Hofkapelle
St.Maria beim Jacklbauern in RUDERSBERG
|
Beschreibung
Der 1393 als
"Ruedoltzperg" (Berg des Rudolf) urkundlich erwähnte
Weiler Rudersberg, liegt nordwestlich von Altomünster und gehört
zur Pfarrei Wollomoos. Früher waren die Verbindungen zum Kloster
Kühbach sehr eng, das fast die gesamte Ortschaft als Obereigentum
besaß.
Die heutige Hofkapelle
beim Jacklbauer wurde in den Jahren 1864/65 von Lorenz und
Theresia Achter (Jacklbauer) an Stelle einer früheren Kapelle
errichtet, die zu klein geworden war. Am 26. April 1866 wurde sie
von Pfarrer Freidlsperger geweiht. Über dem Eingang ist eine
Steintafel mit
den Namen der Erbauer in die Wand eingelassen. Ab 1874 durfte zweimal
im Jahr die hl. Messe gelesen werden.
Die Vorgängerkapelle
soll im Jahr 1799 erbaut worden sein. Überliefert ist
auch ein Kapellenbau aus den Jahren 1843/44 durch Jakob Lechner,
bei dem es sich aber auch nur um ein durchgreifende Renovierung
handeln könnte.
In der Statistischen Beschreibung des Erzbistums München
und Freising von Anton Mayer und Georg Westermayer 01)
aus den Jahren
1870 bis 1884 ist im Kapitel über die Pfarrei
Wollomoos auch die Kapelle in Rudersberg als Nebenkirche von
Wollo-moos enthalten. Im Dorf wohnten damals 45 Seelen (in
5 Häusern). Die Wege zur 3 km entfernten Pfarrkirche
seien großenteils beschwerlich, besonders bei nasser
Witterung, schreibt Wester-mayer. Und weiter über die
Kapelle: "Erbaut 1863-1864. Spitzbogenstyl. Benediciert
1874 (?). In ihr steht Ein Altar ohne Altarstein. 2 kleine
Glocken. Titulus: Immaculata Conceptio Beata Mariä Viriginis.
Zweimal im Jahre wird eine hl.Messe gehalten".
|
Türgriff
|
|
Baubeschreibung:
Die 10 x 5 Meter große Kapelle ist im damals beliebten "neugotischen"
Baustil gehalten. Im achteckigen Türmchen (Dachreiter)
mit den neugotischen Zierelementen hängen zwei Glocken. Eine Glocke
stammt noch aus dem Vorgängerbau, die andere wurde an Stelle der
im 2.Weltkrieg eingeschmolzenen 1997 beschafft.
Schon 1948 beklagte Pfarrer Josef
Neureuther den baulich schlechten Zustand. Es sollten aber noch fünf
Jahrzehnte vergehen, bis eine Sanierung und Restaurierung wenigstens begann.
Am 16. Juli 1958 raste ein Orkan
mit bis zu 200 km/h über die Gegend, begleitet von einem halbstündigen
Hagel-Wolkenbruch. Der Sturm war so stark, dass der Turmaufsatz mitsamt
der Spitzhaube und der Glocke auf das Dach stürzte. Beim Wiederaufbau
1960 erhielt die Turmspitze ein Kreuz aus verchromten Wasserleitungsrohren.
1996 konnte die Kapelle nach
dem vorbildlichen Zusammenwirken der Familie Achter, des Landkreises Dachau,
der Marktgemeinde Altomünster und des Landesamtes für Denkmalpflege
neu gesegnet werden. Sie wurde der Muttergottes geweiht. Bei dieser Renovierung
wurden u.a.
- die Stützpfeiler an der Außenseite entfernt,
- die nach dem Ersten Weltkrieg verkleinerten Fenster wieder auf das originale
Maß erweitert,
- die Turmhaube und das Turmkreuz erneuert und
- farblich im Wesentlichen der Originalzustand von 1864 wiederhergestellt.
Denkmal
Die
Kapelle gehört zu den Baudenkmälern
der Marktgemeinde Altomünster
07) .
In der Denkmalliste ist sie unter der AktenNummer D-1-74-111-69; als "Saalbau
mit dreiseitigem Schluss, Giebelreiter mit Oktogon und Spitzhelm, 1864/65
in neugotischen Formen errichtet; mit Ausstattung" aufgeführt.
Inneneinrichtung
Der durch einen hellblauen
Anstrich farblich abgesetzte Altarraum schließt in drei Seiten.
Die Fenster haben die Maße und die Glasgemälde der Erbauungszeit.
Auf dem neugotischen
Altar (von Schreiner Anton
Schmid aus Aichach) mit seinen fünf Spitzen steht in einer
Nische eine große Marienstatue (Maria Immaculata).
In der Predella finden sich
- eine weitere kleinere Figur von Maria sowie
- eine Herz-Jesu-Statue, beide aus Gips.
Das Herz Jesu ist Symbol für die Erlöserliebe Christi.
Diese Darstellung verbreitete sich in unseren Kirchen insbesondere
nach der Einführung des Herz-Jesu-Festes durch Papst Clemens
XIII.(1758-1769) im Jahr 1765.
Die Kreuzwegbilder
(1802) wurden von der früheren Kapelle übernommen. Es
handelt sich um gerahmte Drucke. Drei fehlende Bilder wurden
1996 nach Vorlagen aus der Kapelle in Miesberg ergänzt.
An der linken
Seite steht auf einem neugotischen Postament eine Muttergottesstatue
nach Art der Altöttinger Madonna. Maria mit einer flachen Krone
auf dem Haupt trägt das Jesuskind mit dem Apfel bzw. der Weltkugel
auf dem rechten Arm (19.Jh).
|
|
|
Hinweise: Der Apfel war schon im Altertum Sinnbild für den
Kosmos, später auch für die Erde, nachdem man deren Kugelform erkannt
und akzeptiert hatte. Der mit dem Kreuz versehene Reichsapfel in der
Hand des Königs ist seit 1191 Teil der königlichen Insignien und symbolisiert
den von Gott verliehenen Herrschaftsanspruch. Gleiches gilt auch für
das Jesuskind. Hier kommt aber die weitere Bedeutung des Apfels als
Paradiesapfel und Sinnbild für den Sündenfall hinzu: Jesus weist den
Betrachter darauf hin, dass er durch seinen Tod die Erbsünde überwindet.
Das aus Lindenholz geschnitzte Gnadenbild von Altötting
ist wohl um 1330 am Oberrhein entstanden und kam um 1360 als Geschenk
des Zisterzienserkloster Raitenhaslach nach Altötting. Die Figur
war ursprünglich wohl rosa bemalt. Wahrscheinlich ist die schwarze
Farbe im Laufe der Jahrhunderte durch Nachdunklung des Holzes und
durch den Kerzenrauch in der engen Kapelle entstanden. Manche Historiker
glauben auch, dass sie bewusst gefärbt wurde und verweisen
auf das Hohe Lied des Salomons aus dem Alten Testament: "Schwarz
bin ich, doch schön". Schwarze Madonnen galten im späten
Mittelalter als besonders wundertätig. Dies mag seinen Grund
auch darin haben, dass die schwarzen Madonnen besonders alt sind und
ihnen deshalb eine größere Anzahl von Erhörungen zugeschrieben
werden kann. |
Die Kirchenbänke
(jeweils sechs Stühle für je drei Personen) wurden im Zusammenhang
mit dem Neubau vor 150 Jahren angeschafft. Die Wangen sind in neugotischen
Formen geschnitzt und in den Farben Ultramarinblau, Rosa, Weiß und
Rot mit feiner Linierung bemalt.
An der Westseite befinden
sich drei gemauerte Wandnischen in Spitzbogenform. Sie fangen den Druck
des Dachreiters gut ab und geben ihm ein solides Auflager.
In der südlichen Wandnische, einer Tuffsteinnische, hat ein 1 m großer
barocker Geißelheiland seinen Platz. Er wurde 1749 vom Friedberger
Bildhauer Johann Kaspar Öberle (Eberle) geschnitzt. Die Figur
soll 1895 aus der Pfarrkirche Wollomoos, die einen Öberle-Altar besaß,
in die Kapelle gekommen sein. Sie wurde bei der Restaurierung 1995 neu
gefasst.
Jesus ist mit Armschellen an eine Geißelsäule neueren Datums
gekettet. Auf dem rechten Schulterblatt ist die Jahreszahl 1749 eingeschnitten.
Statt von den ursprünglichen Nimbusstrahlen ist das Haupt von einem
Metallreifen umgeben.
Adelheid Riolini-Unger beschreibt die Figur in ihrem Buch über die
Künstlerfamilie Öberl 06)
wie folgt:
|
"Die
Haltung der Figur und das seitlich gebundene Lendentuch entsprechen
weitgehend dem des Geißel-Christus in St.Franziskus Mering.
Die Wunden sind aber am ganzen Körper, sogar im Gesicht, herausgearbeitet.
Das dornengekrönte Haupt ist gerahmt von büscheligen Haarlocken.
Durch den leicht geöffneten Mund und die offene Gebärde
der Hände entsteht eine gelöste, freundliche Zuwendung zum
Betrachter hin." |
|
Hinweis: Die ersten Darstellungen
von Jesus an der Geißelsäule entstanden zwar schon im Mittelalter.
In den Landkreis Dachau gelangten vereinzelte Bilder jedoch erst im
17.Jh. Die große Verbreitung dieser Darstellungen setzte noch
100 Jahre später, nach dem Wunder in der Wies (1738) ein. Der
Heiland auf dem Bild beim Wiesbauern bei Steingaden soll Tränen
vergossen haben. Daraufhin begann eine Wallfahrt und die berühmte
Wieskirche wurde gebaut. Die meisten der rd. 15 Geißelheiland-Darstellungen
im Landkreis Dachau wurden nach dem Vorbild des Wies-Heilands gestaltet;
so auch in Rudersberg. |
In der nördlichen
Nische hängen zwei Bilder.
Die Mittelnische bildet das
von Profilierungen umrahmte Portal. Die Eingangstüre stammt noch
aus der Erbauungszeit. Besonders schön sind -auch bei geschlossenem
Gitter zu sehen- die originalen Türbeschläge
am Eingang (siehe auch Bild ganz oben).
Hans Schertl
Quellen:
01)
Mayer-Westermayer, Statistische
Beschreibung des Erzbisthums München-Freising, 1874
02)
Fritz
Mayer, Rudolf Wagner: Der Altlandkreis Aichach, 1979
03)
Wilhelm
Liebhart, ALTOMÜNSTER KLOSTER, MARKT UND GEMEINDE, 1999
04)
Alexander
Zeh, Zur Renovierung der Kapelle St.Maria in Rudersberg, Amperland 1997/2
05)
Dachauer
Nachrichten vom 17.7.2008 (Sturm)
06)
Adelheid Riolini-Unger, Die Bildhauerfamilie Öberl in Friedberg,
2022 (ISBN: 978-3-949257-07-0)
07)
Liste der Baudenkmäler
in der Marktgemeinde Altomünster, Internetzugriff 2023
6 Bilder: Hans Schertl
29.4.2022
|