Kalvarienberg in Oberschleißheim

Lage
der Kirche auf der Landkarte ...
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Beschreibung
Der Kalvarienberg
beim Berglwirt in Oberschleißheim ist Teil des sog. Klausenwegs,
den der bayerische Herzog Wilhelm V. (1548-1626) mit dem Beinamen
"der Fromme", im Jahr 1605 05)
rund um seinen Wohnsitz im
(alten) Schloss anlegen und durch einen 22 km langen Rundweg verbinden
ließ.
Eine der Kapellen (im "Schleißheimer Holz" ) war
dem hl.Ignatius, dem Gründer des Jesuitenordens, geweiht.
Herzog Wilhelm ließ neben der Kapelle einen Hügel aufschütten.
In diesen Hügel wurde ein Keller eingelassen, in dem später
eine "wundertätige Pietá" aufgestellt war. Oben auf
dem Hügel ließ der Herzog eine Golgothaszene mit drei
Kreuzen errichten. Eine Treppe mit 23 Stufen führt hinauf.
08)
Der
Augsburger Kunsthändler Philipp Hainhofer besuchte im Jahr 1611
Oberschleißheim und erwähnte in seinem Bericht auch diesen
Kalvarienberg. 03)
Er schrieb: "Schleißheim hat im Umfang fast drei Meilen
(ca. 22 km) und neun Kapellen nach Art der neun Kirchen zu Rom,
jede wenigstens ein paar gute Büchsenschüsse weit von
der anderen, alle in Holz." Der Kalvarienberg sei eine
"ziemblich hohe" Anlage: "Oben hängt Christus
und die 2 schächer am creuz, in brunzo (= wohl Bronze)
gemacht." Ein "brünnlein mit röhrlen" habe
Wasserspiele gespeist, die aus einem Springbrunnen "mitten
im berg" und einer Installation mit einer großen Kugel
bestand, mit der ein "starckes Wasser in der höhe spiehlet".
Das Wasser wurde
vom nahen Berglbach hierher geleitet. Es rahmte Grünflächen
ein, auf denen der Herzog Picknick machte und Gottesdienste im Freien
abhalten ließ ("allhier hats wider eingefaste, grüne
plätz.. (für) graßmalzeit und feldkirchen").
01)
Der
Kalvarienberg und die in der Nähe stehende neue Kapelle befinden
sich im Privatbesitz des Berglwirts. Eine Besichtigung ist nur mit
Erlaubnis des Wirts möglich. Wenn es die Arbeit in der Küche
erlaubt, gibt der Koch, Hr.Anzenberger, eine kleine Füh-rung,
die neben den historischen und künstlerischen Details auch
die Liebe zum und den Stolz über die gut erhaltenen Gebets-stätten
erkennen lässt.
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Renovierungen
Der Kalvarienberg überstand -im Gegensatz zu den Kapellen- die Säkularisation.
Er benötigt jedoch -wie alle historischen Anlagen- viel Pflege und
muss immer wieder renoviert werden.
Die erste Restauration dürfte nach rd. 100 Jahren nötig geworden
sein. Denn in der Bayerischen Denkmalliste werden sie als "hölzerne
Figurengruppe 17./18. Jahrhundert" beschrieben. 05)
Georg Werner 07)
schrieb dazu:
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"Zur
Andacht und Betrachtung diente neben den Kapellen auch der Kalvarienberg
bei der Ignatius-Einsiedelei. Die ursprünglich aus Blei gegossenen
Figuren der Kreuzigungsgruppe wurden 1745 bei einer Renovierung gegen
hölzerne ausgetauscht. Als wundertätig galt die in einer offenen Berghöhle
aufgestellte Schmerzhafte-Mutter- Gottes-Figur mit dem Leichnam Christi
auf dem Schoß." |
Die letzte Renovierung
(unter Johann Rödl aus Sterzing in Südtirol) fand im Jahr 2009
statt, wobei die Jesusfigur einen neuen Kopf erhielt. 08)
Über die Renovierung berichtete die Zeitung Münchner Merkur:
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"Die
beiden Bergl-Köche Karl-Heinz Anzenberger und Florian Spengler haben
die gesamte Umgebung der Kreuze heuer erneuert. In wochenlanger Arbeit
fast jeden Tag nach dem Feierabend in dem Gasthaus nebenan. Diese
Freizeit-beschäftigung war nicht ohne, denn für den Transport der
Materialien auf den Kalvarienberg musste das Duo sich seine eigene
Kranseilzuganlage basteln. Dazu hatte man auch ein Flutlicht aufgestellt.
Florian Spengler sorgte zudem dafür, dass auf dem Berg eine Bank gebaut
wurde. "Das habe ich mir einfach eingebildet", sagt er. Auch für die
zweite Neuerung zeichnet er verantwortlich. Zu Weihnachten schenkte
er seiner Mutter einen Engel, der nun am Fuße der Kreuzigungsgruppe
seine neue Heimat gefunden hat. Die Erneuerung dieses magischen Ortes
geht heuer noch in die letzte Phase. Die drei Figuren an den Kreuzen
werden restauriert. Zudem bekommen die Kreuze größere Dächer, damit
Niederschläge künftig fast komplett an den Figuren vorbei gehen und
so die Verwitterung verlangsamt wird." 04)
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Der
gute Schächer Dismas
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Jesus
am Kreuz
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Der
böse Schächer Gestas
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Ehem.
Kapellen
Die von Herzog Wilhelm um 1600 errichtete Kapelle unterhalb des Kreuzwegs
war dem hl.Ignatius von Loyola (1491-1556) geweiht. Das ist insofern bemerkenswert,
als Ignatius zu diesem Zeitpunkt noch nicht heiliggesprochen war. Bis
zur Seligsprechung am 27. Juli 1609 dauerte es noch ein paar Jahre, bis
zur Heiligsprechung am 12. März 1622 durch Papst Gregor XV. noch zwei
Jahrzehnte. Wilhelm V. war ein starker Förderer des Jesuitenordens,
von dem er sich Hilfe für die die von ihm mit großem Nachdruck
betriebene Gegenreformation versprach. Die Kapelle wurde Jahrzehnte später
sogar noch ausgebaut und erhielt zwei Seitenaltäre, die den Jesuitenheiligen
Franz Xaver (1506-1552, heiliggesprochen 1622) und Franz von Borja (1510-1572,
heiliggesprochen 1671) gewidmet waren.
Der Kapelle war von Beginn an eine Klause angegliedert, in der
ein Eremit wohnte. Der versah die seelsorgerischen Aufgaben, kümmerte
sich um Arme und Kranke und und versorgte die Gebäude. Ab 1702 diente
eine geräumige Klause zwölf Franziskanern als Unterkunft, bis sie
1720 ihr Kloster in Mittenheim beziehen konnte.
Eine Zeit lang soll sogar noch eine zweite Kapelle bestanden
haben, die wohl in dem schon um 1600 angelegten Keller unter dem Kalvarienberg
eingerichtet wurde. Sie war der Muttergottes geweiht, deren (angeblich
wundertätige) Figur 02)
Mittelpunkt des kleinen Gotteshauses war.
Die Kapellen wurden
bei der Säkularisation 1803 als nicht mehr erforderliche Gotteshäuser
abgebrochen. 1804 schaffte man das ganze Eremitenwesen ab. In der ehemaligen
Klause wurde der Bierausschank "Zum Kalvarienberg" eröffnet. 03)
Das "Bergl" gab der 1806 erbauten Wirtschaft und dem umgebenden
Wald seinen heutigen Namen.
Heute
steht wieder eine Ignatiuskapelle
am Fuße des Kalvarienberges. Sie wurde 2003/04 von den Wirten
der Gaststätte Bergl selbst gebaut 04)
und von Pfarrer Alois Ebersberge 06)
eingeweiht.
Genau
diese kleine Kapelle wurde, ebenfalls in Erfüllung eines Gelübdes,
2009 von Schleißheimer Aussiedlern in Kalifornien/ USA originalgetreu
nachgebaut. 06)
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Ignatiuskapelle
v. 2003
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Bittgänge
In den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens waren Kalvarienberg und die
beiden Kapellen auch Ziel von Bittgängen um gutes Erntewetter. In
der Zeit der Aufklärung und der Säkularisation schliefen diese
Bittgänge ein.
1999, also rd. 400 Jahre nach der Errichtung, hat der Pfarrverband Oberschleißheim
den Bittgang zum Kalvarienberg wieder aufgenommen. Die Gläubigen ziehen
alljährlich am Gründonnerstag nach der Fußwaschung die 3
km von der Kirche Patrona Bavariae hinaus zum Bergl, wo eine Ölbergandacht
stattfindet. 02)
Hans Schertl
Quellen:
01) Klaus Bachhuber, Feldkirchen
am Kalvarienberg, SZ vom 18./19.April 2019
02) Klaus Bachhuber, Graßmalzeit
und Feldkirchen am Kalvarienberg, SZ vom 17.April 2019
03) Flyer der Gemeinde Oberschleißheim,
Der Klausenweg Wilhelms V., 2018
04) Ölbergandacht am Kalvarienberg
im Berglwald, Münchner Merkur vom 11.4.2009
05) Liste der Baudenkmäler
in Oberschleißheim, Wikipedia
06) Anzeigenzeitung FORUM,
Merkur.de, 2012
07) Dr.Georg Werner, Eremiten im
barocken Bayern, Dissertationsschrift, 2017 (ISBN 978-3-8309-3632-9)
08) Angela Boschert, Beten wie Wilhelm
der Fromme, SZ vom 6.4.2023
5 Bilder:
Hans Schertl

1.5.2022
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