|
Beschreibung
der Kapelle
An
der Einmündung der Schleißheimer Straße in die
Münchner Straße, ganz in der Nähe der Amperbrücke,
stand in Dachau
71 Jahre lang, von 1732 bis 1803, die Johann-Nepomuk-Kapelle.
Erbaut wurde sie vom Dachauer Brauereibesitzer Willibald Schmetterer,
der sie dem damals aktuellsten Heiligen, dem hl. Johannes Nepomuk
weihte. 03)
Kapellenerbauer
Schmetterer
Der
Grund für den Kapellenbau ist nicht offiziell überliefert.
Doch Dr.Hanke mutmaßt, dass er in einem Versprechen liegt,
das Willibald Schmetterer vor seiner Hochzeit gegeben haben könnte.
Schmetterer war als Sohn eines Bierbrauer-Ehepaars in Pfatter bei
Regensburg aufgewachsen. Er verdingte sich als Braugeselle in Dachau
beim Bierbräu Augustin Freitag, dem späteren Hörhammerbräu.
Als sein Dienstherr 1728 im Alter von 54 Jahren starb, bemühte
er sich um die Witwe Maria Anna Freitag. Denn dies war die große
Lebenschance, selbstständiger Bierbrauer zu werden. Doch die
Witwe ließ sich mit der Wahl ihres 2.Ehemanns über Gebühr
Zeit, obwohl die Trauerzeit für eine Handwerkswitwe nur 30
Tage dauerte und mit den Söhnen schon der Vatergutsvertrag
abgeschlossen worden war. Anna hatte auch andere Bewerber. In dieser
Zeit der Unsicherheit, Bierbräu werden zu können oder
Bräugehilfe bleiben zu müssen, wurde der Heilige Joh.
Nepomuk am 19.3.1729 unter großer allgemeiner Anteilnahme
von Papst Benedikt XIII. heiliggesprochen.
"Es hat den Anschein", schreibt Dr.Hanke, "als habe
Georg Willibald Schmetterer in dieser Zeit... sich dem neuen Heiligen
mit der Bitte um Hilfe verlobt. Möglicherweise hatte er dabei
auch schon versprochen, eine Kapelle zu errichten.
Jedenfalls wurde die Bitte von Schmetterer bald erhört. Schon
zwei Monate später, am 31.Mai 1729, fand in St.Jakob die Trauung
statt.
Nepomukfigur
von 1732
Schmetterer wollte mit dem Kapellenbau auch dafür sorgen, dass
die Verehrung von St. Nepomuk in einem würdigeren Rahmen stattfinden
kann. Denn zur damaligen Zeit stand eine Nepomukfigur ohne Arme
auf der Amperbrücke, die von der Witterung stark mitgenommen
war. Schmetterer ließ eine neue Figur in der Kapelle aufzustellen,
"damit der heilige Joannes öfters und bequemer besuecht
werden kann". 03)
Nepomukfigur
aus der Kapelle
|
Dargestellt
ist die Nepomukfigur von 1732 mit einer Märtyrerpalme in der
rechten Hand und einem Kruzifix in der Linken, auf das sein
Blick gerichtet ist.
Gekleidet ist Nepomuk in die Gewänder eines Chorherrn:
Mit dem schwarzgrünen Talar, der vom Hals bis zu den
Füßen reicht und mit einer
Knopfreihe vorn geschlossen wird.
Darüber das Rochett,das normalerweise weiße, hier braune
spitzengesäumte Chorhemd.
Über die Schultern ist ein Umhang, die Mozetta, geworfen;
sie besteht aus einem
zotteligen Pelz mit langer, vegoldeter Schleife.
Auf dem Haupt trägt der Heilige ein grünes Birett.
Ein Heiligenschein bzw. die fünf Sterne
fehlen.
Die Mozetta, das mit einer Knopfreihe vorn geschlossene Schultertuch
war dem höheren Klerus vorbehalten. Das Wort kommt vom italienischen
Wort für "abgeschnitten". Rochett (it.Rock) bezeichnet ein
mit Stickereien verziertes weißes Hemd, das über dem schwarzen
Talar getragen wird. Das Birett ist eine quadratisch geformte
Mütze mit vier Stegen (Kardinäle nur drei Stege), das außerhalb
des Gottesdienstes den Kopf der Priester bedeckte.
Die
Nepomukstatue wurde nach dem Abbruch der Kapelle in der Pfarrkirche
St.Jakob aufgestellt. Dort wurde vor der Nepomukstatue täglich
während der Frühmesse laut der Rosenkranz vorgebetet. Dies
störte jedoch die Gottesdienstbesucher und so kam die Statue
1818 in die Gottesackerkapelle auf dem Stadtfriedhof, wo der
Rosenkranz jeden Abend (bis 1961) gebetet wurde.
1854 und 1880 fasste der Maler Anton Huber der Jüngere (1830-1889)
die Nepomukfigur neu.
|
Hinweis:
Johannes Nepomuk ("ne Pomuk" = "aus Pomuk")
war erst drei Jahre vorher, am 19. März 1729 von Papst
Benedikt XIII. heiliggesprochen worden. Als Erzbischof
in Prag machte sich wegen seines energischen Auftretens
für die Rechte der Kirche beim König Wenzel unbeliebt.
Der ließ ihn am 20. März 1393 gefangen nehmen, foltern,
brannte ihn selbst mit Pechfackeln, ließ ihn durch die
Straßen schleifen und schließlich in der Moldau ertränken.
Der Fundort der Leiche wurde durch eine Erscheinung von
5 Sternen geoffenbart. Sein Denkmal auf der Prager Karlsbrücke,
das 1693 errichtet wurde, machte ihn zu einem der wichtigsten
Brückenheiligen in Europa. Er ist Helfer bei Starkregen
und bei Überschwemmungen und wird auch bei übler
Nachrede angerufen. |
|
|
Betreuung
der Kapelle
Das
Bauwerk war eine Privatkapelle, die nicht geweiht war. Deshalb durften
dort keine Gottesdienste abgehalten werden.
04)
Die Kapelle diente zunächst den von München oder Schleißheim
kommenden Reisenden als geistige Raststätte, an der sie sich
vor dem Gang hinauf in die Stadt durch ein Gebet innerlich sammeln
und auch körperlich kurz ausruhen konnten. 02)
Etwas
später lud die Kapelle die Dachauer Gläubigen zum täglichen
Rosenkranzgebet und zu anderen Andachten ein. 03)
Schmetterer stattete die Kapelle 12 Jahre nach der Erbauung mit
einem Stiftungskapital von 700 Gulden aus, das später
mehrfach aufgestockt wurde. Aus den Erträgnissen von zunächst
jährlich rd. 35 fl. (Verzinsung 5%) wurden die Ausgaben für
den Mesner, die Kerzen und die Geistlichkeit (für Festtagsmessen
in St.Jakob) bestritten.
In
der Kirche St.Jakob wurden nämlich am Vorabend des Festtags
des Heiligen (16.Mai) sechs figurierte Litaneien und am Vormittag
des Festtags selbst ein feierliches Hochamt mit Predigt und zwei
Nebenmessen für die beiden gestorbenen Ehefrauen des Stifters
abgehalten. Diese Gottesdienst fanden auch nach dem Abbruch der
Kapelle noch längere Zeit (mindestens bis 1817) statt. 03)
Das
Stiftungskapital wanderte nach dem Abriss der Nepomukkapelle zur
Krumpperkapelle/Gottesackerkapelle im Friedhof, wo es auch für
Reparaturkosten dieses Gotteshauses, aber auch für andere Ausgaben
der Pfarrei und der Kommune in Anspruch genommen wurde. 02)
In
der Kapelle war 1744 auch ein Opferstock aufgestellt worden, dessen
Schloss der Dachauer Schlossermeister Georg Spizer fertigte. Die
Erträge daraus blieben aber stets niedrig. 02)
Zur
Betreuung der Kapelle stand ab 1744 ein Mesner bereit, der
auch als Vorbeter bei den Rosenkranzgebeten fungierte und das tägliche
Auf- und Zusperren der Kapelle übernahm. Dafür erhielt
er jährliche 11 Gulden (andere Quelle 03)
21
Gulden). Für Wachskerzen war 1 Gulden vorgesehen. 8 (später
16) Gulden gingen an die Pfarrei St.Jakob für die Festmessen.
02)
Abbruch der Kapelle
1803 wurde die Kapelle im Rahmen der Säkularisation abgebrochen,
obwohl die rechtlichen Voraussetzungen für einen Abbruch nach
der Verordnung vom 17. April 1802 eigentlich nicht erfüllt
waren. Wie der Dachauer Bürgermeister Wieninger später
bemängelte, hat man die Kapelle "in vermutlich irriger
Weise in die Kategorie der nicht hinlänglich dotierten oder
in jene der Feldkapellen eingereiht". Aber 1803 ging man unter
dem Motto Schulen statt Kirchen" auch über die selbst
gesetzten Grenzen hinaus.
1817
gab es den Versuch, die Kapelle wieder zu errichten. Am 9.
August berichtete die kgl. Districts-Stiftungs-Administration Aichach
der Kammer des Innern in München, dass der Dachauer Bürgermeister
Wieninger beantragt habe, die Kapelle "auf seine Kosten in
einem schönen Style wider aubauen zu dürfen". Sie
empfahl, dem Gesuch Wieningers zu entsprechen, weil der "dem
Pfarr Gotteshaus Dachau schon beträchtliche Opfer gebracht
habe und die Nepomuk-Stiftung noch bestehe. Damit wurde angedeutet,
dass die Kapelle möglicherweise zu Unrecht abgerissen wurde.
Obwohl mit dem Bischöfliche Ordinariat alle Stellen dem Wiederaufbau
zustimmten, kam es nicht mehr dazu. 03)
|