Marienkapelle
in Thal

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Beschreibung
Die im Jahr
2020 errichtete Kapelle steht im Hof der Familie Hartl
(Hofname Simmerbauer) in Thal. Die Ortschaft Thal liegt im Landkreis
Fürstenfeldbruck, unmittelbar an der Grenze zum Landkreis
Dachau.
Erbauer der Kapelle ist die Familie Hartl, die schon seit mehreren
Jahrhunderten den Simmerbauernhof besitzt.
Der Familienname kam durch Einheirat des Ampermochingers Kaspar
Härtl/Hartl am 10.6.1643 in die Familie und hat seither nicht
mehr gewechselt. Das bedeutet, dass der Hof seit 380 Jahren an
Söhne weitervererbt wurde. 01)
Auch
die Geschichte der Kapelle reicht weit zurück.
Um 1907 wurde ein Sohn der Familie von einer schweren Krankheit
verschont. Zum Dank pilgerte er nach Rom; daheim richtete er im
Bauernhof eine Hauskapelle ein, mit einem schönen großen
Altar als Mittelpunkt.
Als vor einigen Jahren eine weitere Person am Bauernhof von einer
gefährlichen Krankheit geheilt wurde, reifte der Entschluss,
die Hauskapelle in einen gesonderten Kapellenbau am Hof zu verlegen.
2018
wurde der Bau in Angriff genommen.
Einen Großteil der Arbeiten konnte die Familie selbst übernehmen,
unterstützt von heimischen und befreundeten Handwerkern.
Die Beschriftung an den Wänden außen und innen stammen
vom Maler und Restaurator Alfred Wagner aus Prack. Im (Corona-)Jahr
2020 konnte der Bau fertiggestellt werden.
Im
Mai 2023 hielt die Pfarrei Einsbach einen Bittgang zur Kapelle
in Thal ab. 200 Personen nahmen teil und feierten hier mit Pfarrer
Nowik eine Maiandacht, die von der Blaskapelle Einsbach musikalisch
begleitet wurde. Nach der Maiandacht im Hof der Kapelle spendierte
der Simmerbaur Würstl und Getränke. 02)
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Baubeschreibung
Die
Kapelle ist ein verputzter Bau, der in drei Seiten eines Achtecks
schließt. Das Satteldach ist mit Biberziegeln
gedeckt.
Auf dem Dach sitzt über dem Eingang ein kurzer, mit Kupferblech
verkleideter Dachreiter (=Türmchen), in dem eine kleine
Glocke
hängt. Sie wird mit einem Seil hinter dem Eingang
geläutet. Diese Glocke stammt aus Altötting. Ein Privatmann
besaß zwei Glocken und wollte eine davon verkaufen. Die Fam.Hartl
las das Inserat und fragte an. Doch der Verkäufer hatte einen
Tag vorher die Glocke abgegeben. Als ihm die Hartls von ihrem Kapellenbau
erzählten, verkaufte er auch seine zweite Glocke, weil er sie
in guten Händen wissen wollte. 03)
In die Südmauer sind alte Grabplatten
eingelassen, auf denen die Namen vieler Vorfahren eingraviert sind.
Die Eingangstüre auf der Südwestseite ist durch eine Überdachung
vor Regen geschützt.
Darüber ist auf die Außenmauer (von Alfons Wagner) folgender
Spruch gemalt:
"Alle,
die mir sind verwandt, Gott, laß ruhn in deiner Hand !
Alle Menschen,
Groß und Klein, sollen dir befohlen sein."
Und zu beiden Seiten der Türe:
"ERBAUT
ANNO DOMINI 2020 - VON JOHANN UND ELFRIEDE HARTL" |
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Innenausstattung
Blickpunkte
im Inneren sind der schöne Altar im Stil
des Historismus und die dekorative Holzkonstruktion des offenen Dachstuhls.
An den Wänden neben dem Altar sind Figuren des hl. Antonius und des
Erzengels Michael angebracht. Die Wandflächen dazwischen sind mit
Gebetstexten und Hinweisen auf die Ausstattungsgegenstände beschrieben.
Bei der Ausstattung stand der Dekorationsmaler und Restaurator Alfons
Wagner aus Prack mitwirkend und beratend zur Seite.
Zwei
größere Viereckfenster und ein kleines Rundfenster über
der Türe erhellen den Raum.
Für die künstliche Beleuchtung sorgt eine traubenförmige
Lampe mit getöntem Glas,
die vom Dachbalken hängt.
Die Lampe stammt aus Ungarn und wurde über dem Drahtgeflecht mit
dem Munde geblasen. 04)
Sechs
Kirchenbänke mit barock
anmutenden Wangen bieten 12 Personen Platz im Gotteshaus.
Einige
Ausstattungsgegenstände sind Geschenke von Verwandten und Freunden.
03)
Detailbeschreibungen
Der
Altar stammt aus dem Ende des 19.Jh. Er ist im Stil des Historismus
gehalten, der alte, historische Epochen architektonisch wiederaufleben
ließ und oft auch neu vermischte, insbesondere die frühen Kunststile
Romanik, Gotik, aber auch (in geringerem Maße) die späteren
Stile Renaissance und Barock.
Dieser Altar war vorher Glanzstück der 1907 eingerichteten Hauskapelle.
Er war jedoch im Laufe der Jahrzehnte renovierungsbedürftig geworden.
Deshalb wurde er vor dem Einbau in die Hofkapelle von Restaurator Alfons
Wagner überarbeitet.
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Der Altar hat einen an die Romanik erinnernden Unterbau aus marmoriertem
Holz. Er besteht aus dem verzierten Stipes und zwei freigestellten
Säulchen, die die Altarplatte (Mensa) tragen.
Die Predella, der sockelartige
Unterbau unmittelbar über der Altarplatte, ist in sieben Felder
mit vergoldetem Hintergrund gegliedert. Im mittleren Feld führt
eine Türe zum Tabernakel. Die daneben liegenden Felder sind
mit Symbolen der vier Evangelisten geschmückt:
Der geflügelte Löwe für Markus, der geflügelte
Mensch für Matthäus, der Adler für Johannes,
der geflügelte Stier für Lukas.
In
den drei Nischen des triptychonartigen Altaraufbaus (mit Bogenfriesen
und krönenden Fialen) stehen Heiligenfiguren.
In der erhöhten Mittelnische eine Muttergottesfigur
mit Kind.
Die gekrönte Maria sitzt auf einem Thron. Sie hält ihren
kleinen Sohn, der auf ihrem Schoß steht und seine Hände
ausgebreitet hat. Maria ist in ein rotes Untergewand und in einen
blauen Mantel gekleidet. Rot und Blau sind die traditionellen Marienfarben.
An die Wand rechts neben dem Altar ist folgender Gebetstext geschrieben:
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"Unsren
Eltern, unsren Ahnen halfst du immer gern. Durch dein Vorbild,
durch dein Mahnen führ auch uns zum Herrn ! Mutter, Königin,
bleib uns allen gut, unsre Heimat, starke Frau, halt in treuer
Hut ! Unsere liebe Frau, gütig auf uns schau, Jungfrau
Mutter Königin ! Dir sind wir geweiht, schütz uns
alle Zeit, führ zu deinem Sohn uns hin!"
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In
der linken Nische ist eine Figur von St.Josef
zu sehen, der seinen Sohn Jesus auf dem rechten Arm trägt. Im linken
Arm hält er eine blühende Lilie, das Symbol für Reinheit
und Keuschheit. St.Josef ist auch der Patron für einen guten Tod.
Darauf nimmt der Text an der Wand Bezug: "Hl.Josef, wir danken
dir und bitten dich, erfleh
uns auch einmal einen sanften und ruhigen Heimgang."
In
der rechten Nische ist St.Anna
mit ihrer Tochter Maria figürlich dargestellt. Anna weist mit der
Hand auf ein Buch, aus dem Maria zu lesen versucht. Damit wird das auf
das in der Kunst seit dem 14.Jh bekannte und besonders in der Barockzeit
beliebte Thema der "Unterweisung Mariens durch Anna" (= Anna
lehrt ihre Tochter das Lesen) aufgegriffen. Es geht zurück auf die
Bibelstelle aus dem Buch der Sprichw&puml;rter (1,8) "H&puml;re mein Sohn, auf die
Mahnung des Vaters und die Lehre deiner Mutter verwirf nicht" und wendet
das Wort auf Maria an. Die Kunst des Lesens beherrschten in früheren Zeiten
nur wenige, meist vornehme Menschen. Dazu sollten auch Anna und Maria
gerechnet werden.
An den Wänden
rechts und links vom Altar stehen zwei weitere Heiligenfiguren
auf Sockeln.
St.Antonius
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Links
die Statue von St.Antonius v.Padua.
Der Heilige im Gewand der Franziskanermönche hält in seiner
linken Hand ein offenes Buch (Bibel), auf dem das Jesuskind kniet;
es umarmt den Heiligen und zeigt auf einen blühenden Lilienzweig,
der Symbol der Reinheit und Keuschheit ist. An der Wand steht unter
der Figur der Satz:
"Hl.Antonius kreizguada Mo,
führ mi zu meim ... wieda no ! "
Antonius wird -wie der Text - als Hilfe zum Wiederauffinden verlorener
Gegenstände angerufen und gilt deshalb als "Patron der Schlamperer".
Wahrscheinlich geht das zurück auf die Legende, nach der er einem
Geizhals half, sein Herz zu suchen und es in der Geldtruhe fand.
Die Darstellung mit dem Jesuskind auf seinem Arm ist bei uns erst
seit dem 17.Jh verbreitet; sie verweist auf eine seiner Visionen,
die er beim Bibellesen hatte; dabei erschien ihm das Jesuskind auf
der Bibel. Die Darstellung unterstreicht auch die besondere Verehrung
der Geburt des Herrn durch St,Antonius. |
An der rechten Wand steht die Figur des Erzengels Michael.
Er ist in ein römisches Soldatenwand gekleidet. Mit beiden Händen
stößt er eine mit einem Kreuz geschmückte Lanze in
das Maul des vor ihm liegenden Drachen. Der ist Sinnbild von Luzifer,
dem Engel, der sich Gott gleichstellen wollte. Der Text unter der
Figur lautet:
"Hl.Michael mit ganzem himmlischen
Heer, sei uns Schutz und Wehr."
In der Bibel ist der Engelssturz vor Beginn der Sch&puml;pfung nicht erwähnt.
Allenfalls eine Stelle bei Lukas (Kap.10, Vers 18) deutet darauf hin,
die da lautet: "ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel
fallen". Die Geschichte ist auf die Kirchenväter zurückzuführen
und wird in der Kunst häufig als Motiv verwendet.
In der Offenbarung des Johannes (Apokalypse) ist von einen Kampf zwischen
den Kräften des Guten (Michael und seine Engel) und Satan am Ende
der Zeiten die Rede (Offb. 12), der damit endet, dass Luzifer und
seine Anhänger auf die Erde geworfen werden. |
St.Michael
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Kreuzwegstationsbilder

Über
den Kirchenbänken hängen an der Wand die Kreuzweg-Stationsbilder.
Es sind colorierte Stahlstiche 04)
unter
Glas in zeitlosem Rahmen mit barockem Aufsatz. Unter den Bildern
wird das gezeigte Geschehen in drei Sprachen (Deutsch, Französisch
u. Englisch) beschrieben:z.B. Jesus wird ans Kreuz genagelt, Jésus
est cloué de la croix, Jesus is nailed to the cross.
Die Kreuzwegbilder in Thal gehören zu den Bildern, für
die der bekannte Nazarener-Maler Joseph von Führich
aus Wien (1800-1876) die Vorlage geschaffen hat. Der Professor für
historische Komposition an der Wiener Akademie Joseph von Führich
(auch "Theologe mit dem Stifte" genannt) war durch seine
Kreuzwegbilder im "harmonischen und farbintensiven Flächenstil"
(1844/46) international bekannt geworden.
Als Kupferstiche verbreiteten sie sich über ganz Europa und
unzählige Maler benutzten sie als Vorlage für ihre Kreuzwegtafeln.
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10.
und 11.Station
Jesus wird ans Kreuz genagelt
Jesus stirbt am Kreuz
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Weitere Bilder aus der Kapelle
Hans Schertl
Quellen
:
01) Genealogie
Kiening, Zugriff 2023 https://www.genealogie-kiening.de/
02) Bittgang wird zur Sternwallfahrt
- Dachauer Nachrichten vom 6.6.2023
03) Elfriede Hartl, 2023
04) Kirchenmaler und Restaurator
Alfons Wagner, Prack, 2023
Der Dekorationsmaler und Restaurator
Alfons Wagner aus Prack hat im Dachauer Land auch die Kapellen von
Oberhandenzhofen, Albersbach, Höfa
und Durchsamsried sowie die Kirchen von Ebertshausen und Weyhern mitgestaltet
bzw. ausgestattet.
Bilder: 19 Hans Schertl

24.6.2023
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