Gedenktafel
an der Stelle der früheren Kirche
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Kurzbeschreibung
Von 1124 bis
1802 stand an der Straße zwischen München und Dachau,
im heutigen Ortsteil Rotschwaige der Gemeinde Karlsfeld ein kleines
Gotteshaus, das in alten Berichten teils als Kirche, teils als Kapelle
bezeichnet wird. Es war dem Apostel Jakobus dem Älteren, dem
Patron der Pilger und Reisenden, geweiht.
Das Gotteshaus war Eigentum des Stifts Indersdorf und gehörte
seelsorgerisch zur Pfarrei Mitterndorf.
Die Kirche war zum Gedenken an eine Mordtat errichtet worden. Später
hat man sie an die (neue) Straße verlegt. 1766 wurde sie von
Propst Gelasius Morhart im Stil des Rokoko verändert und schon
36 Jahre später als Folge der Säkularisation abgebrochen.
Die Steine fanden beim Bau des ersten Hauses in Karlsfeld (Hartmannsgruber)
und einer neuen Würmbrücke Verwendung.
An der Stelle der früheren Kirche steht seit einigen Jahrzehnten
eine Gedenktafel.
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Ausführliche Beschreibung
Erste Kirche
Die Rotschwaigkapelle soll einer Sage nach zwischen 1120 und 1124 im Gebiet
der Rotschwaige zwischen Dachau und Karlsfeld erbaut worden sein. Dort
befand sich damals ein großes Waldgebiet, durch das die Straße
von München nach Dachau führte.
Anlass für die Errichtung war ein Mord, von dem die Gründungsgeschichte
berichtet. Die Kirche wurde aber -anders als in vergleichbaren Fällen-
nicht als Sühne für die Tat, sondern von der Mutter des Ermordeten
für dessen Seelenheil gestiftet.
Kirche
um 1766
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Gründungsgeschichte
Die Dachauer Gräfin Beatrix von Reipersberg hatte vier Söhne,
die Konrad, Otto, Friedrich und Arnold hießen. Um das Jahr
1120 wurde einer der Söhne auf der Jagd von Räubern erschlagen.
Meist wird Otto genannt; da aber Otto noch bis 1135 als Graf von
Dachau-Valley nachgewiesen ist, wird das Opfer ein anderer Sohn
gewesen sein. Auch Konrad wird später noch genannt; er stiftete
kurz nach 1120 in Geisenfeld ein Gut zum Seelenheil seines Bruders
Arnold. Dies alles legt die Annahme nahe, dass es sich um Arnold
handelte, der unter die Räuber geraten war. Arnold war bei
der Jagd "von niemand anderm als seinem Hund begleitet".
Als beim Überfall die abge-schlagene Hand des Grafen auf den
Boden fiel, packte sie der Hund und brachte sie ins Schloss Dachau
zur Gräfin. Die erkannte den Ring, der noch am Finger steckte
und ließ sich vom treuen Hund zum Leichnam ihres Sohnes führen.
Die Gräfin stiftete daraufhin an der Mordstelle eine Kirche
zu Ehren der Muttergot-tes, des hl.Jakobus und des hl. Johannes
d.Täufers. Sie stattete das Gotteshaus mit einem Waldstück
als Benefizium aus und vermachte alles "zum Seelenheil ihres
Sohnes und des ganzen Geschlechts" dem soeben (im Jahr 1120)
gegründeten Kloster Indersdorf.
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Der Bau der Kirche muss vor 1125
abgeschlossen gewesen sein, denn Beatrix starb wahrscheinlich in diesem
Jahr. Ihre letzte Erwähnung stammt vom 25. April 1124; zudem ist
im Indersdorfer Nekrolog (Totenverzeichnis) ihr Todestag, ein 11.Februar,
ohne Jahreszahl genannt. Die Gräfin Beatrix war die Ehefrau von Arnold
I. von Scheyern. Sie erbte die Grafschaft Dachau und begründete so
die Linie der Grafen von Scheyern-Dachau-(Wittelsbach-Valley).
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Interessant
ist, dass der Zisterziensermönch und Autor Historischer Bücher
Franz Dionys Reithofer (1767-1819) im Jahr 1818 in seinem Buch
"Chronologische Geschichte von Dachau in Baiern" die Auffassung
vertrat, es sei "historisch gewiß, daß es keinen
Grafen Otto von Dachau und keine Gräfin Beatrix, dessen Mutter,
gegeben hat. Desßwegen gehört die in der Kirche an der
Roth-Schwaig abgebildet gewesene Begebenheit in das Reich der Sagen,
oder wenn man noch strenger sich ausdrücken will, in das der
Fabeln, obwohl auch Sagen nicht ganz leer sind".
Reithofer wusste noch nicht, dass nicht Otto, sondern wohl Arnold
erschlagen worden war. Offensichtlich war damals auch über Gräfin
Beatrix nichts bekannt. |
Freisinger Matrikel von 1315 und 1524
Die erste schriftliche Erwähnung der Kirche finden wir in der
Konradinischen
Matrikel von
1315. Dort ist sie unter der Bezeichnung "Wegkirchen" als Bestandteil
der Pfarrei Mitterndorf genannt:
Text: "Mitterndorf habet 2 filias: Gundingen et
Steinkirchen cum sepult et Wegkirchen sine sepult
auf Deutsch: Mitterndorf hat zwei Filialen Günding
und Steinkirchen mit Friedhof und die Wegkirchen ohne Friedhof"
Auch in der
Sunderndorfer'schen
Matrikel
von 1524 wird die neue Kapelle unter der Pfarrei Mitterndorf als eine
der vier Filialkirchen aufgeführt.
Text:: "s.Viti in Ginding mit Friedhof, s.Leonard
in Webling, s.Michaelis in Stainkirchen und B.Virginis in Schwaig,
jeweils ohne Friedhof".
Damals hatte die Kapelle die Jungfrau Maria als Patronin. Erst 1738 wird
sie als Jakobskapelle beschrieben.
Kirche im 15.Jh.
Später (zu Beginn des 15.Jh.) wurde ein Stück des Benefizium-Waldes
gerodet und in Weideland umgewandelt; dazu hat man eine Schwaige, dh.
einen Bauernhof, errichtet. Der wurde teils verpachtet (z.B. 1433 an den
Dachauer Pfleger Hanns Pelhaymer für 12 Jahre für jährlich
5 ungarische Gulden), teils wurde das Weideland selbst vom Stift Indersdorf
genutzt und von einem Verwalter, Schwaiger genannt, bewirtschaftet. Ab
1500 war der Schwaiger ein selbstständiger Bauer, der auf eigene
Rechnung wirtschaftete und daneben auch Vieh des Klosters mitbetreute.
In der Zeit des 30jährigen Kriegs wird auch von Vieh der Moosacher,
Menzinger und Allacher Bauern auf dieser Weide berichtet.
Die Rothschwaigkirche stand besitzrechtlich
im Eigentum des Klosters Indersdorf, seelsorgerechtlich gehörte sie
aber als Filialkirche zur Pfarrei Mitterndorf. Das besagen die Freisinger
Matrikel (Kirchenverzeichnisse) von 1315, 1524 und 1738.
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Name Rothschwaige
Woher der Name
Rothschwaige stammt, ist nicht geklärt. In den Anfangsjahren
wird die Kirche als Wegekirche bezeichnet. So z.B. in den Akten
eines Rechtsstreits zwischen den Klöstern Indersdorf und Schlehdorf
(1245), bei dem es um eine Wiese neben der Kapelle ("iuxta
Wegechirchen") ging. In der Konradinischen Matrikel aus dem
Jahr 1315 ist bei der Pfarrei Mitterndorf -von späterer Hand
hinzugefügt- eine "Wegkirchen sine sepultura" (=ohne
Friedhof) erwähnt. Und eine Urkunde aus dem Jahr 1433 spricht
von der "swayg, genant Bekirchen". Der Name Rothschwaigkirche
bzw.-kapelle stammt somit erst aus späterer Zeit:
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- Propst Morhart führt
ihn in seiner Chronik aus dem 18.Jh. auf den Namen eines seiner
Vorgänger, Propst
Rotthuet (1442-1470) zurück, der die zweite
Kirche
errichtet haben soll.
Dieser Meinung ist auch Dr.Paul Dorner (1967).
- Morhart spricht alternativ auch von einer "Wehe-Kirchen",
deren Name auf das Leid der Gräfin
hinweisen soll.
- Eduard Wallner ging 1924 davon aus, dass das "Roth"
von Namen der von München nach Dachau
führenden Rottstraße stammt.
- Der Historiker Dr.August Kübler (1863-1936) glaubte,
dass ein Zusammenhang mit der Rodung des
Kirchengrunds
bestehe.
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Ablässe
Im 15.Jh. bemühte sich Propst Johannes
Rotthuet aus Indersdorf um Ablässe zugunsten der Kirche
und war erfolgreich:
1451 wurde durch den berühmten Humanisten Nikolaus von Cues ein Ablass
von 100 Tagen gewährt; Voraussetzung war die Teilnahme am Gottesdienst
am Stiftungsfest und am Fest der Schutzpatrone, sowie eine Spende für
die Kirche.
Einen weiteren Ablass gewährte 1454 Bischof Johann von Freising mit
der Begründung, "weil die Kapelle in der Schwaige bei Dachau
mit Gewändern, Messbüchern, Kelchen und vielem anderen neu ausgestattet
werden muss und außerdem das Gebäude selbst erhebliche Schäden
aufweist, aber keine Möglichkeit besteht, aus eigenen Mitteln diese
Schäden und Mängel zu beheben". Warum die Kirche
neu ausgestattet werden musste, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht
hat man dabei schon an den Neubau gedacht, der in der Zeit nach 1454 an
anderer Stelle Gestalt annahm. Die Ablässe wurden aber nicht recht
genutzt, zumindest blieb die Höhe der Spenden hinter den Erwartungen
des Klosters zurück.
Neue
Kirche
von 1453
Die erste schriftliche
Erwähnung der neuen Schwaigkirche finden wir in einem Bericht
des Klosters Indersdorf aus der Zeit um 1460. Damals war Johannes Rotthuet
Propst des Stifts (von 1442-1470). In diesem Bericht wird die Urform der
Entstehungslegende -ohne Namen der Gräfin und des Ermordeten- erzählt.
Außerdem enthält er eine ausführliche Beschreibung der
in den Altären bestatteten Reliquien. Die Kirche, von der dieser
Bericht erzählt, ist aber schon nicht mehr der Bau am Tatort, sondern
eine neue Kirche direkt an der Straße.
Zur Finanzierung dieses Neubaus hatte Propst Rotthuet wegen des geringen
finanziellen Erfolg der Ablässe einen weiteren Weg eröffnet.
Er erwirkte am 19.3.1454 von Herzog Albrecht III., dem sog. Frommen, ein
Schreiben, durch das der in seinem Herzogtum Bayern-München eine
Sammlung für den Kirchenbau genehmigte und den Geistlichen empfahl,
sie sollten ".. das Volk auf offener Canczel ermanen, das sy ir allmusen
geben". Das Geld war für Messbücher, Messgewänder
und sonstiges Kirchengerät bestimmt.
Der Neubau wurde nicht
nur damit begründet, dass die alte Kirche in schlechtem baulichen
Zustand war, sondern vor allem damit, dass die Kirche im Wald abseits
der Straße stand und die Wanderer und Fuhrleute an ihr vorbeizogen.
Deshalb waren die Ablässe auch nicht ertragreich. Der Neubau sollte
aber nicht nur wegen der Einkünfte, sondern auch aus pastoralen Gründen
direkt an der Straße liegen. Jedenfalls schrieb Propst Rotthuet
"Aber man kann sehen... dass Unzählige täglich die Straße
zwischen München und Dachau benützen, von denen die meisten
- zu sehr von ihren geschäftlichen Angelegenheiten im Anspruch genommen-
seit Tagen keine Kirche mehr betreten konnten. Damit sie aber des Öfteren
Gelegenheit haben, ein Haus Gottes zu besuchen und darin demütig
seinen Namen anzurufen, habe ich nach wohlüberlegtem Ratschluss zur
Vermehrung der göttlichen Verehrung und zum Heilge der Gläubigen
in der Schwaige bei Dachau die Kapelle neu gebaut, die jedem Wanderer
offen steht".
Im Originaltext lautet die
Begründung nach Peter Dorner:
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"Darnach
angesehen Gottes und Marie Ere, auch daz hye (=hier) durch dy gemain
Straß (=Landstraße) manig (=viele) Menschen täglich
wanderen, der vil dez Tags in kain Kirchen können seyn; domit
dy Menschen bewegt würden, zu loben Got und seinen Tempel ze
suchen..." |
Die neue Kirche soll,
so der Bericht von 1460 06),
im Jahr 1453 vom Eichstätter Weihbischof Dr. Peter im Beisein
des Indersdorfer Propstes Johannes, des Fraters Ulrich Schirm, des Dachauer
Pflegers Johann Pellhamer, "vieler Dachauer Bürger und ehrenwerter
Personen beiderlei Geschlechts" geweiht worden sein. Die bischöfliche
Bestätigung aus Freising traf 1460, die päpstliche vier Jahre
später, 1464, ein. Durch
Spenden der Bürger wurde sie eingerichtet und ausgestattet.
14)
Neuer Standort
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum ein Gotteshaus, das
den Namen Wegekirche also Kirche am Weg oder an der Straße trug,
erst noch an einen Weg verlegt werden musste. Dr.Dorner ist der
Meinung, dass zunächst die Straße verlegt worden war und die
Kirche mit ihrer Standortverlegung nachzog. Den Grund dafür kannte
Dr.Hanke. Er war der Auffassung, dass die Verle-gung des Dachauer Markts
vom "alten Markt" hinauf zur Jakobskirche die neue Straßenführung
auf die Schotterzunge knapp westlich der Rothschwaige mit neuem Amperübergang
notwendig machte.
Die neue Kirche war wohl auch nicht weit entfernt von der alten Kapelle.
Denn Propst Gelasius Morhart berichtete, dass man beim Neubau die Steine
der alten Kapelle wiederverwendet hat. Die Verlegung der Straße
hat möglicherweise auch mit der Gründung der Stadt München
und der Verlegung des Isarübergangs von Oberföhring nach München
im Jahr 1158 zu tun. Die erste Straße war nach Auffassung Dorners
die alte Römerstraße von Augsburg nach Wels, die neue Straße
die "Salzstraße" von Pasing nach Dachau, von der der Dachauer
Landrichter Philipp von Adelzhausen 1583 berichtet.
Die Kirche wird auch
im Urbar des Klosters Indersdorf von 1493 als Marienkapelle erwähnt.
Dort heißt es:
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"Die
Schwaig auff dem erdweg enhalb (=innerhalb) dachaw dar zu die
capell unnser lieben frawen da selbn mit sampt den stöckhen (=Opferstöcken)
saumung, almosen unnd was da genellt ist unnseres wirdigen gotzhausß
freis aigenn dar ein uns nyemant ze sprechenn hat, die menschn da
selb werden für sehen (=versehen/seelsorgerisch betreut)
durch den pfarrer zu mitterndorff, da hin sein sy gepfärrt und
meytter nichts zu hanndl dann was die sel sorg an trifft, dermb habenn
wir brieff." |
Dreißigjähriger Krieg
1632 wurde die Kirche von
den Schweden zerstört und 1645, noch im 30jährigen Krieg, wieder
aufgebaut. Bis die Fenster verglast wurden, vergingen noch einige Jahre:
Glasermeister Ludwig Huber
erledigte das im Jahr 1653.
Schmidt'sche
Matrikel 1738
In den Jahren 1738 bis 1740 besuchte der Freisinger Kanonikus Schmidt
alle Pfarreien der Diözese Freising und beschrieb sie in der nach
ihm benannten
Schmidt'schen Matrikel. Unter dem Kapitel Pfarrei Mitterndorf
ist auch die Rothschwaig-Kirche als "Ecclesia s.Jacobi in Weegkirchen,
vulgo auf der rothen Schwaig", also als Filialkirche, enthalten.
Dort heißt es, Gottesdienste würden abgehalten am Sonntag vor
Jakobi und am Jakobifest selbst (25.Juli), auch am Fest Visitationis
mariae und am Mittwoch nach Himmelfahrt. Einen Friedhof gab es auch damals
nicht.
Überfall
auf Graf Arnold -
im Vordergrund Hund mit Hand im Maul
|
1766 gab
der Indersdorfer Propst Gelasius Morhart als Ergänzung zu seiner
Kloster-chronik eine Schrift mit dem Titel "Kurze Historische
Nachricht von dem Ursprung des Kirchls auf der sogenannten Rot-Schwaig
bey Dachau" in Auftrag.
Darin beschreibt er, dass er die Rotschwaigkirche zwischen 1764 und
1766 im barocken Stil umgebaut hat. Das Fresko malte Johann Georg
Dieffenbrunner, der wenige Jahre zuvor (1755) auch einen Teil der
Fresken in der Klosterkirche von Indersdorf geschaffen hatte.
Dieffenbrunner bildete die Gründungsgeschichte auch in einem
Kupferstich ab.
Darauf war dargestellt, wie die Gräfin die Jakobus-Schenkungsurkunde
dem Indersdorfer Propst übergibt. Im Hintergrund sind die Rotschwaigkirche,
das Dachauer Schloss und die Jakobskirche zu sehen. Im Mittelteil
erstechen die Räuber den Grafensohn; der treue Hund läuft
mit der Hand im Maul davon. Im oberen Teil des Kupferstichs steht
die Muttergottes mit Kind auf dem Arm und mit Krone und Zepter geschmückt,
über den Wolken im himmlischen Bereich. |
Abbruch 1802
Bei der Säkularisation 1802 wurde die Kirche abgebrochen. Die
Steine verwendete man beim Bau einer Brücke über die Würm;
auch das erste Karlsfelder Haus, das des Kolonisten Hartmannsgruber,
das bis 1988 bestand, wurde noch aus diesen einstmals geweihten
Steinen gebaut. 11)
Die kirchlichen Geräte und Paramente wurden an das Kloster
Indersdorf übergeben. 16)
Die Rothschwaig-Kirche war
eines von mindestens 12 Gotteshäusern im Dachauer Land, die
damals tatsächlich abgerissen wurden. Das waren des Weiteren
- die Kirchen St.Georg in Edenholzhausen bei Weichs und St.Johannes
in Ruppertskirchen bei
Altomünster,
- die Kapelle in Udlding,
vier Kapellen in Dachau (Altöttinger-Kp, HeiligGrab-Kp,
Nepomuk-Kp,
Polln-Kp), die Hippolythkapelle in Ampermoching,
die Sebastianskapelle in Armetshofen, die
Wieskapelle bei Großberghofen und schließlich,
als größter Bau,
- das Kloster Taxa.
Dabei waren auch viele weitere kleinere Kirchen und Kapellen zunächst
als überflüssig bezeichnet worden und zum Abriss vorgesehen
gewesen; sie konnten aber letztendlich doch von den Bewohnern -mit
teils abenteuerlichen Begründungen- gerettet werden. Als Beispiele
seien genannt die Kirchen in Dietenhausen, Jedenhofen, Kollbach/Frauenkirche,
Sixtnitgern/St.Johann, Rettenbach und Rudelz-hofen.
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Einrichtung
Kirche
um 1766
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Über das Aussehen
der Kirche ist nur wenig bekannt. Die Erkenntnisse speisen sich aus
dem o.a. Bericht von 1460 06),
der Schmidt'schen Matrikel von 1738, den Aufzeichnungen von Propst
Gelasius im Jahr 1766 und dem Kupferstich von Dieffenbrunner, der
im Hintergrund ganz klein auch diese Kirche zeigt.
Auf diesem Bild steht das Gotteshaus auf einer kleinen Bodenerhebung.
Sie hatte ein Satteldach mit zwei Erkern auf der Südseite. Das
Türmchen saß als Dachreiter auf der Westmauer. Es war mit
einer Zwiebelhaube bedeckt. Die Matrikel sprechen davon, dass in ihm
zwei geweihte Glocken hingen. An der Westseite sieht man zwei rundbogige
und ein querovales Fenster. Der Eingang scheint auf der Südseite
gelegen zu sein. Einen Friedhof gab es nie.
Die Zahl der Altäre wird in beiden Quellen mit drei angegeben.
Allerdings werden als Patrone der Seitenaltäre unterschiedliche
Heilige angegeben:
1460 - Petrus, Paulus und Bartholomäus sowie Sebastian und den
14 Nothelfern
1656 - Urban. Der Künstler Thomas Holzmair erstellte einen Urbanaltar
um 40 Gulden
1738- Hl.Dreifaltigkeit sowie Sebastian. |
Hauptaltar
Der der Jungfrau Maria, Johannes d.Täufer und Apostel Jakobus geweihte
Hauptaltar enthielt Reliquien vom Ölberg in Jerusalem, vom Kleid
Mariens, vom Weihrauch der Dreikönige, vom Grab Mariens, von Joh.
d.Täufer, von den Märtyrern Laurentius, Hypolith, Lantpert,
Crisogen und Quirin, von den heiligen Bischöfen Augustinus, Korbinian
und Martin sowie dem Bekenner Dyabald und den 11000 Jungfrauen. Später
ist nur noch von Apostel Jakobus als Altarpatron die Rede.
Rechter Seitenaltar
Im rechten Seitenaltar,
der 1460 den Aposteln Petrus, Paulus und Bartholomäus geweiht war,
befanden sich Partikel vom Apostel Jakobus, von St. Urban und von den
drei Altarpatronen.
Linker
Seitenaltar
Der
linke Seitenaltar war 1460 den Patronen Sebastian und den 14 Nothelfern
geweiht. Er enthielt Reliquien der Märtyrer Sebastian, Vitus, Georg,
Christophorus, Stephanus und den heiligen Jungfrauen Katharina, Margareta,
Barbara und Agnes.
Kreuzwegstationsbilder
Die
Kirche besaß auch Kreuzwegstationsbilder. Aus den Akten des Diözesanarchivs
geht hervor, dass im Jahr 1777 ein Kreuzweg in die Kirche eingesetzt wurde.
15)
Bis zum 18.Jh. waren Kreuzweg nur im Freien angelegt. Danach wurden -vielleicht
wegen der schlechten klimatischen Verhältnisse Anfang des 18.Jh.-
Kreuzwegandachten in die Kirche verlegt. Der Papst unterstützte diese
Andachten mit einem Breve von 1731, in dem er die Andachten mit großzügigen
Ablässen versah.
Empore
Die Kirche hatte wohl
auch eine Empore. Jedenfalls schildert der Theologe, Pädagoge, Historiker
und Aufklärer Lorenz von Westenrieder (1748-1829) in seinem Buch
"Statistische Beschreibung des churfürstl. Landgerichts Dachau" aus
dem Jahr 1792:
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"In der bey
der Rotschweig vorhandnen, und nach Inderstorf gehörigen Kapelle
sieht man durch ein Gitter, welches auf dem Boden der Emporkirche
angebracht ist, ein vom Georg Dieffenbrunner gemaltes (und vom Klauber
in Kupfer gestochnes Gemälde, worauf die Ermordung eines Edelmanns
vorgestellt wird, welcher Otto geheißen und ein Graf von Dachau
gewesen sein soll...." |
Wenn Sie den
Bericht von 1792 über die Rotschwaige weiterlesen möchten, klicken
Sie hier...
Hans Schertl
Quellen:
01)
Peter Dorner, Die ältere Geschichte der Rothschwaige bei Dachau,
Amperland 1967 (Gelasius-Chronik 1766)
02) Reithofer, Franz Dionys, Chronologische Geschichte
von Dachau in Baiern S.9, 1816
03) Adolf Wacker, Zur Indersdorfer
Kloster- und Ortsgeschichte, 1905
04) Dr.Gerhard Hanke, Die Entwicklung der Rothschwaige
vom klösterl.Eigenbetrieb zur selbständigen Schwaige, Amperl.1967
05) Dr.Gerhard
Hanke, Die Siedlungsanfänge von Dachau, Amperland 1973
06) Dr. Wilhelm Liebhart, die Rothschwaige
in der Indersdorfer Geschichtsschreibung, Amperland 1982 (Bericht 1460)
07) Dr.Georg Paula, Die Arbeiten Joh.Georg Dieffenbrunners
für das Kloster Indersdorf in den Jahren 1755-1771, Amperl.1984/3
08) Max Gruber, Im Amperland tätige Glaser, Amperland
1984 (Huber)
09) Dr.G.Brenninger, Kirchenabbrüche im Gebiet
des Amperlandes als Folgen der Säkularisation v.1803, Amperland 1992/1
10) Hans Kornprobst, Die in Indersdorf inkorporierten
Kirchen, Amperland 2004/2
11) http://www.karlsfeld.de, 2014
(Steine für Würmbrücke und HsNr.1)
12) Lorenz Westenrieder, Statistische
Beschreibung des churfürstl. Landgerichts Dachau, 1792 (Empore)
13) Max Gruber, Die Künstlerfamilie Holzmair, Amperland
1969/1 (Thomas Holzmair 1656)
14) Mühlbauer/Lobe/Blaschke/Rottmann,
Chronik der Pfarrei St.Anna Karlsfeld, 1978
15)
Digitales
Archiv des Erzbistums München u.Freising, Signatur:
AA001/3, PfarrA13141 (Kreuzweg)
16)
wie
oben, Signatur:
AA001/3, PfarrA13142
(Abriss)
4 Bilder: Hans Schertl
18.3.2018
Statistische
Beschreibung des churfürstl. Landgerichts Dachau
von Lorenz
von Westenrieder, 1792 12)
Seite 27
ff.:
"In der bey der Rotschweig vorhandnen, und nach Inderstorf gehörigen
Kapelle sieht man durch ein Gitter, welches auf dem Boden der Emporkirche
(=Empore) angebracht ist, ein vom Georg Dieffenbrunner gemaltes
(und vom Klauber in Kupfer gestochnes Gemälde, worauf die Ermordung
eines Edelmanns vorgestellt wird, welcher Otto geheißen und ein
Graf von Dachau gewesen sein soll. Sein Hund soll die, ihm von den Mördern
abgehauene, rechte Hand fort nach Dachau getragen, und zu den Füssen
der Beatrix, Mutter des Ermordeten, niederlegt, diese aber an dem Ring,
dessen die Hand nicht beraubt worden war, das Unglück ihres Sohnes
sogleich erkannt, und an dem Ort, wo die Mordthat geschah, (diese soll
unweit Schleißheim geschehen seyn) das folgende Jahr darauf, (1128)
eine Kapelle erbauet, und den Wald dem Kloster Unterstorf geschenkt haben.
Im J.1454 wurde die Kapelle, weil sie von der Straße entfernt, und
ungesehen lag, nach em Plaz, wo sie jetzt stehet, übersetzt, und
im J. 1764 wurde sie neuerdings erbaut. Diese Geschichte, welche noch
in der, 1762 herausgekommenen, mit vielen (von Georg Dieffenbrunner gezeichneten,
und von Joseph und Johann Klauber gestochnen) Kupfern gezierten 'kurzen
historischen Nachricht von dem Ursprung und Fortgang des Stifts, und Klosters
Understorf etc. Augsburg' mit vollem Ernste erzählt wird, mag wohl
irgend eine traurige Begebenheit, aber zuverläßig kann ihr
nicht die Ermordungeines Otto,Grafen von Dachau, zum Grund liegen. Keine
gleichzeitige Chronik erwähnt einer solchen Ermordung, und selbst
die (in den Monum, boic.Tom.X vorhandenen) interstorfischen Urkunden enthalten
nicht die geringste Spur davon.
In der Chronik des Veits Prior von Eberspert, (bey Oefele T.II.p.713)
wird die Sache schon mit andern Umständen erzählt. Veit, er
vollendete seine Chronik um 1503) sagt, die Gemahlinn des ermordeten Otto
habe die Hand mit dem Ring von dem Hund erhalten und er setzt hinzu, sie
habe erst auf dem Plaz, wo die That vor sich ging, eine Kapelle, und sodann
auch noch das Kloster Unterstorf erbauen lassen. Dieß letztere ist
offenbar falsch, o wie die ganze Erzählung (wenigst in so weit ein
Graf Otto von Dachau, nebst seiner Mutter Beatrix als Hauptpersonen darinn
auftreten sollen) zuverläßig eine Fabel ist; denn der genannte
Otte (Sohn des Grafen Arnold von Dachau und der Beatrix), und Enkel Grafen
Otto II. von Schoyern) war der Stifter der Linie von Valley. Er hatte
seine Gemahlinn, Adelheid genannt, und hatte Kinder, und Kindeskinder.
Sogleich außer(halb)
dieser Kapelle hat man die schönen Dachaueränger vor sich, deren
Anblick um so erwünschter und erquickender ist, als man auf dem bisherigen
Weg, von dem Sandberg bey München aus, wenig Erfreuliches, wobey
der Fleis des Menschen der unterdrückten Natur geholfen hätte,
vor sich sah....
Hinweis:
Diese Beschreibung ist die erste materialreiche und für lange Zeit
detaillierteste Schilderung des Dachauer Landes.
Westenrieder bediente sich der Ende des 18.Jh. in Mode gekommenen literarischen
Form der Reisebeschreibung. Seine
persönlichen
Beobachtungen untermauerte er Zahlen aus der Dachsbergischen Volksbeschreibung
von 1771-81).
so
Dr.Michael Stephan in "Das Dachauer Land in früheren historisch-statistisch-topographischen
Landesbeschreibungen,
Amperland 1993
Die
Geschichte der Rothschwaige
Aus der Klosterchronik von Adolf Wacker 1905 S.6 ff.
03)
Noch müssen
wir hier einer geradezu fabelhaften Schenkung der Gräfin Beatrix
von Dachau gedenken. Schon vor Otto von Indersdorf, nämlich 1128,
soll sie den Wald von Weihenstephan bis Dachau dem Kloster als Seel-Gerät
geschenkt haben. Noch hatte das Kloster weder kaiserliche noch päpstliche
Bestätigung, beide erfolgten später: 1130 die kaiserliche, ein
Jahr darauf die des Papstes.
Mit
der Stiftung aber soll es sich so verhalten. Beatrix war die Witwe Arnulfs
III., des jüngern Bruders Otto's III. Arnulf's Linie war damals begütert
an der Ilm und Amper, an der Mangfall und im Dachauer Bezirk. Vier Söhne
hatte ihm seine Gemahlin geschenkt: Konrad I., Friedrich, Otto und Arnulf
IV. Der Vater ist sicher vor dem Jahre 1124 (vermutlich 1106 oder 1107)
gestorben; um diese Zeit aber kam auch Arnulf IV. ums Leben. Bei der Jagd
im Forste soll er überfallen und erschlagen worden sein; einer seiner
Hunde habe dann die abgehauene Rechte mit dem Ringe ins Schloß gebracht.
Beatrix habe darauf den Leichnam suchen lassen und der sei in der sogenannten
roten Schwaige bei Dachau gefunden worden. Natürlich wird an Ort
und Stelle ein Kirchlein gebaut und eben dieses soll mit dem ganzen Wald
oder doch dem größten Teil desselben den Chorherren geschenkt
worden ein. Wollen
wir auch die ganze Sache nicht für Erdichtung erklären, so müssen
wir doch bemerken, daß Morhard und mit ihm andere irrtümlich
angegeben, es sei nicht der jüngere Arnulf, sondern sein Bruder Otto
dort im Walde umgekommen.
Auch diese Schenkung ging wieder
verloren; Morhards Chronik meint: als die Stadt München und die Dörfer
Mosach, Allach, Menzing und Feldmoching erbaut worden seien, habe man
nicht nur das Bauholz aus diesem Walde genommen, sondern nach und nach
die Waldung ganz ausgerodet, um für die Dörfer, Wiesen und Felder
zu gewinnen. Sonderbar, daß die frommen Mönche so ganz buch-stäblich
das Schriftwort genommen: "Wer Felder usw. mehr liebt als mich, ist
meiner nicht wert." Warum weiß der Chronist von keinem Entgelt
oder Tauschvertrag zu erzählen ?
Das Kirchlein in der Rotschwaige wurde wegen Zerfalles später durch
ein neues ersetzt, das von Dachau eine halbe Stunde gegen München
lag. Es geschah dies im 15.Jahrhundert.
"In neuerer Zeit", sagt Westenrieder 1846: "erhielt die
Schwaige nach dem Verschwinden der Kapelle auch einen neuen Namen: die
Moosschwaige. Rothschwaige und Moosschwaige sind noch in der Dachauergegend
nebeneinander zu finden.
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