gemeinschaft, "das kulturelle Erbe zu
erhalten und kulturelle Wert neu zu gestalten", sollte der
Bau "was ganz Extrig's" werden.
Und
das gelang. Die Kapelle überzeugt architektonisch im Zusammen-spiel
von beschützendem Dach und elegantem
Pfeilerunterbau.
Das Bauwerk mit einem Durchmesser von rd. 2 Metern ruht auf einem
Pflasterboden. Eine rückwärtige Mauer und sechs Holzsäulen
im vor-deren Teil tragen das Gebälk, das mit einem Kupferdach
bedeckt ist. Der Zugang zum Innenraum ist mit Ketten zwischen den
Säulen versperrt.
Das
Patrozinium des hl. Leonhard ist für eine Kapelle der Mösler,
der Bauern im Langwieder Moos, naheliegend; denn dieser Heilige
ist Schutzpatron der Haustiere und insbesondere der Pferde.
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Über die Feierlichkeiten zur Segnung der Kapelle am 4.Mai 1986 gibt
es mehrere Zeitungsberichte und Bilder. Wenn Sie interessiert sind, klicken
Sie hier...
Die Rückwand der Kapelle bildet eine dreiteile Mauer. Sie dient
als Auflage für den Dachstuhl und als Hintergrund für
die große, 500 kg schwere Figur des hl. Leonhard. An dieser
Wand sind ein schmiedeeiserner Leuchter und eine Plakette aus Metall
mit dem Text "Grundsteinlegung 1.5.1985 - Einweihung 4.5.1986
" befestigt.
Die rd. 1,2 m hohe Figur des hl.Leonhard aus Muschel-Kalkstein steht
auf einem 50 cm hohen Sockel, auf dem der Name des Patrons und ein
in den Stein gemeißeltes Relief von Pferden und Rindern angebracht
sind. Nur der der Heiligenschein, die Attri-bute der Figur und der
Name sind farblich herausgehoben; im Übrigen ist die Statue
ungefasst.
St.Leonhard ist in ein Mönchsgewand gekleidet und hält
Abtsstab und Viehketten in den Händen.
Der Heilige lebte um das Jahr 550 als Einsiedler und später
als Abt eines von ihm gegründeten Klosters in Noblat/Frankreich.
Regelmäßig besuchte er die Gefangenen und erreichte für
viele beim König Clodwig I. die Freilassung. Deshalb galt er
ursprünglich als Schutzpatron der Gefangenen, also derer, "die
in Ketten liegen". Als Leonhard 1000 Jahre später auch in Deutschland
verehrt wurde, hat man ihn bei uns zum Schutzpatron der Haustiere
erklärt, weil man die Ketten, mit denen er abgebildet wurde,
als Viehketten missdeutete.
In Bayern erreichte die Leonhardsverehrung im 19.Jh ihren Höhepunkt.
Man nannte ihn auch den bayerischen Herrgott.
Am Leonharditag, dem 6.November, werden noch heute Leonhardiritte
abgehalten und Tiersegnungen vorgenommen.
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Leonhardfigur
mit Abtsstab und Ketten
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Die Figur des hl.Leonhard wurde
vom Bildhauer Richard Triebe geschaffen. Die Kosten von 4000 DM
trugen die Waldschwaigler.
Der 1922 in Briesen/Böhmen geborene Künstler Triebe war von
1957 bis 1986 freischaffender Leiter der Dombauhütte Regensburg und
bis 1998 Heimatpfleger der Stadt Regensburg. Triebe bereicherte die Kunstszene
nicht nur Bildhauer, sondern auch als Maler und Grafiker. Der Träger
vieler Auszeichnungen und Preise starb im Juli des Jahres 2012 im Alter
von 90 Jahren.
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Dachstuhl
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Pferde
und Rinder am Figurensockel
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Quellen:
Horst Pajung, Karlsfeld
2014 (Quellenforschung)
Dachauer Nachrichten v. 23.7.1985 , v. 6.5.1986
Dachauer Neueste v. 2.8.85, v. 24.5.1986
Dachauer Nachrichten v. 23.7.1985, v. 6.5.1986
9
Bilder: Pajung (2),
Helmberger (4), Schertl (3)

18.3.2018
Eine Kapelle als neuer Ortsmittelpunkt
Feierlichkeiten
zu Segnung der Kapelle
Zusammenfassung der Zeitungsberichte der Dachauer
Nachrichten v. 6.5.1986 und der Dachauer Neuesten v.24.5.86
Gespanne
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und Reiter
der Stallgemeinschaft
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Wagen
mit der Leonhadsfigur
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Strahlend blauer Himmel, Temperaturen wie im Hochsommer: die Waldschwaigler
unter ihrem Vorsitzenden Ralph Schleitzer hätten sich keine besseren
Wetterbedingungen für die feierliche Einwei-hung ihrer Leonhard-Kapelle
am 4.Mai wünschen können.
Das Ereignis begann am Holznerhof mit der Aufstellung des Fest-zugs:
Ganz vorne standen die sechs Karlsfelder Goaßlschnalzer, dahinter
Reiter und Gespanne der Stallgemeinschaft (s.oben). Es folgten die
Bläser der Jugendkapelle Karlsfeld, die Feuerwehrleute und der
Festwagen, gezogen von einem Ponnygespann, auf dem die Heiligenfigur
transportiert wurde (s.links). Viele Spaziergänger und Rad-Ausflügler
schlossen sich dem Festzug an. |
Stadtpfarrer Josef Kölbl
von Maria Himmelfahrt, zu dessen Sprengel die Waldschwaige gehörte,
weihte die Leonhardsfigur und segnete die mitgezogenen Pferde. In
seiner Predigt erzählte er von seiner Begegnung mit einer Frau,
die St.Leonhard für ihren kriegsgefangenen Sohn angerufen hatte.
Er war am Leon-harditag (6.11.) aus Russland zurückgekehrt.
Kölbl rief die Festgäste auf, zu überlegen, an welche
Kette sich jeder selbst gebunden hat und wie er sich davon wieder
lösen kann. Er lobt alle Personen, die an der Erstellung der
Kapelle be-teiligt waren und erklärte, dass ihm in seiner 30jährigen
Tätig-keiten in der größten Pfarrei Dachaus eine
solche Aktion noch nicht unterkommen sei.
Die weltliche Feier fand in
der Maschinenhalle statt. Die Jugend-blaskapelle spielte auf. Rollbraten
mit Kartoffelsalat, Fischsem-meln und Brotzeiten wurden aufgetischt.
Die Vereinsmitglieder der Waldschwaigler waren dekorativ in Lederhosen
mit viel Charivari gekleidet. Und die Festredner mussten sich anstrengen,
um sich gegen den allgemeinen Geräuschpegel der Feiernden durchzusetzen.
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Pfarrer
Kölbl bei der Einweihung
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Landrat Christmann
erklärte schmunzelnd, er erhoffe sich vom hl.Leonhard Hilfe beim
behördlichen Kummer mit den Freizeitreitern. Dafür werde er
gern im Nachhinein die Frage auf sich beruhen lassen, ob man eine Kapelle
-und sei sie noch so klein- ohne Genehmigung bauen dürfe. Jedenfalls
sei ihm kein Bauantrag bekannt. Aber es sei wichtig, dass Kirche und Staat
unbürokratisch nebeneinander wirken.
Bürgermeister Bruno Danzer lobte den neuen Ortsmittelpunkt und stellte
zur allgemeinen Erheiterung in Aussicht: "Vielleicht werden auch
mal ab und zu Gemeinderäte und Bürgermeister zur Erleuchtung
hierher wallfahrten".
Pfarrer Johann Löb von Karlsfeld St.Josef zog augenzwinkernd die
Kapelle als neues Wallfahrtsziel in Betracht. Zum fehlenden Bauplan fügte
er an, ob nicht auch Gott einen Bauplan hätte einreichen sollen,
als er die Welt erschuf.
Der Vorsitzende der Waldschwaigler, Rolf Schleitzer, dankte den am Kapellenbau
Beteiligten, insbesondere Josef Christl und seiner Familie, dem Hauptinitiator
Siegfried Weinzierl (dem er als Zeichen der Anerkennung ein bayer.Wappen
überreichte), Zimmerer Sepp Spiegel, Transportunternehmer Manfred
Bauer, der Gärtnerei Schuster, der Hallenbesitzerin Maria Schnabel
für die Ausrichtung des Festes und Erwin Werner, der als Erstspender
zum finanziellen Grundstock beigetragen habe. Schleitzer erklärte,
dass man die Kapelle dem hl.Leonhard gewidmet habe, weil sie in einer
bäuerlichen Gegend stehe und man zugleich auch Verbundenheit mit
der Tierwelt zeigen wolle.
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Bilder: Familie Helmberger, Waldschwaige

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