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Herz-Jesu-Kapelle (Glonnkapelle) in PETERSHAUSEN

Adresse: 85238 Petershausen, Münchner Straße 26
Lage der Kirche auf der Landkarte ...


Beschreibung

Die Herz-Jesu-Kapelle steht am Ortsrand von Petershausen an der Straße nach Kollbach.
Früher lag ihr Standort außerhalb der Ortschaft einsam auf einer Wiese. Deshalb war sie damals auch unter der Bezeichnung "Wies-Kapelle" bekannt. Die vorbeifließende Glonn gab ihr zudem den Namen Glonnkapelle.

Der Kapellenbau wurde im Jahr 1724 unter Pfarrer Völkl errichtet. Es war ein Schwarzbau und sollte zunächst wieder abgerissen werden. Doch der Bericht des Pfarrers "die Kapelle erfreue sich eines großen Zulaufs" bewirkte die nachträgliche Genehmigung. 01)

Der Barockbau steht in Süd/Nord-Richtung. Im Hintergrund sieht man auf dem nebenstehenden Bild den Kirchturm der Pfarrkirche Petershausen. Die Kapelle besitzt eine eingezogene, halbrunde Apsis.

Das Dach ist mit Schindeln gedeckt.

Auf ihm sitzt seit 1903 ein von Frau Schuhbauer aus Petershausen gestifteter Dachreiter (Türmchen).

Die gelb gestrichene Fassade ist durch beige Ecklisenen gegliedert. Auf dem Giebel über der Eingangstüre ist ein schmiedeeisernes Kreuz angebracht.


Deckengemälde


Die Kapelle liegt im Überschwemmungsgebiet der Glonn und wurde dementsprechend oft in Mitleidenschaft gezogen. So z.B. 1778, als sie einem zeitgenössischem Bericht zufolge von der "yberflissigen wasser flut gänzlich ruiniert und zu Boden gerissen" wurde.

 In den Jahren 1969/70 und 1994 wurde die Kapelle renoviert.

Denkmalschutz
Die Kapelle steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalatlas des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und in der Liste der Baudenkmäler in Petershausen 04) eingetragen Darin wird sie wie folgt beschrieben: "Aktenzeichen: D-1-74-136-3; Münchner Straße 26; Rechteckbau mit eingezogener, halbrunder Apsis und Dachreiter, 1724 bei der Glonnbrücke errichtet, Dachreiter 1903 ergänzt; mit Ausstattung" 

Inneneinrichtung

Der "Chor" der Kapelle ist durch ein massives Eisengitter gesichert. Dahinter steht die große Figur eines "Schmerzhaften Heilandes", der mit seiner linken Hand auf die Wunde an seiner rechte Schulter (Achsel) zeigt. Der lebensgroße Jesus ist mit einem roten Mantel mit violettem Innenfutter bekleidet. Auf dem Haupt mit schulterlangem Haar sitzt die Dornenkrone.
Die Figur in Petershausen gleicht einer entsprechenden Figur in der Allerseelenkapelle von Dorfen, die sechs Jahre zuvor geschnitzt worden war.
Das vergoldete Herz in der rechten Hand Jesu ist eine spätere Ergänzung. 01)

Da die Figur 1724 in Freising angefertigt wurde, kommt als Bildhauer der damals dort lebende Johann Christoph Thalhammer in Frage. Thalhammer (tätig von vor 1690 bis nach 1724) war auch in Appercha, Mühldorf, Großeisenbach und Weng als Bildhauer tätig.
Der "Schulterwunden-Heiland" ist eine ikonographische Beson-derheit, die in den Kirchen des Landkreises Dachau einzigartig ist. Selbst in ganz Oberbayern ist eine solche Darstellung nur sehr selten anzutreffen. In Sailers "Vollständigem Gebetbuch für katholische Christen" aus dem 18.Jh ist übrigens ein "Gebeth zu den Achselwunden Jesu Christi" enthalten. Den im Stile der da-maligen Zeit etwas schwülstigen Text können Sie im (sehr empfehlenswerten) Huttermuseum in Großberghofen nachlesen; dort ist das Gebetbuch ausgestellt 02). Die Bibel sagt nichts über eine "Schulterwunde" aus. Die Verehrung geht zurück auf eine Vision des hl.Bernhard von Clairvaux. Als er dabei Christus fragte, welche seiner Wunden ihm die größten Schmerzen bereitet habe, antwortete der: "Die Wunde, auf welcher ich das Kreuz getragen habe."
Eine volkstümliche Verbreitung erfuhr die Verehrung der Schulter-wunde und -daraus folgend- die künstlerische Umsetzung erst in der Gegenreformation. Lebensgroße Schnitzfiguren wurden in den Vorhäusern der Kirchen oder am Friedhof aufgestellt.
Für die Darstellungform der späten Figuren war die Vision der Franziskanerin Crescentia Höß (1682-1744) im Kloster von Kaufbeuren entscheidend, nach deren Angaben der Mönch Magnus Remy um 1720 ein Bild malte. 03)

Mitte des 18.Jh. wurde der Schulterwunden-Heiland durch den 'Christus an der Geißelsäule' nach dem Wallfahrtsbild der Wieskirche als populärste Geißelungsfigur abgelöst.


SchulterwundenheilandVergrößerung der Figur per Mouseklick

Die Figur in Petershausen war früher sicher auch der Anlass für Wallfahrten zur Glonnkapelle, woran noch ein Mirakelbuch aus den Jahren von 1736 bis 1785 mit 358 (!) Eintragungen über Gebetserhörungen erinnert. 01)

In späterer Zeit wurde der Christusfigur ein Flammenherz in die rechte Hand gegeben und damit die Verehrung auf "Herz Jesu" umgedeutet. Am Chorbogen heißt es dementsprechend "Hl. Herz-Jesu, erbarme dich unser". So erwähnt auch die unten stehende Beschreibung der Kapelle aus dem Jahr 1930 zwar das Herz, nicht aber die Schulterwunde.
..mehr über die Herz-Jesu-Verehrung...

Einziges Gemälde in der Kapelle ist das runde, sehr farbige Deckenfresko, das das Lamm Gottes auf dem Buch mit den sieben Siegeln aus der Apokalypse darstellt.
  Hinweis: Diese Darstellung greift ein Thema aus den Geheimen Offenbarungen (Apokalypse, 5,1 ff) der Bibel auf. Darin beschreibt Johannes eine Vision, in der Gott eine Buchrolle mit sieben Siegeln in der Hand hält, die niemand öffnen konnte. Allein der "Löwe aus Judas Stamm und Nachkomme Davids" sei dazu berechtigt. Da kam ein Lamm, das aussah, als ob es geschlachtet worden wäre und öffnete die Siegel. Die Buchrolle ist das Buch des Lebens, in dem die Namen der Gerechten und der Sünder eingetragen sind und das die Ereignisse enthält, die am Weltende geschehen werden. Das Lamm stellt Christus dar, der auch der Löwe von Juda und Lamm Gottes genannt wird. In der christlichen Kunst wird Christus in Anlehnung an Textstellen im Alten (Jesaja 53,7) und Neuen Testament (Joh.1, 29) schon seit dem 4. Jh. symbolisch als Opferlamm dargestellt. Die Kreuzfahne als Zeichen des Sieges über den Tod taucht jedoch erst seit dem 10./11. Jh. in der Kunst auf.

An den Seitenwänden hängen in Rahmen hinter Glas mehrere alte Texte, die sich mit der Geschichte der Kapelle und der Renovierung befassen:

So z.B. der Bericht eines Pfarrers aus der Mitte des 18.Jh.

 

           
                Vorred

Es hatte main Vorfahrer Völkl Georg Und Pfarrer
alhier zu Petershausen Umb das iahr 1724 an
dem Glon steeg nechts alhier eine Veldt-figur
erbauet, Und sölche beehret mit der schmertzhaf-
ten Bildtnus Christi Unsers Heylandts mit der
Achsel-Wunden. Gleichwie nun aber Er dise ewige
Wahrheit längst Vorhin Von sich selbst gesagt: ich
will alles nach mir oder an mich ziechen, also ge-
schichet es führwahr hier gegenwärthig. Sintemah-
len schier kein anligenheit meiner Pfarrkünd Und
mich selbst, ia auch Umbliegende nachbarschaft an-
stoßet, so nemen sie ohne Verweillung ihre Zu-
flucht zum schmerzhaften Heylandt in der Figur,
so das ich in Zeit meines 2.jährig hiersein schon
Vüll Beneficia Verkündet, Und hiemit gutt er-
achte, das ich alle fürohin Vorkommende gut-
thaten fide sacerdotali ordentlich in disem buch
aufzeichne.

 


Daneben hängt eine in blumiger Sprache gehaltene Beschreibung der Kapelle um 1930:

  Nach Abschluss der Renovierung 1969/70 wurde eine Liste aller Helfer und Spender in einer Kassette in die Kapelle eingemauert und folgende Verse gedichtet:

Die Kapelle in der Wies bei Petershausen

Unmittelbar zu Füßen des Ortes breitet sich das Glonntal wie eine langgestreckte Mulde aus, weit und eben, wie ein einziger grüner Teppich. Der sanfte Schwung des Bodens wird tief durchfurcht von dem lebensspendenden Flüßchen, überspannt von Stegen und Brücken und nur unterbrochen von klappernden Mühlen und rauschenden Wehren. Wie ein fester Damm riegelt die Kollbacher Straße die ebene Fläche des Wiesengrundes ab und bringt Bewegtheit in die Landschaft. Wo sich vor dem Beton-Massiv der Straßenbrücke Mühlbach und Glonn vereinigen, steht, nur einen Steinwurf weit abseits, ein niedliches Kirchlein, die Kapelle in der Wies. Ein freundliches, reizvoll friedliches Bild, unterbricht sie die Weite der Talung.

Sie steht schon lange; ihre Entstehungsgeschichte ist der heutigen Generation nicht überliefert, niemand mehr kennt den frommen Stifter. Die Landschaftssymphonie ist durch die Flußkorrektion nüchterner geworden. Zweifellos hatte vor Zeit, als die Glonn sich in zahlreichen Windungen und Flußschlingen durchs düstere Erlengebüsch talwärts wand, die Kapelle eine schönere, naturhafte Umrahmung und köstliche Belebung. Wie vor 50 Jahren liegt das warme, graue Schindeldach heute noch auf dem kleinen Kirchlein. Durch die Opferwilligkeit der verstorbenen Kunstmühlenbesitzersgatten Schuhbauer wurde ihm vor 10 Jahren ein zierliches Barocktürmchen aufgesetzt und in dieser genügsamen äußern und schlichten inneren Ausstattung lud es manchen frommen Beter zum Besuche ein.

Seit 30 Jahren wurde es pietätvoll von unserem Pfarrmesner Moser betreut, der vorsorgend den Opferstock rechtzeitig leerte und die milden Gaben beim örtlichen Sparverein verzinslich anlegte. Die Opferpfennige wuchsen zu einem kleinen Kapital und ermöglichten die Erneuerung und Instandsetzung der Wieskapelle, welche von unserem heimischen Gewerbe ausgeführt wurde. Malermeister Moosreiner renovierte in heiteren Tönen und ansprechender dekorativer Malerei das Innere und gab dem Gestühl neuen Anstrich. Durch Steinmetzmeister Gschwendtner wurde das ursprüngliche Ziegelpflaster entfernt und durch einen soliden, farbigen Plättchenbelag ersetzt. Die äußere Restaurierung bestand in der Herstellung eines festen Beton-Scharpflasters rings um die Kapelle und in der Erneuerung des Maueranstriches.

In der Apsis thront die Leidensfigur des Heilandes, das Herz Jesu in der Hand darbietend. Eine wertvolle Plastik älterer kirchlicher Kunstauffassung. In ihrem neuen Kleide ladet nun die Kapelle bedrängt Seelen und auch den müden Wandersmann zur Gebetsrast ein. Sie ist ein Denkmal früherer Zeit; in bitterer Notzeit ward ihr jetzt ein Sonntagskleid zur Ehre Gottes und zu Lob und Preis der Heimat.

um 1930.

 

 

Hier steht eine liebliche kleine Kapelle
im Wiesengrund neben der Glonn.
Einsam und still an dieser Stelle
steht sie seit Jahrhunderten schon.
Gar manches hat sich da wohl begeben
in all den Jahren, Tag für Tag.
Freund und Leid und daneben
Sorgen -Kriege - Not und Plag.

Manch Wanderer sprach hier schon sein Gebet,
manch stilles Leid wurde geklagt.
So hat die Kapelle gar vieles erlebt
doch die Zeit hat auch an ihr genagt.
Die Zeichen des Zerfalles wurden schon sichtbar,
für die Restaurierung war es höchste Zeit
doch Dank einer freiwilligen Helfer-Schar
erstrahlt nun die Kapelle im neuen Kleid.

Hans Schertl

Quellen:
01) Thiel/Mecking, Chronik der Gemeinde Petershausen, Band 2 Kunst und Kultur, 2000
02) Huttermuseum in Großberghofen, 2003
03) Adelheid Riolini-Unger, Die Bildhauerfamilie Öberl in Friedberg, 2022 (ISBN: 978-3-949257-07-0)
04) Denkmalliste Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Dachau Gemeinde Petershausen

5 Bilder: Horst Lachmann (1), Hans Schertl (4)

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

28.1.2023

KelchbecherTurm 32 m hochChor-spätgotischHerz-Jesu-Fest
von
Dr.theol. Manfred Becker-Huberti, Köln auf der Internetseite der Erzdiözese Köln

In der Sprache der Bibel ist das "Herz" nicht irgendein Organ, sondern ein Begriffsbild für das menschliche Wesen, die personale Mitte eines Menschen, vgl. z. B. Joh 14,1; 16,22.

Die mittelalterliche, die den Christus der Passion in ihr Zentrum gestellt hatte, nahm das von der Lanze des römischen Soldaten durchbohrte Herz Jesu, vgl. Joh 19,34, als Synonym für das erlösende Leiden des Gottessohnes, seine sich verschwendende Liebe. Integriert in diese mystische Verehrung war der Gedanken der Sühne: stellvertretendes Beten für die Unwürdigen, Gottesleugner und Gottesfeinde.

Die Anfänge der Verehrung des heiligsten Herzens Jesu finden sich im 13. und 14. Jahrhundert. 1672 erlaubte der Bischof von Rennes den Oratorianern, in seiner Gemeinschaft liturgisch ein Herz-Jesu-Fest zu feiern. Die im 16./17. Jahrhundert vor allem von den Jesuiten und Oratorianern geförderte Herz-Jesu-Verehrung nahm durch die Visionen der Margaretha Maria Alacoque (+1690) neuen Auftrieb: Ihr war Christus erschienen, auf sein Herz deutend, was als sein Verlangen nach der Einführung eines diesbezüglichen Festes verstanden wurde. Gefeiert wurde es am Freitag nach der Fronleichnamsoktav, am dritten Freitag nach Pfingsten. Das im 18. Jahrhundert in Frankreich, Deutschland und Italien verbreitete Fest wurde 1765 durch Clemens XIII. (1758-1769) anerkannt und 1856 unter Pius IX. (1846-1878) für die Kirche vorgeschrieben. Leo XIII. (1878-1903) erhöhte 1899 den Rang des Festes und weihte zur Jahrhundertwende die Welt an das Herz Jesu.

Heute ist es ein Hochfest unter dem Namen "Heiligstes Herz Jesu". Gefeiert wird es am Freitag der dritten Woche nach Pfingsten. Aber auch an jedem ersten Freitag eines Monats werden Herz-Jesu-Tage begangen: Ein -meist abendlicher- Gottesdienst wird als Votivmesse gefeiert. Gebetet wird um Priester- und Ordensnachwuchs.

Heute ist das Herz-Jesu-Fest wenig populär. Das dem Fest zugrundeliegende mystische Bild des durchbohrten Herzens Jesu stößt auf geringe Akzeptanz. Das Symbol "Herz" steht für Liebelei oder das reale Herz als Organ ist Gegenstand bei Herzinfarkt und Herztransplantation. Die Entmythologisierung des Herzens hat die Vermittlung des Festinhaltes nicht leichter gemacht. Nicht schuldfrei geblieben sind zahlreiche Herz-Jesus-Darstellungen der Vergangenheit, die im Bewusstsein mancher Katholiken noch vorfindlich sind: Süßlich vorwurfsvoll blickende Christusfiguren, die in ihrer aufgerissenen Brust auf ein -manchmal sogar elektrisch-betriebenes, flackerndes- Herz verwiesen.

Die Symbolik des Christusherzen begegnet uns in zeitgenössischen Darstellungen so gut wie nicht mehr.