Franziskus-Kapelle
in WAGENHOFEN
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Beschreibung
Die Ortschaft mit rd.
100 Einwohnern 04)
liegt auf einer kleinen Anhöhe
über der Glonn. Der Ort Wagenhofen, "Höfe des Wacho"
05)
, dürfte schon im
7.Jh. gegründet worden sein. Es war in frühe-ren Jahrhunderten
eng mit Augsburg verbunden. Die erste schrift-liche Erwähnung
der Ortschaft stammt aus dem Jahr 1085 im Zusammenhang mit
der Schenkung des Chorherrenstifts Habach bei Weilheim an das Bistum
Augsburg. 08)
Aus der Zeit um 1800 ist bekannt, dass fünf der damals neun
Anwesen Abgaben an das Kloster St.Ulrich zu entrichten hatten. 05)
Wem im Jahre
1760 die 9 Anwesen in Wagenhofen gehörten, ist dem Historischen
Atlas von Bayern, Die Landgerichte Friedberg und Mering 06)
zu entnehmen:
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"Wagenhofen (D, Gde Pfaffenhofen), 9 Anw.:
Kloster St. Ulrich Augsburg 1/1 (Ludwig), Ruralkapitel Odelz-hausen
1/2 (Steffel), 1/16, Kirche und Pfarrei Pfaffenhofen
3 je 1/4 (Naßl, dessen Zubau, Schustermann), 1/2 (Schlain),
(Gmeind 1814: 1 Hirthaus), einschichtig: Hfm Weyhern 1/2 (Loder)."
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Die Kapelle
in Wagenhofen wurde im Jahr 1844 erbaut und dient nach einer
Bistumsbeschreibung von 1874 07)
:
"bloß zur Privat-Andacht". Sie ist -zumindest seit
40 Jahren- dem hl.Franziskus von Assisi geweiht.
Das 8,5 m lange und 4,5 m
breite 05)
Kirchlein liegt an der alten
Ortsstraße von Odelzhausen nach Pfaffenhofen. Sie ist seit
2022 in hellbeiger Farbe gestrichen. Bis dahin zeigte sich der Bau
in gelber Farbe mit weißen Ecklisenen
(siehe Bild links).
Auf der Giebelmauer sitzt ein kleiner Dachreiter mit Schallloch
auf. Dieser mit einem Satteldach bedeckte Dachreiter besteht aus
drei Bauteilen unterschiedlicher Breite. Sie sind abwechseln in
den Grundfarben der Kapelle (Gelb und Weiß) bemalt. Dadurch
wirkt das proportional etwas zu hohe Türmchen optisch niedriger.
1938 brach von einer großen Linde ein riesiger Ast ab und
beschädigte den Dachreiter. Bei der Reparatur entdeckte man
die in den Stein eingravierte Jahreszahl 1844. Sie ist jetzt wieder
vom Putz überdeckt.
05)
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Im Dachreiter hängt ein 15
kg schweres Bronzeglöckchen, das mit einem Seilzug hinter
der Eingangstür geläutet wird. Es trägt die Aufschrift:
"1893 gegossen in Augsburg". Die geringe Größe hat
die Glocke vor dem Einschmelzen in den beiden Weltkriegen bewahrt. 05).
Die Kapelle ist seit einiger Zeit mit einem Kupferdach bedeckt. Früher
besaß das Dach eine Ziegeleindeckung.
Im Giebeldreieck ist eine Öffnung in Kreuzesform eingelassen. Sie
sorgt, neben den vier Rundbogenfenstern an den Seitenwänden und im
Chorschluss, für Helligkeit im Kapellenraum.
Bau- und
Weiheerlaubnis
Einen interessanten Einblick in
die Planungs- und Baugeschichte sowie in den Widerstand seitens des Pfarrers
erlauben die Akten des Erzbistums 05)
,
die von den Autoren der Gemeindechronik Pfaffenhofen von 2014 05)
ausgewertet wurden. In einem Brief
vom 10.4.1843 an den Erzbischof Lothar Anselm Freiherr von Gebsattel
berichtete der damalige Pfarrer von Pfaffenhofen, Jakob Wimmer, von den
Plänen für eine Kapelle in Wagenhofen:
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"Die
dießseitigen Pfarrangehörigen des Ortes Wagenhofen beabsichtigen
schon seit längerer Zeit die Erbauung einer Feldkapelle zunächst
außer des Ortes und da selbe nun nach 3/4 Jahr Recherchen des
Königl. Landgerichts Friedberg bald zur Ausführung kommen
dürfte".
Dabei waren folgende Vereinbarungen getroffen worden:
"1. die Kapelle soll nur den Zweck haben, an Feyertagen eine
nachmittägig Privatandacht zu halten und sohin
etwa einen Raum für 12 Personen einnehmen,
was aber nach dem Plann der Königl.Bauinspektion Ingolstadt
etwas großzügiger ausgeführt
werden sollte.
2. Die Erbauung und ferner Unterhaltung der Kapelle sol nach dem Übereinkommen
so geschehen, daß die
Großbegüterten 2/3 und die Kleineren
1/3 der Kosten tragen wollen.
3. Da der Ort nur 1/4 Stunde von der hiesigen Pfarrkirche entfernt
und der Weg dahin sehr gut ist, auch alle
Feyertage daselbst eine nachmittägige Andacht
besteht, so stellte ich in meiner abgesonderten Erklärung an
das Königl. Landgericht vom 14.9. 1842 das
Unnöthige und für die pfarrliche Einheit Nachtheilige eines
solchen
Vorhabens dar und konstatierte nur, daß es
nach der ursprünglichen Protokolar-Erklärung der Gemeinde
blos
bey einer Feldkapelle verbleiben würde, mit
feyerlicher Verwahrung gegen alle nachtheiligen Folgen für die
gemeinsame Pfarrkirche, da ohnedieß in dieser
kleinen Pfarrey eine Filialkirche und Kapelle bestehe". |
Schwierigkeiten
gab es auch bei der Einweihung der Kapelle.
Pfarrer Wimmer, der sich inzwischen mit der Kapelle abgefunden hatte,
versuchte in mehreren Briefen, u.a. vom 31.1.1845 die Erlaubnis für
eine Benediktion des kleinen Gotteshauses zu erreichen. Doch im ablehnenden
Bescheid (oberhirtliche Resolution vom 14.2.1845) heißt es, dass
".... bey Kapellen, welche bloß der Privatandacht gewidmet
sind, wie es bey der Feldkapelle in Wagenhofen... der Fall ist, eine Benediktion
derselben nicht stattfindet". Dem Pfarrer wurde aber erlaubt, "ein
in derselben (Kapelle) etwa aufzustellendes oder bereits aufgestelltes
religiöses Bild ritualmäßig zu benedicieren".
Die Wagenhofener Bewohner wollten sich damit aber nicht zufrieden geben
und drängten den Pfarrer zu einem weiteren Versuch. Darin nennt der
Pfarrer vier Gründe, die für eine Kapellenweihe sprechen:
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"1.
Diese Kapelle, sehr zweckmäßig mit einem Thürrahmen
verbaut und eingerichtet, eine wahre Zierde der
Umgebung, hat im Auge des Volkes eine höhere
Bedeutung, als eine gewöhnliche Feldkapelle.
2. Ganz nahe am Ort und knapp an der Straße von Odelzhausen
nach Bruck gelegen, wird sie häufig von
Andächtigen besucht werden.
3. Die Gemeinde Wagenhofen, hat zur Herstellung der Kapelle beträchtliche
Opfer dargebracht.
4. Endlich wird vorgebracht, dass ja in der Gegend schon viel unwichtigere
Kapellen mit außerordentlichem Ritual
benediziert wurden und so glaubte man diesfalls
um so inniger bitten zu können.
Mögen diese maßgeblichen Punkte
Eure Excellenz bewegen, dem frommen Wunsch der Gemeinde huldvollst
zu
begegnen und die Benedizierung besagter Kapelle
gnädigst gestatten zu wollen, was die Freude und Ehrfurcht
für das Heilige in den Gemüthern nur
erhöhen würde." |
Am 10. April
1845 schrieb Pfarrer Wimmer einen weiteren Brief, dessen Inhalt mir nicht
bekannt ist. Schließlich gab das Ordinariat dem Drängen nach
und erlaubte die Weihe.
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"Das
Ordinariat des Erzbistums München und Freising will auf die bittliche
Vorstellung des Pfarramtes Pfaffenhofen an der Glon vom 10ten des
Monats hiermit ausnahmsweise bewilligt haben, daß die neuhergestellte
Kapelle in Wagenhofen ritualmäßig benediciert werde; in
dem Ritus sind aber diejenigen Stellen, welche sich auf die Altäre
und das Messelesen beziehen, hinwegzulassen." |
Renovierungen
1934 - Die erste Renovierung fand 1934 statt. Die Kosten musste
die Dorfgemeinschaft alleine tragen
1957
- weitere Renovierung
1975-77
Dabei erneuerte man das Dach und deckte es mit Kupfer neu ein, besserte
den Putz aus, strich die Wände neu und zog
sogar eine Bodenplatte ein. Alle Renovierungen wurden unter großer
Mitarbeit und finanzieller Beteiligung der Dorfbevöl-
kerung durchgeführt. Am 4.Okt.1977 wurde das Patrozinium mit Pfarrer
Genau in der fertig gestellten Kapelle gefeiert. 05)
2022
- Renovierung wieder durch die Einwohner. Kosten für Material
4.900 Euro, die die Gemeinde Pfaffenhofen a.d.Glonn trug.
Durchgeführte
Maßnahmen: Sanierung von Putzschäden und Rissen, Streichen
der Aussenfassade nach Vorgaben der
Denkmalschutzbehörde
in einem hell abgemischten Beigeton, Neuanlage des Vorplatzes mit Pflaster
und Sitzbänken.10),
11)
Inneneinrichtung
Im Inneren trennt ein Chorbogen
den Altarraum vom "Kirchenschiff".
Dieser Altarraum, auch Chorraum
genannt, ist vorne halbrund geschlossen. In ihm steht der wohl neubarocke
Altar mit Säulenaufbau. Ein Segmentbogen verbindet die Säulen
und schließt den Altar nach oben ab.
Der Raum zwischen dem Altar und den
Seitenwänden ist durch Blenden mit Felderungen geschlossen.
Hinweis: Säulen an den Altären haben
nicht nur statische Aufgaben. Sie sind auch Symbol für den Zusammenhang
von
Oben und Unten, sie verbinden Himmel und Erde.
Deshalb sind Säulenretabel eine beliebte Altarform.
Pieta-Figur am Choraltar
Mittelpunkt des rot-weiß marmorierten Altars ist eine Pieta, die
Darstellung der trauernden Muttergottes mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß.
Dem Datum im Sockel der Statue nach dürfte die Pieta im Jahr 1743
05)
geschaffen
worden sein. Woher die Figur nach Wagenhofen gekommen ist, ist nicht bekannt.
Einige nehmen an, dass sie aus dem 1803 aufgelösten Kloster Taxa
stammt.
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im Landkreis Dachau...
Franziskusbild
In der Mitte der hohen Predella befindet sich anstelle eines Tabernakels
ein umrahmtes Gemälde. Das stark nachgedunkelte Bild zeigt den Patron
der Kapelle, den hl. Franziskus von Assisi. Der Heilige betet vor
einem Kruzifix und erhält die Stigmata, die Wundmale.
Hinweis: Diese Stigmatisation soll sich am 17. September 1222 auf dem
Alvernerberg bei Assisi ereignet haben. Nach einem Bericht sah Franziskus
einen Seraph (Engel), der ihm das Bild des Gekreuzigten entgegenhielt
und ihm die heiligen Wundmale einprägte. An den Händen des Heiligen
und an seinen Füßen seien die Male der Nägel sichtbar
geworden. Auch seine rechte Seite sei mit einer roten Narbe überzogen
gewesen. St.Franziskus ist der erste anerkannte Stigmatisierte der katholischen
Kirche.
Gemälde im Antependium
Im Antependium, der Front des Altarblocks, ist ein Gemälde auf Goldgrund
in die Felderung eingefügt, das an die Kreuzigung Christi erinnert.
Es zeigt ein Kreuz mit der Tafel I.N.R.I, um das eine Dornenkrone gehängt
ist. Neben dem Kreuz sind ein Hammer und eine Zange dargestellt. Der Goldhintergrund
ist das Zeichen für den Himmel.
Franziskuskreuz
An der linken Wand im Schiff erinnert auch die Nachbildung des sog. Franziskuskreuzes
an den Patron der Kapelle. Das Kreuz wurde von der Frauengemeinschaft
gestiftet, die es von einer Wallfahrt nach Assisi mitgebracht hat.
Das Kreuz von San Damiano ist ein Tafelkreuz bzw. eine Kreuz-Ikone, vor
dem Franz von Assisi den Auftrag vernahm, die Kirche wiederherzustellen.
Das Originalkreuz hängt heute in der Basilica di Santa Chiara in
Assisi.
An der rechten
Wand hängt ein Kruzifix, wohl aus dem 19. oder 20. Jh. Die
Kreuzbalken-Enden sind als Dreipass gestaltet.
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Im Kirchenschiff bieten
8 Bänke 24 Besuchern Platz.
Die Kapelle wurde 1976
von der Dorfgemeinschaft renoviert. Seitdem feiern die Wagenhofener
jährlich das Patrozinium am 4. Oktober, dem Fest des hl.Franziskus,
mit einer Messe und einem daran anschließen-den Dorffest.
Während des Jahres wird monatlich eine Andacht oder ein Rosenkranz
gebetet. 04)
Direkt
neben der Kapelle steht der Maibaum, der alle drei Jahre erneuert
wird
Die Kapelle gehört
(mit den übrigen Filialen Oberumbach und Unterum-bach) zur
Pfarrei Pfaffenhofen an der Glonn. Seit 1979 ist sie Teil des
großen Pfarrverbands Odelzhausen, zu dem auch die
Pfarreien Egenburg, Einsbach, Ebertshausen, Odelzhausen, Sittenbach
und Sulzemoos zählen.
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Denkmal
Die Kapelle gehört zu den Baudenkmälern der Gemeinde Pfaffenhofen
a.d.Glonn 09).
In der Denkmalliste
ist sie unter der Nummer D-1-74-137-16 mit folgendem Text aufgeführt:
"Katholische Kapelle St. Franziskus; einschiffig mit wenig eingezogenem,
halbrund geschlossenem Chor und Giebelreiter, 1843/45 erbaut; mit Ausstattung."
Hans Schertl
Quellen:
01) Stefan Metzger, Egenburg 14.6.1979
02) Klosterbesitz von St. Ulrich und Afra in Pfaffenhofen
a.d. Glonn
03) Monika Mittelhammer, Wagenhofen, 2005
04) Gemeinde Pfaffenhofen/Glonn,
Bürgerbroschüre, April 2012 (Franziskus)
05) Axtner/Liebert/Mittelhammer,
Chronik der Gemeinde Pfaffenhofen/Glonn, 2014
06)
AEM.Pfarramt Pfaffenhofen/Glonn,
Kapelle Wagenhofen
07) Mayer-Westermayer, Statistische
Beschreibung des Erzbisthums München-Freising, 1874: Text:
Wagenhofen, Dorf,
68 Seelen, 9 Häuser,
1/4 Std. zur Pfarrkirche - In Wagenhofen ist eine kleine Capelle, bloß
zur Privat-Andacht".
08)
Axtner/Liebert/Mittelhammer,
Chronik der Gemeinde Pfaffenhofen/Glonn, 2014
09)
Liste der Baudenkmäler
in der Gemeinde Pfaffenhofen a.d.Glonn, Zugriff 2020
10)
Simone Wester, Wagenhofen
und seine Kapelle, Dachauer Nachrichten vom 2./3.Mai 2020
11)
Simone Wester,
Wenn ein Dorf zusammen anpackt, Dachauer Nachrichten vom 12.Mai 2022
12)
Hiereth,
Sebastian: Die Landgerichte Friedberg und Mering S.32 im Historischen
Atlas von Bayern, Stand 1760
3 Bilder: Hans Schertl
1.5.2023
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