Evang.
Lutherische Trinitatiskirche in OBERSCHLEISSHEIM
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Beschreibung
Die evangelisch-lutherische
Trinitatiskirche liegt in Oberschleißheim inmitten eines Wohngebiets
südlich des Berglwalds. Die Kirche ist eingebettet in das Grün
hoher Bäume, die den Blick auf die Außen-fassade nur
in Ausschnitten freigeben. 04)
Das Gotteshaus wurde 1963/64 nach dem Entwurf des Architekten Georg
Metzger errichtet. "Obwohl es der erste Kirchenbau für
den 35jährigen Architekten war, glückte ihm ein viel gelobter
Entwurf" heißt es im Kirchenführer. 01)
Der Name der Kirche bezieht sich auf den dreieinigen Gott (Trinitatis).
Deshalb
ist die Zahl "drei" bei vielen Gestaltungselementen in
der Kirche prominent vertreten, mit dem Dreieck als der wichtigsten
gestalterischen Form.
Am augenfälligsten sind das große dreieckige Fenstergemälde
an der Vorderseite hinter dem Altar und das ebenfalls dreieckige
Beton-Fenster-Element auf der Rückseite der Kirche, das wiederum
aus vielen kleinen Dreiecken besteht.
An den Längsseiten der Kirche geben jeweils drei schmale Fenster
etwas Licht. Über einem Sockel aus Sichtbeton erhebt sich die
mächtige, dreieckige Decke aus Kiefernholz.
Im künstlerischen Konzept
ist auch vom "Dreiklang der Baustoffe" 01)
die Rede: Stein, Holz und Metall. Dieser Dreiklang spiegelt sich
in den wichtigsten Einrichtungsgegenständen wider.
- Das Taufbecken besteht aus Metall,
- die Kanzel aus Holz und
- der Altar aus Stein.
Sie bilden theologisch die Einheit für Taufe, Predigt und Abendmahl.
Der sehr schlanke Turm
ist 37 m hoch 01).
Im einige Meter hohen Betonsockel ist das doppeltürige Eingangsportal
in die Kirche eingerichtet. Darüber erhebt sich ein über
30 m hohes Pyramidendach aus Kupfer, das inzwischen mit Grünspan
überzogen ist. Die Spitze des Daches wird von einem hohen Kreuz
gekrönt.
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Im Turm hängen in 16 bis 22
m Höhe vier Glocken, die 1964 von der Firma Karl Czudnochowsky
in Erding gegossen wurden. 01)
Die schwerste Glocke ist die Weihnachtsglocke mit 520 kg. Sie trägt
die Inschrift: "Ehre sei dem Vater"
Die Osterglocke wiegt 310 kg. Inschrift: "Ehre sei dem Sohne"
Die dritte Glocke mit der Bezeichnung Pfingstglocke und einem Gewicht
von 215 kg trägt die Inschrift "Ehre sei dem hl.Geiste"
Die mit 150 kg leichteste und kleinste Glocke ist der Dreifaltigkeit,
dem Kirchenpatronat, gewidmet. Die Inschrift führt die Texte
auf den anderen Glocken fort mit den Worten: "Von ihm und
durch ihn und zu ihm sind alle Dinge, Ihm sei Ehre in Ewigkeit. Amen".
Die Glocken wurden von Prinz Biron von Curland, von Gustl Feldmeier aus
München und einem ungenannten Spender gestiftet.
Die Läuteordnung aus dem Jahr
2009 ist mit dem der katholischen Kirche Patronin Bavariae abgestimmt.
Die Sakristei ist in einem Verbindungsbau zwischen Kirche und Pfarrhaus
eingerichtet, der den Gemeindesaal beherbergt.
Geschichte
der evangelischen Kirchengemeinde in Oberschleißheim
01)
Die ersten evang.
lutherischen Gottesdienste in Oberschleißheim fanden Mitte des 19.Jh.
statt. Am 30.Mai 1850 genehmigte das für Kirchen- und Schulangelegenheiten
zuständige Königl.Bayer.Staatsministerium des Innern, dass "zu
Schleißheim von Zeit zu Zeit protestantische Gottesdienste, verbunden
mit Abendmahlsfeiern gehalten werden".
Der erste Gottesdienst für die zwei Dutzend Protestanten der Gemeinde
wurde in einem Hörsaal der landwirtschaftlichen Zentral-schule und
Ackerbauschule unter Leitung des Reisepredigers Friedrich Immanuel Popp
gefeiert.
Von 1858 bis 1945 wurden den Protestanten ein Raum im Alten Schloss für
die Gottesdienste zur Verfügung gestellt. Aber die Zahl der Gottesdienste
war wegen des Mangels an Pastoren gering. Pro Jahr wurden nur sechs Gottesdienste
gefeiert, zu denen auch Gläubige auch aus den umliegenden Ortschaften
Ludwigsfeld, Karlsfeld, Ampermoching, Garching und Eching kamen. Im April
1945 wurde der Betsaal im Alten Schloss bei einem Luftangriff völlig
zerstört. Deshalb fanden die Gottesdienste zunächst im Schulhaus
und ab 1949 in einen Raum des Neuen Schlosses statt.
Ab 1921 gehörten Schleißheim als Tochterkirchengemeinde der
Christusgemeinde in München-Neuhausen an. 1931 kam es zu München-Moosach.
1951 wurde die Kirchengemeinde Schleißheim ein exponiertes Vikariat
und hatte erstmals einen eigenen Pfarrer, Hans Penßel. Ende der
1950er Jahre war die Gemeinde Schleißheim, zu der auch Lohhof und
Haimhausen zählten, auf 1500 Mitglieder angewachsen. Schon damals
plante man den Bau einer eigenen Kirche. Zunächst errichtete man
1956 erst einmal das Pfarrhaus.
Acht Jahre später, nachdem Oberschleißheim 1962 (nach Ausgliederung
von Unterschleißheim, Lohhof und Haimhausen) eine eigene Pfarrei
geworden war, ging man den Kirchenbau an. Der Grundstein wurde am 30.Juni
1963 gelegt; die Weihe fand am 24.Mai 1964, dem Sonntag Trinitatis, durch
Kreisdekan D. Theodor Heckel statt.
Die Trinitatiskirche
ist ein Kleinod, ein Ort der Geborgenheit und der Meditation, die Weite
des Himmels ist darin spürbar, steht als Eingangssatz auf der Internetseite
der Pfarrei. 05)

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Innenausstattung
01)
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Das augenfälligste
Kunstwerk in der Kirche ist das große Buntglasfenster,
das die gesamte Giebelfront einnimmt. Es wurde von Reiner Joppien
(1928-2002) geschaffen, der -so steht es im Kirchenführer-
nach eigenen Aussagen die "Farbe zum Klingen" bringen
wollte. ... mehr zu Joppien...
Der Künstler bezog das Motiv des Mosaikfensters auf die Vision
des Johannes im Buch der Offenbarung, Kap.21. " Und ich, Johannes,
sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel
herabfahren". Diese neue Stadt lässt Joppien in gleißendem
Licht erstrahlen, aus glasartigem Gold bestehen und von würfelförmiger
Gestalt sein.
Die Farben in den unteren Segmenten sind noch intensiv und kräftig.
Nach oben hin werden sie heller und durchscheinender bis hin zum
strahlenden Weiß.
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Altar
Altar
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Auf einer um zwei Stufen erhöhten
Altarinsel steht der Altar
der Kirche aus Brannenburger Nagelfluh.
Der Baustoff ist ein von eiszeitlichen Gletschern zu Stein verfestigter
Schotter. Die Bezeichnung kommt von den nagelkopfartig aus der "Fluh",
der Felswand, herausschauenden Geröllen. Nagelfluh wurde bei
Kirchenbauten in unserer Gegend bis zum 12.Jh, bis zum Einsatz von
Ziegelsteinen, verwendet.
Das Material wurde beim Kirchenbau in Oberschleißheim bewusst
eingesetzt. Im Kirchenführer ist dazu lesen: "So wie die
Steine vom Regen- und Flusswasser rundgeschliffen ins Brannenburger
Tal gespült
zu wurden,
wo aus ihnen der Nagelfluh entstand, sind Menschen aus nah und fern
nach Ober-
schleißheim
'gespült' worden, und finden in dieser Kirche und der Gemeinde
Zusammenhalt und
Heimat durch
den gemeinsamen Glauben".
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Auf dem Altar befindet sich ein Altarkreuz aus Holz, das von Metallstangen
gehalten wird.
Zu beiden Seiten stehen jeweils drei Kerzenleuchter, die zum Altar
hin höher werden und so auf das Kreuz in der Mitte hinweisen, das für
Christus steht.
Der zu den Paramenten zählende Altarbehang wurde -wie die Pultbehänge
der Kanzel- vom Mainburger Künstler Helmut Münch entworfen
und von seiner Ehefrau Gertrud gewebt.
Vor dem Altar ist im Boden die Platte der Grundsteinlegung mit der
Jahreszahl "1963" eingearbeitet.
Taufbecken
Taufstein
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Links vom Altar steht das
Taufbecken, eine versilberte
Metallkugel mit bekrönendem Kreuz. Bei der Tauffeier wird der
obere Teil des Beckens, der Deckel, abgenommen, umgedreht und mit
Taufwasser gefüllt.
Der Taufstein als große Kugel sinnbildlich die ganze Welt.
Über der Welt steht das Kreuz. 05)
Auch bei diesem Einrichtungsgegenstand wird das künstlerischen
Konzept vom "Dreiklang der Baustoffe" umgesetzt, denn
die Metallkugel ist auf einem der hölzerne Sockel befestigt,
der wiederum auf einem Stein steht.
Hinweis: Die Taufe
der frühen Christen fand ursprünglich im Freien statt,
überall dort, fließendes oder stehendes Wasser vorhanden
war. Mit der Verlegung der Taufe in den Kircheninnenraum schuf man
dort eigene Taufbecken. Als sich im 11.Jh die Praxis der Kindertaufe
weitgehend durchsetzte, begann man mit der Errichtung erhöhter
Taufgefäße; die Bodenbecken erwiesen sich für die
Kindertaufe als weniger geeignet.
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Kanzel
. Kanzel
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Auf der rechten
Seite des Kirchenraums ist die Kanzel
angebracht. Sie steht auf Steinstufen, ist aus Kiefernholz
gebaut und der Haltegriff besteht aus Metall.
Die augenfällige Vorderseite der Kanzel besteht aus vielen
wabenförmigen Elementen, die wiederum die Form des Dreiecks
aufnehmen.
Der Kanzelbehang besteht aus dem selben Material und der
selben Farbe wie der Altarbehang.
Die
Bezeichnung Kanzel kommt vom lateinischen cancelli, "Schranken",
"Einzäunung". Um von den Gläubigen bei der Predigt gesehen
zu werden, stiegen die Geistlichen seit dem 4. Jh. auf den über
mehrere Stufen erreichbaren Ambo. Als später Lettner zwischen
Kirchenschiff und Altarraum gebaut wurden, hat man den Ambo an die
Oberkante der Trennmauer gebaut und von hier aus die Heilige Schrift
verlesen und gepredigt. Ab dem 15.Jh. hat man bei uns Kanzeln seitlich
im Mittelschiff angebracht, um näher an den Gläubigen
zu sein. Von hier aus konnten die Prediger auch von oben herab sprechen,
was ihren Worten größere Wirkung verleihen sollte. Da
in den evangelischen Gottesdiensten die Verkündigung des Wortes
Gottes sehr großen Raum einnimmt, hatte auch die Kanzel in
den evangelischen Kirchen schon immer eine größere Bedeutung
als in den katholischen Gotteshäusern.
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Neuer
Kerzenleuchter

Keramik-Kerzenleuchter
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Hinter
dem Taufbecken steht seit 2012 ein kunstvoll gestalteter Kerzenleuchter.
Er ist ein Werk der Oberschleißheimer Keramikkünstlerin
Brigitte Forstner. Der Leuchter besteht aus einzelnen getöpferten
Elementen, die aufeinander gestellt sind. Dazwischen sind drei breitere
Teller angebracht, auf denen kleinere Wachskerzen angezündet
werden können.
Die Teller sollen Taufe, Trauung und Ewiges Leben symbolisieren:
Die Tonelemente über dem untersten Teller
erinnern an die Taufe; das Muster am Schaft nimmt
Muster aus dem Kirchenfenster auf, die Kugel darüber
stellt das Taufbecken dar.
Die Elemente über dem mittleren Teller erinnern
an die Ehe. Zwei nicht gleich, aber gleichartig
gestaltete Schäfte sind durch einen Ring verbunden.
Die Krone über dem dritten Teller symbolisiert
den Übergang von dieser Welt in die zukünftige. Die
gebogenen Zacken könnten Wesen sein, die sich
an den Händen halten und die die Verstorbenen ins
Paradies geleiten. |

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Wandleuchter
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An
den Betonsteinwänden der Längsseiten sind Wandleuchter
befestigt. Es sind Kerzen auf einem Holzsockel, deren Licht von schlichten
Silbertellern in den Raum reflektiert werden. |
Martin
Luther -Triptychon
An
der Rückwand hängt unter der Empore eine Collage
von Eberhard Lorenz (1936-2014). Sie ist in der Form eines Triptychons
in Mischtechnik gestaltet und hat den Titel:
"Martin Luther - Aus tiefer Not schrei ich zu Dir, Herr Gott,
erhör mein Rufen".
Der Künstler Eberhard
Lorenz wurde 1936 in eine Handwerkerfamilie in Glauchau/Sachsen
geboren. Schon als Zwölfjähriger erhielt er Privatunterricht
vom Maler Franz-Heide Paudler. 1958 übersiedelte er von der
DDR in die Bundesrepublik. Nach einer Lehrtätigkeit für
Grafik und Malerei in Amsterdam und München begann er mit seiner
freien künstlerischen Arbeit in einem Atelier im Nordflügel
des Neuen Schlosses Schleißheim.
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Martin
Luther
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Der Münchner
Merkur beschrieb die Technik des Künstlers 2010 im Bericht über
eine Ausstellung des Malers in Haimhausen wie folgt: 02)
"Meisterhaft beherrscht Eberhard Lorenz ein breites Band
an Techniken, die er dem jeweiligen Thema entsprechend einsetzt. Dabei
wird die Farbe stets als Ausdrucksfarbe verwendet, die das Bild zu einer
emotionalen Geschlossenheit abrundet. Während die
Leitfiguren im Bild meist in unscheinbaren Grautönen gehalten sind,
arbeitet Eberhard Lorenz mit einzelnen
kräftigen Farbakzenten, die das Auge des Betrachters
zum eigentlichen Motiv führen."
Orgel
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Eine fast schwebende Treppe
(mit in die Wand eingelassenen Stufen) führt zu der auf Metallpfosten
gestützten hölzernen Empore.
Die Orgel auf der Empore
erscheint von unten als Teil des dreieckigen Beton-Fenster-Elements.
Das Instrument steht nur vor dem nördlichen Teil des Dreiecks
und hat selbst eine dreieckige Form.
Die Orgel wurde 1966 vom Göttinger Orgelbauer Paul Ott
(1903-1991) erbaut.
Es handelt sich um ein zweimanualiges Werk mit 21 Registern
im Hauptwerk, Rückpositiv und Pedalwerk sowie mechanischen
Schleifladen.
Disposition der Orgel 06)
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Hauptwerk:
(C-g''') |
Metallgedeckt
8', Prinzipal 4', Blockflöte 4', Prinzipal 2', Quinte 11/3', Zimbel
2f Krummhorn 8', Tremulant |
Oberwerk:
(C-g''') |
Prinzipal
8', Holzflöte 8', Oktave 4', Nasat 22/3', Spillflöte 2', Hörnlein
2fach Mixtur 3-5fach Tremulant |
Pedal:
(C-f') |
Subbaß
16', Oktave 8', Gedackt 8', Choralbaß 4', Kleinpommer 2', Baßkornett
3fach Fagott 16' |
Koppeln: |
I/II, I/P, II/P |
Der Orgelprospekt wurde vom Architekten
Georg Mezger entworfen. Die Orgelweihe fand am 11.9.1966 statt. An der
Orgel saß der damalige Landeskirchen-Musikdirektor Prof. Friedrich
Högner.
Hans Schertl

Quellen
:
01) 50 Jahre Evang.Luth. Trinitatiskirche
Oberschleißheim, Annäherung an ein Juwel, 2014 (Hauptquelle)
02) Zeigen die modernen Bilder nichts,
Münchner Merkur -23.04.2010
03) http://wugwiki.de/index.php?title=Reiner_Joppien
04) Münchner Wochenanzeiger
vom 25.06.2014
05) Internetseite der evangelischen
Kirchengemeinde Oberschleißheim
06) Organ index, freie Wiki-Orgeldatenbank,
Internetseite, 2022 (Orgel)
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Bilder: Hans Schertl

2.10.2022

Reiner
Joppien 03)
Reiner
Fritz Walter Joppien wurde 1928 in Königsberg/Ostpr. geboren. Er
studierte von 1944 bis 1950 Bildhauerei in Königsberg und Augsburg,
von 1950 bis 1954 Malerei in München und von 1955 bis 1960 Architektur
in München. Ab 1961 war er freischaffender Architekt, Maler und Bildhauer
im Raum München, ab 1969 in Weißenburg und Ellingen.
Reiner Joppien hat Kirchenfenster, Glasmalereien und Wandmalereien und
Reliefs geschaffen sowie öffentliche Gebäude, Denkmäler
und Brunnen entworfen. Auch Renovierungen wertvoller alter Bauten (z.
B. die Schranne in Weißenburg oder das Rathaus und Heimatmuseum
in Pleinfeld, einen Farbleitplan für die Weißenburger Altstadt)
gehörten zu seinem Werken. Von 1980 bis 1998 betrieb er eine private
Malschule in Ellingen, aus der namhafte Künstler hervorgegangen sind.
Reiner Joppien, der verheiratet war und vier Kinder besaß, starb
am 30. Januar 2002 im Alter von 73 Jahren.
Er ist auf dem Friedhof der Wülzburg (bei Weißenburg) beerdigt.

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