Hofkapelle
in KIENADEN
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Beschreibung
Kienaden liegt zwischen Günding
und Bergkirchen am Südhang des tertiären Hügellandes,
mit prächtiger Aussicht auf den Alpenkamm. Kienaden war lange
Zeit ein Einödbauernhof; inzwischen hat sich die Ortschaft
Günding bis nach Kienaden ausgedehnt.
Kienaden, ist altes Siedlungsgebiet.
Bei Grabungen entdeckte man noch gut sichtbare Spuren von Mauerwerk
aus der Römer-zeit. Hier lag ein römischer Gutshof, der
die Verpflegung der vorbeiziehenden römischen Truppen sicherte.
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Der Ort wurde schon im Jahr 855
als Keminatun (=gemauerter Hof mit heizbarem Wohnraum) schriftlich erwähnt.
Am 11.September vertauschte der Freisinger Bischof Anno acht Kolonnenhöfe
(Colonicas) und eine Mühle (molendinum) im Ort Kem (in loco qui dicitur
Kem), in der Grafschaft Ratold gelegen, an den Edlen Heimperht, um dafür
das Gleiche in Ampermoching zu bekommen. Theodor Bitterauf deutet Kem
als "Keminatum", heute abgeschliffen zu "Kienaden".
Die Zahl von 8 Höfen könnte Zweifel aufkommen lassen, ob es
sich bei Kem tatsächlich um Kienaden handeln kann, das ja über
Jahrhunderte nur eine Einöde war. Doch möglicherweise zählten
auch Höfe in Günding mit dazu, das erst im 12.Jahrhundert unter
dieser Bezeichnung in den Urkunden erscheint.
Dass Kienaden früher bedeutender war als Günding
zeigt eine Karte von Apian aus dem Jahr 1568. Dort ist die Ansiedlung
unter der Bezeichnung "Kenatri" eingezeichnet. Günding
fehlt. 06)
Im Mittelalter gehörte Kienaden
jedenfalls eine Zeitlang dem Grafen von Hörwarth zu Hohenburg als
Obereigentum 08)
In früheren Jahrhunderten wurden
die Bauern von Kienaden, wie dies auch bei anderen Einöden üblich
war, nach ihrem Hof genannt. Dies blieb zunächst auch in der Zeit,
als die Familiennamen üblich wurden (14.Jh.
09)),
so. Aber 1596 trug der Bauer von Kienaden einen anderen Namen. Er hieß
Sebastian Wagner. Nur 16 Jahre später, 1612 finden wir im Steuerbuch
des Landgerichts Dachau den Michael Reindl als Bauern von Kienaden. 07)
Der Name Kinader lebte aber in Mitterndorf fort, wo
ein Sohn des Kinaderbauern einen großen, dem Angerkloster in München
gehörenden Hof übernahm.
Kapelle
Die denkmalgeschützte Kapelle liegt inmitten des Hofes der Familie
Heitmeier. Sie wurde wohl im Jahr 1746 errichtet und ist so eine der ältesten
noch bestehenden Hofkapellen im Dachauer Land. Beim Ankauf des Hofs durch
die Vorfahren Georg Heitmeier aus Welshofen (*1719) und Maria Seiz aus
Weyhern (*1732) im Jahr 1750 war die Kapelle jedenfalls schon vorhanden.
1746 lebte hier als Pächter Bernhard Plabst (Bläbst) mit Frau
Ursula und 2 Kindern, 10)
der den Bau
veranlasste und finanzierte. 12)
Das kleine Gotteshaus steht auf schrägem
Grund. Der etwas eingezogene, lang gestreckte Chorraum schließt
halbrund. Der mit einem Gitter verschlossene Eingang liegt auf der
Ostseite. Über dem Eingang stehen in zwei kleine Nischen Heiligenfiguren
aus dem Devotionalienhandel. Ein vergittertes, schräg-ovales
Loch über der Türe sollte wohl der Lüftung dienen.
Zwei Fenster geben dem Raum neben der Türöffnung Licht.
Die Kapelle ist mit einem
rot gestrichenen Blechdach gedeckt. Auf der Ostmauer, über
dem Eingang, sitzt ein kleiner, voll verblechter Dachreiter. Früher
war er mit einem Wetterhahn geschmückt. Glocken sind nicht
vorhanden.
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Um das Jahr 1900 brach ein Sturm den
Wipfel einer Fichte ab. Der stürzte auf die Kapelle und zertrümmerte
das Dach. Das damals reparierte Dach bedeckt noch heute die Kapelle. Die
Fichte wuchs danach übrigens mit einem Doppelgipfel weiter. Im Jahr
1990 zerbrach der Frühjahrssturm "Wibke" den Doppelgipfel
und warf ihn zwischen Kapelle und die Scheune, ohne damit nennenswerten
Schaden anzurichten.
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Innenausstattung
Das Innere der Kapelle wird
geprägt durch das tiefe Halbrund der Mittelnische. Auf einem
altarähnlichen Sockel steht -umgeben von Blumengestecken- eine
Muttergottesfigur neueren
Datums, die dem Betrachter das Jesuskind auf dem linken Arm präsentiert.
Sie ist in das traditionelle rot-blaue Gewand gekleidet. Als Hinweis
auf Maria als Himmelskönigin gelten die Insignien Krone, Zepter
und der vom Jesuskind in der Hand gehaltene Reichsapfel. Der Apfel
hat in der christlichen Kunst neben dem "Paradiesapfel"
noch eine weitere Bedeutung: Er steht für den Kosmos und -seit
die Kugelform der Erde durch die Kirche anerkannt ist- als Symbol
des Erdballs. In der Hand von Jesus ist er das Zeichen der weltlichen
Herrschaft. Deshalb hielt auch der deutsche Kaiser bei offiziellen
Anlässen den mit einem Kreuz geschmückten Reichsapfel
in der Hand - und zwar ebenfalls in der Linken, so wie die Jesusfigur
hier in Kienaden. 46)
Maria steht zudem auf einer Mondsichel als Hinweis auf die Frau
aus der Offenbarung des Johannes (...den Mond zu ihren Füßen).
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Von der gewölbten Decke hängt
eine kleine Ewig-Licht-Lampe.
In den beiden Seitennischen stehen
weitere Figuren:
- die einer Muttergottes, die Nachbildung einer gotischen Madonna
und
- die Figur eines Geißelheilands
nach dem Vorbild des Heilands in der Wieskirche.
Der von Wunden übersäte Jesus ist mit den Händen
u. Armen an eine Marmorsäule gefesselt.
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Hinweis: Die ersten Darstellungen
von Jesus an der Geißelsäule gehen zurück auf das
Wunder in der Wies (1738). Der Heiland auf dem Bild beim Wiesbauern
bei Steingaden soll Tränen vergossen haben. Daraufhin begann eine Wallfahrt und die berühmte Wieskirche wurde gebaut.
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An den Seitenwänden hängen noch
ein Kruzifix und mehrere Heiligenbilder.
Früher gehörten zur Kapelle eine wertvolle Muttergottesfigur
und ein altes Kruzifix. Beide Objekte wurden aus Sicherheitsgründen
ausgelagert.
Pfarrzugehörigkeit
Zwar ist Kinaden von Bergkirchen
nur eine Viertelstunde entfernt, doch es gehörte früher seit
"ewigen Zeiten" zur Pfarrei Pellheim, deren Pfarrkirche eine
gute Stunde entfernt liegt. Man kann verstehen, dass die "Kinoder" ihre
Kinder nicht in das weit entfernte Pellheim zur Taufe trugen und ihrer
Sonntagspflicht lieber in Bergkirchen nachkamen als in Pellheim, bzw.
in Unterbachern, wo ihr Begräbnis lag.
Am 14. Juni 1739 muss es viel Aufregung in Bergkirchen gegeben haben:
Laut Eintrag im Sterbebuch stürzte an diesem Tag eine Glocke vom
Kirchturm herunter und erschlug ein 12jähriges Mädchen, Monika
Hueber aus Kienaden. Das Mädchen erhielt noch die letzte Ölung
und wurde am nächsten Tag in Bergkirchen bestattet. Weil aber Kienaden
damals noch zur Pfarrei Pellheim zählte, verlangte der dortige Pfarrer
das Leichengeld. Die genaueren Umstände des Herunterfallens der Glocke
sind nicht angegeben.
Nach langen Verhandlungen wurde im Zuge einer weiteren Umpfarrung, nämlich
des Winterhollerbauern aus Pullhausen aus der Pfarrei Dachau nach Pellheim,
mit Regierung und bischöflicher Entschließung vom 29. Oktober
1847 der "Kinoderhof", auf welchem seit Mitte des 18. Jahrhunderts
die Heitmeier sitzen, aus der Pfarrei Pellheim nach Bergkirchen umgepfarrt.
Verlöbnisse nach Tuntenhausen
03 )
Der Name der Ortschaft Kienaden
ist auch im Mirakelbuch (Verzeichnis der Wundertaten) in der Wallfahrtskirche
von Tuntenhausen sogar mehrfach enthalten.
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Im Jahr 1536 ging
eine Frau aus Kienaden ("Item ain Frau von Kematen in Pirkircher
Pfarr oberhalb Dachau") mit einem sechs Wochen alten Kind auf
dem Arm und mehreren Frauen auf einem schmalen Steg über die
Maisach in die Kirche von Feldgeding.
Der Steg brach unter dem Gewicht der Frauen. Während sich die
anderen Frauen wohl retten konnten, wurde die Frau mit dem Kind ("zwo
und sechzig Ellen weit -als man gemessen- gerunnen") 51 m weit
vom Wasser fortgetragen. Dabei konnte sie ihr Kind nicht mehr halten,
das allein weitere "sieben und sechzig Ellen weit unter dem Wasser
gerunnen", also weggeschwemmt wurde. In dieser Not hat sie die
"hochgelobte Junkfrauen zuo Tuntenhausen" angeruefft".
Daraufhin hat der herbeigeeilte "Hauswirt", der Bauer, einen
Zipfel der Decke entdeckt, in das das Kind eingewickelt war. Er zog
mit der Decke das Kind heraus, das aber keine Lebenszeichen von sich
gab. In dieser Not hat die Mutter die "hochgelobte Junkfrauen
zuo Tuntenhausen" angeruefft" und versprochen, soviel Wachs
zu spenden, wie das Kindlein wiegt. Nachdem sie das Kind ein wenig
geschüttelt hatten ("das Kind ain wenig geschütt"),
kam es wieder zu sich ("ist das Kind lebendig worden").
Uns so ist die Frau "mitsamt ihrem Kind und ander mehr hier zo
Tuntenhausen gewest und daselbs ihr Glüb ausgericht"
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Die Frau des Bauern
"Simon Lunglmaier von Khematen (= Kienaden) bei Feltgeding",
war im Jahr 1555 mehrmals in selbstmörderischer Absicht in Brunnen
gesprungen. Nach einer Wallfahrt zur Muttergottes in Tuntenhausen
wurde sie von ihrer Geisteskrankheit geheilt |
Baudenkmal
Die Kapelle
gehört zu den schützenswerten Baudenkmälern. In der vom
Landesamt für Denkmalpflege herausgegebenen Liste der Baudenkmäler
in Bergkirchen 11)
wird
sie mit folgenden Worten beschrieben: "Aktennummer: D-1-74-113-15;
Kienaden 1; einschiffig mit eingezogenem, halbrundem Schluss und Giebelreiter,
um 1720".
Hans Schertl
Quellen:
01) Josef Burkhart, Chronik von Bergkirchen, 1948
02) Liebhart/Pölsterl, Die Gemeinden des Landkreises
Dachau, 1992
03) Robert Böck, Wallfahrt
im Dachauer Land, Bd. 7 der Kulturgeschichte des Dachauer Landes, 1991
04) Leonhard
Heitmeier, 2006
05) Klaus
R.Witschel, Vor-u.frühgeschichtliche Siedlungsspuren im Umland von
Röhrmoos, Röhrm.Heimatblätter 2013 (Gutshof)
06) Eberl/Hartl,
Die Ortsgeschichte Bergkirchens bis zur Gegenwart, 2014
07) Dr.Gerhard
Hanke, Der soziale Abstieg des Bauern Andreas Kinader von Mitterndorf,
Amperland 1968
08) Historischer
Atlas von Bayern, Digitale
Bibliothek der Bayerischen Staatsbibliothek, S.158 (Hofmark)
09) Dr.Gerhard Hanke, Der soziale
Aufstieg der Familie Past, Amperland 1968 (Name)
10) https://www.genealogie-kiening.de/B2/B2488.HTM
11) Liste
der Baudenkmäler
-Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Dachau, Gemeinde Bergkirchen
12) Digitales Archiv
des Erzbistums Mch u.Freising; Signatur: AA001/3, PfarrA16456 (Bau
1746 )
6 Bilder: Hans Schertl (2006)
5.12.2022
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