Hofkapelle
St. Bernhard in LINDACH
zur
Lage auf der Landkarte...
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Beschreibung
Die Einöde
Lindach ist eine späte Rodungssiedlung. Sie wurde urkundlich
erstmals 1486 erwähnt. Bis 1803 war der Hof dem Kollegiatsstift
St. Andrä in Freising zinspflichtig und gehörte zum Landgericht
Kranzberg.
1872 ließ
der Einödbauer Bernhard Reischl aufgrund eines Gelübdes
auf seinem Hof eine große Kapelle erbauen. Der Grund
für das Gelübde ist nicht bekannt.
Eine Gedenktafel im
Langhaus erinnert an das Stifterpaar Bernhard Reischl (geb.
1820, gest.1883) und Susanna, geborene Zotz (geb. 1821, gest.1900).
Interessant ist die Angabe der Jahreszahl "1870"
auf der Tafel als Erbauungsjahr (vielleicht Baubeginn).
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Gründertafel
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Die im damals üblichen neugotischen
Stil errichtete Kapelle St.
Bernhard steht an der Nordostseite des vierseitig angelegten stattlichen
Bauernhofes. Sie ist als zweiachsiger
Bau mit westlichem Dachreiter über dem Eingang gestaltet. Im Glockenstuhl
hängen zwei Glöckchen, die mit Seilen über der Eingangstür
geläutet werden. Der eingezogene
Altarraum schließt mit drei
Seiten.
Innenausstattung
Der Altarraum wird von einem
Kappengewölbe überdeckt, das mit einem blauen Sternenhimmel
bemalt ist. Der blaue Sternenhimmel war vor allem in der Zeit vor
1900 ein beliebtes Gestaltungselement für Altarraum-Decken.
Deckengemälde
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Das Langhaus
besitzt eine Flachdecke, die von einem Profilgesims umrahmt
ist. In der Mitte ein Gemälde,
das die Hl.Geist-Taube im Strahlenkranz aus Feuer-zungen darstellt.
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Der Rokoko-Altar stammt
aus einem Münch-ner "Privat-Oratorium" (Hauskapelle)
des 18. Jahrhunderts. Mehrere kleine Säulchen tragen das Gebälk
mit dem Auszug.
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Altarblatt
Tod Josefs
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Vor
allem das Altarbild
des Rokokoaltares besitzt hohe künstlerische Qualität
und zeigt den Tod des Heiligen Joseph. Sein Schöpfer ist unbekannt;
doch erinnert es an den Stil und die Qualität des Malers Johann
Chrysostomos Winck (*1725, gest.1795, jeweils in Eichstätt),
einem der bekanntesten Altarblatt- und Kreuzwegmaler der späten
Rokokozeit, der hauptsächlich im Fürstbistum Eichstätt
wirkte. Winck hatte wohl auch in der 1803 abgerissenen Klosterkirche
von Taxa gewirkt; noch erhalten ist nämlich ein Entwurfsgemälde
(Bozetto), das sich derzeit in
Odelzhausen befindet.
Im Lindacher Bild liegt Joseph
auf dem Totenbett, umgeben von seinen Sohn Jesus im rot-blauen Gewand
zu seiner Rechten, von seiner Frau Maria zu seiner Linken und von
mehreren Personen im Hinter- und Vordergrund. Jesus weist mit großer
Geste hinauf zum offen stehenden Himmel, dem Ziel des Sterbenden.
Eine Frau weint im Vordergrund bitterlich. Josef ist Patron für
einen guten Tod.
Das Bild "Tod des Josef" passt thematisch sehr gut in
eine Bernhardskapelle. Denn der hl.Bernhard von Clairvaux (1090-1153)
war ein Josefsverehrer und hatte sich intensiv mit Josephs Rolle
in der Heilsgeschichte befasst.
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In den Evangelien steht nichts über
den Tod von St. Josef. Auch alle anderen christlichen Schriften der ersten
Jahrhunderte, einschließlich der Apokryphen, schweigen darüber.
Einziges Zeugnis ist die Tradition des Grabes des Heiligen in Nazareth,
im Konvent des heiligen Josef neben der Verkündigungsbasilika. Aber
eines scheint sicher: Josef starb vor Beginn des öffentlichen Lebens
Jesu, denn danach wird mehrfach Maria allein erwähnt (z.B. bei der
Hochzeit von Kana); hätte Josef noch gelebt, wäre es nach der
jüdischen Tradition unvorstellbar gewesen, dass die Frau allein eingeladen
wird.
Reliquienschrein
Bemerkenswert
ist auch der aus Holz gefertigte Schrein mit Reliquien der hl. Johanna
Franziska von Chantal (1572-1641). Die feinfühlig empfundenen
Darstellungen lassen ein italienisches Vorbild vermuten.
Der Künstler soll Anton
Huber d.Ä. aus Dachau gewesen sein. Wenn dies richtig ist,
müsste er es aber schon vor dem Bau der Kapelle gefertigt haben,
denn Huber starb schon 1868. Möglich wäre aber auch, dass
es vom Sohn Anton Huber dem Jüngeren (1830-1889) war.
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Reliquiar von Franziska
v.Chantal
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Hinweis: Eine Reihe
von Kirchenbilder im Landkreis Dachau stammen aus der Hand
von Anton Huber d.Ä. - so die Altarbilder in Kleininzemoos,
Prittlbach und Arzbach, die Deckengemälde in Pasenbach (1963
übermalt) und die Kreuzwegstationen in Oberweilbach und Riedenzhofen. |
Fenster im Altarraum

Bemalte Fenster
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Der Altarraum wird von zwei
Fenstern erhellt. Die
Gläser sind mit Ornamentikmalerei in den Stilformen des Historismus
geschmückt. Auch die Fensterlaibungen sind schön bemalt.
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Am Chorbogen stehen zwei Heiligenfiguren
aus dem 20.Jh. auf Konsolen:
St.Sebastian am Marterbaum und eine Muttergottesfigur (Mater dolorosa).
Kreuzwegbilder
Die Kreuzwegbilder an
den Wänden stammen aus der Zeit der Erbauung.
Im Jahr 1873 richtete Pfarrer Berger im Namen von Bernhard Reischl
ein Gesuch an den Bischof mit dem Ziel, dass dem vom Hof stammende
Franziskanerpater Jakob Reischl (Pater Albert) erlaubt werde, die
neuen Kreuzwegstationsbilder
einzuweihen. |
Kreuzwegbilder v. 1873
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Die Bilder sollen von Anton
Huber gemalt worden sein. 1870 lebte der Sohn Anton Huber der Jüngere
(1830-1889).
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Die Kirchenstühle (je
fünf Reihen links und rechts) mit rd. 20 Plätzen sind in der
Formensprache des Barocks geschnitzt.
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Die althergebrachte Verbundenheit
der Hof-besitzer von Lindach mit der katholischen Kirche spiegelt
sich auch darin, dass viele Familienangehörige in den geistlichen
Stand traten.
So zum Beispiel:
Die Tochter des Stifters, Theresia (*1857),
trat in den Orden der Servitinnen ein.
Der ältere Bruder des Erbauers, Augustin
Reischl (*1857, +1893), war Pfarrer in
Günzlhofen und zuletzt Dombenefiziat in
München. Er zelebrierte alljährlich
am
Bernhardsfest in Lindach die heilige Messe.
Auch von den neun Kindern des nach-
folgenden Hoferben Bernhard Reischl
(*1850, +1909) wurden alle vier Töchter
Ordensschwestern. Die Söhne Jakob und
Georg wurden zu Priestern geweiht.
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Am Fest des hl. Bernhard, dem Patrozinium der Kapelle am dem 20. August,
wird auch heute noch alljährlich eine Feldmesse im Vorhof des Bauernhofes
zelebriert.
Patronat
St. Bernhard (1090-1153) wurde 1115 Abt des Klosters Clairvaux
in Burgund, das sich unter seiner Leitung zur bedeutendsten Zisterzienserabtei
entwickelte. Von hier aus gründete er weitere 68 Klöster und
restaurierte die Ordensregeln, so dass er zu Recht als "zweiter Gründer"
des Ordens gelten kann. Seine "Consuetudines" stehen in gewissem Gegensatz
zur "Regula" des Benedikt von Nursia: die Benediktiner gründeten
ihre Niederlassungen auf Höhen, Bernhard ordnete sumpfige Täler
an, mit Wäldern, die gerodet werden mussten. Er betonte den Wert
der körperlichen gegenüber der geistigen Arbeit.
Ganz besonders wandte er sich in Briefen und Kapitelbeschlüssen gegen
jede figürliche Ausgestaltung der Portale, Kapitelle und Kreuzgänge,
weil das den Betrachter vom Gebet ablenke. Bernhard war berühmt für
seine große Predigtbegabung, die er nicht zuletzt beim Aufruf für
die Kreuzzüge einsetzte. Er geißelte die weltliche Macht der
Päpste und ihr profanes Gehabe. Kompromisslos bekämpfte Bernhard
die Katharer und Albigenser und andere sog.
Häretiker der damaligen Zeit. Noch heute bekannt sind
seine Hymnen, darunter das von Paul Gerhard deutsch bearbeitete Lied "O
Haupt voll Blut und Wunden" (GL 179; EG 85). Bernhard starb am 20.August
1153 und wurde in Cluny begraben.
Denkmalschutz
Die
Kapelle steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalatlas des Bayerischen
Landesamtes für Denkmalpflege und in der Liste der Baudenkmäler
in Hebertshausen 07)
eingetragen Darin wird sie
wie folgt beschrieben: "Aktenzeichen: D-1-74-136-10; lisenengegliederter
einschiffiger Bau mit eingezogenem, fünfseitig geschlossenem Chor
und Giebelreiter, 1870 in neugotischen Formen errichtet; mit Ausstattung"
Unweit der Kapelle
von Lindach, auf dem Weg nach Ziegelberg, steht das Lindacher Feldkreuz.
Mehr davon.....
Hans
Schertl
Quellen:
01)
Dachauer
Nachrichten vom 29.8.2001
02)
Dachauer
SZ vom 1.Sept.2001
03)
Heimatbuch
des Landkreises und der Stadt Dachau, 1971
04)
Dachauer
Rundschau Sept. 2001
05)
Dachauer
Nachrichten vom 23./24.8.2003
06)
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Chrysostomus_Winck,
2014-11-07
07)
Denkmalliste
Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Dachau Gemeinde
Petershausen
11 Bilder: Horst Lachmann (2), Hans Schertl (9)


Das
Lindacher Feldkreuz
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Das
Lindacher Feldkreuz stand schon von alters her unweit des Gehöfts
am Weg nach Ziegelberg.
1952 wurde es anlässlich des gewaltsamen Todes von Benno Reischl
durch ein neues Holzkreuz, das nun eine Christusfigur aus Eisen trägt,
ersetzt und unmittelbar daneben mit einem steinernen Marterl, das
mit kleinen Holzschindeln gedeckt ist, ergänzt.
Die Aufschrift lautet:
"Zum christlichen Andenken
an unseren lieben Sohn und Bruder Benno Reischl Revierförster
in Haimhausen, geboren am 3. Juli 1920. Welcher am 4. Juni
1951 in Ausübung seines Berufes durch Mörderhand
sein Leben lassen musste und dessen Bruder Bernhard Reischl
Bauer von Lindach der bei Waldarbeiten am 8. April 1975 im
63. Jahr tödlich verunglückte."
1997 erfolgte die letzte Renovierung.
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23.4.2022
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